Fußballweltmeister Babyboom dank WM?

Der Titel als Fußballweltmeister könnte für Deutschland ein Nachspiel haben - ein erfreuliches. Angeblich sollen neun Monate nach dem WM-Sieg in Brasilien nun deutlich mehr Kinder geboren werden. Stimmt das?

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Die deutschen Nationalspieler Mario Götze, Julian Draxler und Kevin Großkreutz feiern in Berlin. Quelle: dpa

Einige Hobby-Statistiker und Vollzeit-Politiker sind sich sicher. Deutschlands vierter Stern - der Titel als Fußballweltmeister der Männer errungen am 13. Juli 2014 in Rio de Janeiro - hat nicht nur auf Deutschlands Straßen für große Emotionen gesorgt. Auch in deutschen Betten sei das 1:0 von Mario Götze, der sehenswerte Drehschuss, erzielt erst in der 113. Minute, ein großes Thema gewesen. Im weitesten Sinne.

Der sächsische Familienpolitiker Alexander Krauß (CDU) hatte im vergangenen Jahr schon am Tag vor dem WM-Finale gegenüber der Bild-Zeitung einen Babyboom prognostiziert: „Rollt der Ball, herrscht nicht nur vor dem Fernseher Hochstimmung, sondern auch im Bett. Tore für Deutschland heißt Kinder für Sachsen!“

Diese unbekannten Mittelständler verdienen an der WM
Der WetterprophetDer schwäbische Mittelständler Lufft (100 Mitarbeiter, 17 Millionen Euro Jahresumsatz) beliefert alle WM-Stadien mit mobilen Wetterstationen. Die sollen rechtzeitig vor Unwettern oder extremer Hitze warnen. Für Lufft-Miteigentümer Klaus Hirzel dient der Auftrag, mit dem er 120.000 Euro erwirtschaftet, auch der Imagepflege. Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche
Der CatererIn vier WM-Stadien ist der Berliner Unternehmer Klaus-Peter Kofler für das Essen in den VIP-Logen zuständig. Darunter auch das Stadion in Sao Paulo, wo Gastgeber Brasilien spielt. Der 49-Jährige, unter anderem auch bei Angela Merkels Geburtstagsdinner im Einsatz, erhofft sich bei der Weltmeisterschaft Einnahmen von 30 Millionen Euro. Auch nach dem Turnier wird sein Unternehmen Kofler & Kompanie Fans in drei Stadien der brasilianischen Liga bewirten. Quelle: dpa Picture-Alliance
Der DachdeckerDie Dächer auf drei WM-Stadien kommen aus Bernau am Chiemsee: Dort leitet Frank Molter den Leichtdach-Hersteller Hightex. Das Unternehmen, das 25 Mitarbeiter beschäftigt, hat auch schon für die WM in Südafrika Stadiondächer gebaut. Für die nächsten Turniere in Russland und Katar laufen die Verhandlungen. Quelle: Wolf Heider-Sawall für WirtschaftsWoche
Der BrausenbauerDer Armaturenhersteller Hansgrohe aus dem Schwarzwald stattet zwei WM-Stadien mit Duschen aus. „Das sind schöne Projekte, die unseren Bekanntheitsgrad steigern“, sagt Carsten Voß, beim Unternehmen aus Schiltach für das Brasiliengeschäft zuständig. In zwei Jahren wartet bereits das nächste Prestigeprojekt auf Hansgrohe, das im vergangenen Jahr 841 Millionen Euro umsetzte: Die Olympischen Spiele, die ebenfalls in Brasilien stattfinden.
Der Ober-SchiriIn allen 12 WM-Stadien ist das Goalcontrol-System des gleichnamigen Unternehmens aus Würselen bei Aachen installiert. Die Software meldet dem Schiedsrichter auf seine Uhr, ob der Ball wirklich hinter der Torlinie war. Geschäftsführer Dirk Broichhausen bemüht sich nun, sein System, dessen Installation bis zu 300.000 Euro kostet, auch an die nationalen Ligen wie die Bundesliga zu verkaufen. Derzeit liegt der Jahresumsatz bei Goalcontrol noch bei unter zehn Millionen Euro. Quelle: Presse
Der Bungalow-BauerDas Quartier der deutschen Nationalmannschaft in Brasilien – 14 Bungalows, Pool und Grillplatz direkt am Meer – hat die Hirmer Immobilien aus München gebaut. Geschäftsführer Christian Hirmer (im Bild mit Nationalmannschafts-Manager Bierhoff) blieben nur fünf Monate, um das kleine Dorf mitten in der Wildnis hochzuziehen. Nach der Weltmeisterschaft will Hirmer die Anlage als Luxusressort vermarkten. Hirmer setzt pro Jahr geschätzte 192 Millionen Euro um und ist bislang vor allem als Betreiber von Modehäusern bekannt. Quelle: imago images
Der BombenwarnerSprengstoffdetektoren aus Schwerin sorgen bei der Weltmeisterschaft für Sicherheit: Rund 80 Geräte lieferte das 24-Mann-Unternehmen Airsense Analytics nach Brasilien. Sie kosten jeweils bis zu 300.000 Euro und schlagen Alarm, wenn sie über ihre Sensoren Spuren von Salzsäure, chemischen Kampfstoffe, Blausäure oder radioaktiven Substanzen in der Luft erkennen. Quelle: dpa Picture-Alliance

Seine prophetische Gabe stützte der Vater dreier Kinder weniger auf eigene Erfahrung als auf schnöde Statistik. So habe schon der EM-Sieg 1996 Sachsen ein Geburtenplus von 12 Prozent gebracht. Wie viel mehr Kinder müssten also erst nach einem WM-Sieg gezeugt werden?

Das Ergebnis müssten wir bald sehen. Etwa von Anfang März bis Anfang April müssten die WM-Babys geboren werden, wenn sie sich die üblichen 40 Wochen Zeit lassen. Je nachdem ob schon die Vorrunde oder erst das WM-Finale Zeitpunkt der Zeugung waren.

Ganz neu sind solche Vorhersagen nicht. Im Februar 2007 berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung über ein Wintermärchen nach dem Sommermärchen 2006, der WM im eigenen Land: "Die Geburtsvorbereitungskurse in einigen WM-Städten sind voll wie nie zuvor, viele Entbindungsstationen und Geburtshäuser für die kommenden Monate schon jetzt ausgebucht."

Die FAZ zitierte den Leiter einer Spezialklinik für Geburtshilfe aus Nordhessen, der zehn bis fünfzehn Prozent mehr Geburten erwartete: "Unser Eindruck ist, dass es während der Weltmeisterschaft vor allem bei solchen Paaren geklappt hat, die bisher vergeblich versucht hatten, schwanger zu werden. Durch den Fußball rückten Sorgen, Ängste und Alltagsprobleme in den Hintergrund." Allerdings stellte der Artikel auch klar: "Genaue Zahlen, wie stark die Geburtenrate steigt, wird es erst in einigen Monaten geben."

Wohnen unter Greisen
Bis 2060 könnten zehn Millionen weniger Menschen eine Wohnung brauchenIn Deutschland gibt es seit über 40 Jahren mehr Sterbefälle als Geburten. Und mit durchschnittlich 1,5 Kindern pro Frau werden zu wenige Kinder geboren, um das Bevölkerungsniveau auf einem konstanten Level zu halten. Im Moment lassen junge Einwanderer aus Südeuropa die Einwohnerzahl steigen. Doch ob das auch langfristig so bleibt, ist zweifelhaft. Das Statistische Bundesamt sieht die Sache jedenfalls pragmatisch. In den letzten 50 Jahren wanderten nach Deutschland im Jahr durchschnittlich 200.000 Menschen mehr ein als aus. Führt man die Rechnung mit dieser Größe fort, dürfte sich die Zahl der Einwohner 2060 um 10 Millionen reduziert haben. Was bedeutet dieser Rückgang für den Wohnungsmarkt?Quelle: Studie „Wohnimmobilien 2015“ des Instituts für Immobilienwirtschaft der Universität Regensburg und der Deutschen Bank. Quelle: dpa
Kommunen müssen sich verkleinernFür viele Städte und Gemeinden bedeutet die schrumpfende Bevölkerung zunächst, dass auch sie sich verkleinern müssen. Also weniger Schulen, Krankenhäuser, Busse, die seltener fahren. Und natürlich auch weniger Wohnungen. Schon jetzt schrumpft rund ein Fünftel aller Städte und Gemeinden in Deutschland. Vor allem Kommunen in ländlichen Regionen erleiden Nachteile durch die Demografie. Aber auch größere Städte mit einer schwachen Wirtschaftsstruktur verlieren im Rennen um die Beliebtheit bei den verbliebenen Bürgern. Cottbus zum Beispiel verlor zwischen 2000 und 2010 rund zehn Prozent seiner Bewohner, das nordrhein-westfälische Hagen rund sieben. Im gleichen Zeitraum gewannen die wirtschaftlich attraktiveren Städte München und Potsdam jeweils rund zwölf Prozent. Es zieht die Bürger also zu den „Rosinen“ unter den Kommunen. Quelle: ZB
Die Nachfrage nach Wohnraum wird weiter steigenWer nicht mit attraktiven Arbeitgebern, Kultur und guter Infrastruktur punkten kann, verliert auch das Rennen um jugendliche Zuzügler. Gerade im Osten der Republik werde der Anteil der Alten in der Bevölkerung besonders stark ansteigen, schreiben die Autoren der Studie. Für Deutschland insgesamt sei mit einer Verdoppelung des Altenquotienten zu rechnen. Während die Kommunen sich der Vergreisung ihrer Bewohner stellen müssen, bringt der demografische Wandel für Immobilieninvestoren Vorteile. Denn obwohl die Bevölkerung schrumpft, dürfte die Nachfrage nach Wohnraum in den nächsten 20 Jahren weiter steigen. Das hat drei Gründe, die allesamt den Senioren zu verdanken sind: Quelle: dpa
Erster Grund: Es wird mehr Haushalte insgesamt gebenAktuell wohnen in Deutschland durchschnittlich zwei Menschen in einem Haushalt. In den kommenden Jahrzehnten dürfte sich die Anzahl der Bewohner pro Haushalt aber deutlich nach unten reduzieren. Grund dafür ist die Zunahme der Haushalte, in denen Senioren leben. Die geburtenstarken Jahrgänge, so genannte Babyboomer, erreichen nun das Rentenalter und richten sich in diesen Seniorenhaushalten ein. Und ältere Menschen wohnen überwiegend allein. Quelle: obs
Zweiter Grund: Alte Menschen ziehen ungerne umDie meisten Menschen werden alt in Wohnungen, die sie bereits mit 50 Jahren bewohnt haben. Ist die Lebensmitte bereits überschritten, muten sich nur noch wenige einen Umzug zu. Kinder ziehen irgendwann aus, Partner sterben. Doch die Senioren bleiben, ungeachtet, ob die Wohnung ihnen zu groß geworden ist. Dieser so genannte Remanenzeffekt ist dafür verantwortlich, dass die Wohnfläche pro Kopf in Seniorenhaushalten relativ hoch ist und dass die Nachfrage nach Wohnraum über Jahre hoch bleibt. Quelle: dpa
Dritter Grund: Senioren sind vermögendDie heutigen Rentner haben mehr Einkommen und besitzen mehr Vermögen als jede andere Generation zuvor. Und sie wollen auch im Alter weiterhin gut leben. Eine kleinere Wohnung, weil man sich die alte nicht mehr leisten kann? Keine Option für viele der heutigen Senioren. Sie können es sich leisten, einen hohen Wohnflächenkonsum zu haben. Dieser Effekt stützt ebenfalls die Nachfrage nach Wohnraum. Quelle: dpa
Was tun mit den Wohnungen der Älteren?In rund acht Millionen Haushalten in Deutschland leben ausschließlich Senioren. Rund die Hälfte davon lebt in Wohnungen, die mehr als 40 Jahre alt sind und nur etwa jeder achte (12 Prozent) lebt in einer vergleichsweise neuen Wohnung. Viele der Wohnungen sind seit Jahrzehnten nicht mehr modernisiert worden. Hinzukommt, dass viele der Senioren in besonders großen Wohnungen leben. 45 Prozent der von ihnen genutzten Wohnungen sind über 100 Quadratmeter groß. Diese großen Objekte ließen sich für junge Familien nutzen auch, wenn Lage und Schnitt nicht unbedingt den Vorlieben von modernen Familien entsprechen. Quelle: dpa

Die tatsächlichen Geburten haben die These vom Babyboom 2007 dank WM gestützt. Nach Jahren mit Geburtenrückgang stieg die Anzahl der geborenen Kinder im Gesamtjahr erstmals wieder, wenn auch nur um 1,8 Prozent. Doch die WM 2010 in Südafrika brachte schon keinen vergleichbaren Babysegen mehr. 2011 wurden 2,3 Prozent weniger Kinder als im Vorjahr geboren. Was ist also dran am bevorstehenden Babyboom 2015? Bevölkern bald lauter kleine Marios die Spielplätze, Kindergärten und, von 2021 an, die deutschen Grundschulen?

Die Krankenversicherer müssen es wissen

Am besten müssten das die Krankenversicherer wissen, schließlich bekommen sie flächendeckend Daten zu den Untersuchungen ihrer Mitglieder und Versicherten. Doch leider winken die Versicherer, sowohl gesetzliche als auch private Krankenversicherer, gleich ab. Die Barmer GEK, Deutschlands größter gesetzlicher Krankenversicherer, teilt mit: "Uns liegen keine Daten vor, die über zu erwartende Geburtenzahlen in den nächsten Monaten Auskunft geben."

Auch die Techniker Krankenkasse, die Nummer zwei am Markt, kann leider "nichts Valides aus den vorliegenden Daten ableiten". Gleiche Auskunft auch beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherer. Bei den privaten Krankenversicherern sieht es nicht besser aus. Weder Debeka noch DKV verfügen über entsprechende Daten.

Diese Unternehmen profitieren von der Fußball-WM
AB InBevWer in einem brasilianischen WM-Stadion ein Bier zischen will, muss zu Budweiser aus dem Konzern AB InBev greifen. Für den weltgrößten Bierhersteller und WM-Sponsor hat die Fifa extra das Ausschankverbot in Stadien aufgehoben. Auch zwei Kilometer um die Stadien herum darf nur Budweiser getrunken werden. Außerhalb dieser Bannmeilen ist es ebenso schwer, um AB-InBev-Produkte herum zu kommen. Ob Brahma, Skol oder Antarctica – fast alle gängigen Biermarken in Brasilien gehören längst zu AB InBev. Quelle: dapd
AdidasDer fränkische Sportartikelhersteller Adidas stellt mit dem "Brazuca" den offiziellen WM-Ball her. Das 129,95 Euro teure Stück wird reichlich Abnehmer finden: Sein Vorgänger, der "Jabulani" zur WM in Südafrika, verkaufte sich immerhin über 15 Millionen Mal. Quelle: dpa
Hyundai und KiaBrasilien ist mit 1,6 Millionen Neuzulassungen von Januar bis April 2014 dem Verband der Autoindustrie (VDA) zufolge der fünftgrößte Automobilmarkt der Welt. Daraus erhofft sich vor allem die koreanische Hyundai Kia Automotive Group einiges rauszuholen. Als Fifa-Sponsor stellt der Konzern mit 1.021 Fahrzeugen die offizielle WM-Flotte während des Großereignisses. Quelle: dapd
ContinentalWährend in den WM-Stadien der Ball rollt, sollen in den Straßen Brasiliens die Reifen von Continental rollen. Schon jetzt hat der Reifenhersteller aus Hannover einen Marktanteil in Brasilien von zehn Prozent. Als Sponsor der WM soll dieser Anteil steigen - nicht nur in Brasilien, sondern weltweit. Quelle: dpa
Deutsche ArchitektenbürosZahlreiche WM-Spiele werden in deutschen Designobjekten stattfinden. Die Planungsentwürfe der Stadien Manaus (Foto), Belo Horizonte und Brasilia stammen aus dem Hamburger Architektenbüro "gmp" und die neue Arena in Salvador stammt von "Schulitz + Partner" aus Braunschweig. Quelle: dpa
Coca-ColaCoca Cola darf sich rund um die WM über einen hohen Absatz freuen - vor allem im heißen Brasilien. Laut dem Marktforschungsinstitut YouGov gibt jeder vierte Brasilianer Coca Cola als seine beliebteste Getränkemarke an. In Deutschland ist es jeder Neunte. Um außer die Fans in den WM-Stadien auch die Zuschauer rund um den Globus zu erreichen, will das Unternehmen dieses Jahr seine größte WM-Kampagne aller Zeiten aufstellen: Dazu gehören YouTube-Videos, TV-Spots, die Original-WM-Trophäe, die in einer PR-Aktion für Coca Cola um die Welt reiste und der neue "Coke-Song" von Sänger David Correy für die WM. Quelle: dpa
SonyViele Fans kaufen zur WM gerne neue Fernseher, um das Fußballspektakel in Top-Qualität zu erleben. An diesem Geschäft will WM-Sponsor Sony mit verdienen und hat mit dem 55 Zoll großen Sony 4K (Foto) den „offiziellen WM-Fernseher“ herausgebracht. Quelle: dpa

Wie haben all die Journalistenkollegen eigentlich ihre aufsehenerregenden Meldungen über den Babyboom durch WM und EM geschrieben? Klar, ein Anruf bei einer Geburtsklinik oder einem Facharzt könnte eine passende Antwort liefern. Nur ist das rein anekdotische Evidenz, auf keinen Fall repräsentativ.

Und hier geht es ja um etwas Großes: den ersten WM-Titel seit 1990! Wenn der wirklich zu mehr Babys führen sollte, müsste sich das doch schon im Vorfeld abzeichnen. Vielleicht haben wir dank Jogis Jungs längst Deutschlands Demographie-Problem gelöst, und keiner weiß es. Das muss sich ändern!

Nur sehen das längst nicht alle so. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe bezweifelt etwa, dass es eine Quelle gibt, die über die zu erwartenden Geburten in den nächsten Monaten Auskunft geben kann. Zweifel sind nichts für Enthüllungsjournalisten. Wenn es keine direkten Daten gibt, müssen eben indirekte Hinweise her.

Was machen die Frauen unter den Fußballfans am Morgen danach? Richtig, einen Schwangerschaftstest. Na gut, nicht sofort, aber spätestens wenn sich eine mögliche Schwangerschaft abzeichnet. Die Hersteller von Schwangerschaftstests müssen es also wissen: Haben Sie im Juli und August 2014 deutlich mehr Tests als sonst verkauft, wäre das ein gutes Indiz.

Ein minimaler Zuwachs kann nicht alles sein

Die Email einer Sprecherin von Procter & Gamble, Hersteller des Schwangerschaftstests Clearblue, beginnt verheißungsvoll: "Ich muss zugeben, dass ich Ihre Vermutung interessant finde." Ja, und? Absatzzahlen für Clearblue aus den betreffenden Monaten will Procter & Gable trotzdem nicht herausrücken. Gegen die Theorie des Babybooms muss das nicht sprechen. Wer stellt Pampers-Windeln her? Richtig. Procter & Gamble.

Vermutlich will der Konzern seine Erkenntnisse über den bevorstehenden Babyboom einfach unter Verschluss halten, damit er dann - anders als die anderen Windelhersteller ohne Insiderwissen - den enormen Windelbedarf der kommenden Monate problemlos bedienen kann.

Geldquellen und Vermögen des BVB

Hersteller von Schwangerschaftstests ohne solche Querverbindungen ins Babygeschäft sollten offener sprechen können. Doch das Ergebnis ist eher enttäuschend. Dolorgiet, Hersteller des Schwangerschaftstests Hilary, hat nicht mehr Tests als sonst verkauft. "Anhand unserer Absatzzahlen von Hilary kann ich Ihre Annahme nicht bestätigen. Der Juli 2014 war für uns ein deutlich unterdurchschnittlicher Monat, der August lag im Durchschnitt", teilt Beate Küter von Dolorgiet mit.

Bei Omega Pharma aus Herrenberg teilt man die Zurückhaltung: "Zwischen Juli und August 2014 hat es keinen signifikanten Anstieg in den Verkaufszahlen gegeben. Allein der normale Femtest Schwangerschaftstest konnte einen minimalen Zuwachs verzeichnen."

Einen minimalen Zuwachs? Das kann doch nicht alles sein.

Vielleicht verzichten Fußballfans im Freudentaumel auch einfach auf den Schwangerschaftstest und warten ab. Wenigstens einen Baby-Kinderwagen könnten sie trotzdem bestellt haben. Lieferzeiten von zwei bis drei Monaten sind da keine Seltenheit. Die Babyfachhändler müssten den Bestellansturm also bemerkt haben.

Bernd Lüttmann leitet den Einkauf beim Fachhändler BabyOne, der jeden Monat mehrere Tausend Erstlingskinderwagen verkauft. Den Hintergrund der Frage erahnt er sofort: "Woran soll der Zuwachs denn liegen? An der WM?" Tatsächlich hätten die Folgen des Sommermärchens 2006 die Geschäfte stark getrieben. Doch aktuell sei es schwierig, den Effekt auszumachen. "Wir wachsen derzeit eh stark, bei der Anzahl der verkauften Kinderwagen um rund fünf Prozent zum Vorjahr. Doch dieser Anstieg läuft schon seit Herbst 2014." Liegt der Zuwachs an verstärkter Werbung oder doch an der WM? Lüttmann hat die Hoffnung auf einen Babyboom noch nicht verloren. Er könne sich einen kleinen Effekt schon vorstellen, sagt er.

Ein kleiner Effekt. Mehr bleibt vom erhofften Babyboom nicht übrig. Aber das muss nicht so bleiben: Vom 7. Juni bis 6. Juli 2015 steigt schon die nächste Fußball-WM. In Kanada, die der Frauen.

Neues Spiel, neues Babyglück!

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