Viertens werden wesentliche öffentliche Aufgaben immer mehr vernachlässigt. Jedes Jahr werden beispielsweise Straßenausbesserungen etwas später durchgeführt (und weniger umfassend). Bäder, Bibliotheken, Jugendzentren und andere öffentliche Einrichtungen schließen in vielen Städten (ob diese Einrichtungen von den Steuerflüchtigen regelmäßig genutzt werden, darf allerdings bezweifelt werden).
Schließlich scheint sich inzwischen in Deutschland ein Fatalismus hinsichtlich der Kosten der sogenannten Eurorettung breitzumachen, wenigstens unter denen, die viel zu verlieren haben. Es wird zunehmend offensichtlich, dass weder der Euro, noch die Verlierer der Krisen in den betroffenen Ländern gerettet werden, sondern nur die reformunwilligen Eliten und Banker. Damit wird das Problem nicht gelöst, sondern das Elend vermutlich nur verlängert. Dies ist den Steuerflüchtigen in ganz Europa mir Sicherheit klar, sind doch unter ihnen dem Vernehmen nach auch Politiker (hoffentlich nicht aus Deutschland!) und Wirtschaftskapitäne, die die Lage vermutlich einigermaßen nüchtern einschätzen können.
Welche Strafen Steuertricksern drohen
Hier wird in der Regel eine Geldstrafe verhängt, die in etwa einem Jahresnettoeinkommen des Steuerpflichtigen entspricht.
Die Strafverfolgungsbehörden ermitteln die Geldstrafe nach so genannten Tagessätzen. Der Geldbetrag für einen Tagessatz soll dem Tagesnettoeinkommen entsprechen.
Hat jemand ein Jahreseinkommen von 50.000 Euro brutto und Abzüge von 20.000 Euro für Steuern, Versicherungen und ähnlichem, so wäre der Tagessatz 82 Euro (gerechnet: 30.000:365).
Bei einer Hinterziehung von 10.000 Euro werden in der Regel 365 Tagessätze verhängt. Das bedeutet im Beispielsfall 365x82 = 29.930 Euro. Die Geldstrafe läge also bei rund 30.000 Euro.
Bei hohen Einkommen kann laut Experten die Strafe durchaus höher als die hinterzogene Steuer sein. Schließlich soll sich Steuerhinterziehung ja nicht lohnen.
Bei 20.000 Euro kommt man zu rund 440 Tagessätzen. Die Strafe läge im Beispielsfall dann 36.080 Euro.
Es ist bekannt, dass in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich streng bestraft wird. Eine interne Tabelle weist dies nach. Insofern gelten die hier genannten Strafrahmen nicht absolut, sondern sind lediglich Faustregeln.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Az. 1 StR 525/11) ist die Chance, auch bei schweren Steuervergehen um eine Haftstrafe herumzukommen, deutlich gesunken. Die Karlsruher Richter haben mit ihrer Entscheidung ein Urteil des Landgerichts Augsburg kassiert, das einen Unternehmer wegen 1,1 Millionen Euro hinterzogener Steuern nur zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt hatte. Dieses Strafmaß sei zu gering, entschied der BGH. Das Urteil liegt im Trend, glaubt Martin Wulf von der auf Steuerstrafrecht spezialisierten Kanzlei Streck Mack Schwedhelm: „In der Tendenz ziehen die Sanktionen an“, sagt der Jurist.
Die Vermeidung von Steuern darf man nicht schönreden. Doch zur Steuervermeidung oder -flucht zwei gehören, nämlich der (potentielle) Steuerzahler und der Steuerstaat. Wirkt der Staat wie ein moderner Raubritter mit Nepotismus und Vetternwirtschaft, werden sich immer mehr (nicht nur wohlhabende) Menschen von ihm abwenden. Wenn der Steuerstaat hingegen seine Aufgaben effizient, also schlank erfüllt, trägt er zur Wohlstandsmehrung und zur Gerechtigkeit bei; er ist zugleich effizient und effektiv. Er kann die Steuerbelastung aller senken. Die Vermutung ist, dass das Ausmaß der Steuervermeidung und Steuerhinterziehung sich dann reduzieren wird. Haben die Menschen das Gefühl, ihre Steuern werden sinnvoll und zielführend eingesetzt, werden sie eher bereit sein, ihren Anteil an den Steuern zu tragen, sich also für das Gemeinwesen einzusetzen. Das Problem wird nicht gelöst, aber reduziert.
Man sollte Steuerflucht somit nicht nur als eine unanständige Handlung, sondern immer auch als ein Indiz für Probleme des Steuerstaates ansehen. Deshalb wird es Zeit, dass auch das Finanzgebaren staatlicher Institutionen Gegenstand öffentlicher Diskussionen wird.