Allerdings ist das wesentliche Argument noch gar nicht gefallen; es fällt auf, dass es in der politischen Debatte weitgehend ausgeblendet wird. Das zentrale Argument gegen einen flächendeckenden, staatlicherseits verordneten Mindestlohn lautet, dass es im Kern unverträglich ist mit der sozialen Marktwirtschaft. Es ist ein enormer Eingriff in die Freiheit der Individuen und der Unternehmen.
In der sozialen Marktwirtschaft bilden sich Preise an Märkten, im vorliegenden Fall also die Löhne am Arbeitsmarkt (bzw. an den ausdifferenzierten Arbeitsmärkten). Und soziale Marktwirtschaft ist keine ungezügelte Marktwirtschaft: Früh, nämlich bereits von Walter Eucken, wurde erkannt, dass die Arbeitsmärkte anders zu beurteilen sind als normale Güter- oder Dienstleistungsmärkte.
Korrekterweise gibt es Arbeitsmarktregulierungen gegen opportunistisches Verhalten und Ausnutzung von Monopsonstellungen großer Unternehmen: Bestimmungen zum Kündigungsschutz und zum Arbeitsschutz sowie die Tarifautonomie im Verbund mit einem weltweit anerkannten Ausbildungswesen sind der Ausdruck dieser Notwendigkeit. Der Schutz der schwächeren Marktseite auf den Arbeitsmärkten funktioniert also recht gut (und erfolgreich, wie die letzten Jahre gezeigt haben). Außerdem haben wir noch das Recht. Illegale Beschäftigung und Ausbeutung müssen strafrechtlich verfolgt werden.
Ein Mindestlohn höhlt letztlich die soziale Marktwirtschaft noch weiter aus und kann sogar eine Interventionskaskade in Gang setzen. Vor diesem Hintergrund ist ein flächendeckender Mindestlohn überaus schädlich. Es wäre gut, wenn sich auch in der Politik jemand fände, der dieses Argument vorträgt.