Die Bertelsmann-Stiftung hat Mitte Juni eine neue Studie zur zukünftigen finanziellen Situation der Rentner veröffentlicht. Demnach steigt bis 2036 die Gefahr, bei Renteneintritt mit 67 Jahren arm zu sein, von heute 16,2 Prozent auf über 20 Prozent. Jede fünfte Rentnerin bzw. jeder fünfte Rentner hätte dann weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens in Deutschland zur Verfügung.
Alleinstehende Frauen sind dabei mit zu erwartender Risikowahrscheinlichkeit von 27,8 Prozent noch stärker betroffen als Männer. Je schlechter die Betroffenen qualifiziert sind, desto höher ist das Risiko; gleiches gilt für lange Zeiten der Arbeitslosigkeit. Damit sind diejenigen, die schon in der Phase der Erwerbstätigkeit die wenigsten Chancen haben, auch als Rentnerinnen und Rentner besonders stark gefährdet.
Entsprechend sehen die Autoren der Studie die wesentlichen Ursachen für diese Steigerung des Armutsrisikos in der Veränderung der Arbeitswelt, also in Teilzeitjobs, Minijobs, brüchige Erwerbsbiographien, Leiarbeit, oder spätem Berufseinstieg. Außerdem machen sie die Rentenreformen, mit denen die demographische Entwicklung, also die Alterung der Gesellschaft, berücksichtigt werden sollte, verantwortlich. Faktisch bedeuteten diese Reformen natürlich eine Absenkung der gesetzlichen Rentenzahlungen und eine Betonung der Eigenvorsorge. Diese fällt natürlich vor allem denjenigen schwer, die von den genannten Veränderungen der Arbeitswelt besonders betroffen sind.
Regional konzentriert sich diese Problemgruppe auf die neuen Bundesländer, weil gerade hier der wirtschaftliche Umbruch und damit die Arbeitslosigkeit nach der Wiedervereinigung besonders stark ausfielen.
Allerdings verdrängt die Studie eine weitere Ursache zukünftiger Altersarmut: die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Zumindest in den veröffentlichten Zusammenfassungen kommt sie nicht vor. In der Studie selber zeigt sich, dass bei einer Verzinsung von Spareinlagen mit 3 Prozent anstatt 0 Prozent das Risiko der Altersarmut in 2036 bei 17 Prozent liegt, also deutlich unter 20 Prozent, aber immer noch höher als heute.
Gänzlich überraschend sind diese Resultate nicht. Sie dokumentieren allerdings ein erstaunliches und höchst problematisches Ausmaß an Verdrängung im politischen Betrieb. Die Erwerbsbiographien vieler Menschen sind – zumindest als statistische Größe – längst bekannt, der demographische Wandel seit Jahrzehnten ein Problem. Die Politik hat sich entsprechend lange dagegen gewehrt, dieses Problem ernsthaft anzugehen, mit einer Ausnahme: Während Sozialminister Blüm nur permanent sein Mantra „Die Renten sind sicher“ vortrug, hat Minister Müntefering mit einer sehr moderaten und schrittweisen Erhöhung des Renteneintrittsalters tatsächlich dazu beigetragen, die Renten sicher zu machen.