G20-Krawalle Hamburger Wirtschaft fordert Mega-Entschädigung

Der Handelskammer reichen die zugesagten 40 Millionen Euro bei weitem nicht aus. Sie will auch Geld für Unternehmer, die ihre Läden schließen mussten. Zudem soll eine Kampagne das Image der Stadt aufpolieren.

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Geplünderter Laden im Hamburger Schanzenviertel. Quelle: dpa

Hamburg Bis zu 40 Millionen Euro stellen Bund und Hansestadt Hamburg den Geschädigten der G20-Krawalle zur Verfügung. Doch der örtlichen Wirtschaft reicht der versprochene Entschädigungsfonds bei weitem nicht aus. Die Handelskammer fordert deutlich höhere Entschädigungen – auch für Unternehmer, die nicht direkt von Plünderungen, Glasbruch oder Autobränden betroffen waren.

„Der G20-Gipfel war ein weltweit exponiertes Ereignis mit hoher gesamtgesellschaftlicher Relevanz. Dies rechtfertigt aus unserer Sicht den unmittelbaren Einsatz von Steuermitteln ohne Rückgriff auf bestehende Versicherungsverträge“, sagte Handelskammer-Präses Tobias Bergmann. Bislang soll der Fonds, den Bürgermeister Olaf Scholz (SPD unmittelbar nach dem Gipfel angekündigt hatte, lediglich einspringen, wenn die Versicherung nicht zahlt. Das betrifft vor allem viele Autobesitzer. Noch ist nicht bekannt, wie viele Wagen ausbrannten, es dürften aber knapp hundert gewesen sein.

Bergmann will, dass die Hamburger Unternehmen stärker vom Geldsegen profitieren. Wie bei den Hilfsfonds zu Überschwemmungen sollten die Gelder ohne den Umweg über Versicherungen abrufbar sein, forderte er. Schließlich müssten die Gewerbetreibenden sonst damit rechnen, künftig höhere Versicherungsprämien zahlen zu müssen. Bei dem Gipfel waren Hunderte Schaufenster beschädigt worden.

Der Kammer-Chef setzt sich zudem für einen deutlich größeren Kreis von Anspruchsberechtigten ein. Schließlich hatten viele Geschäfte nicht nur in der Innenstadt bereits am ersten Gipfeltag (Freitag) geschlossen. Am Vortag lag die Stadt bereits weitgehend wegen zahlreichen gesperrter Straßen lahm, am Vorabend war die Demonstration „Welcome to hell“ eskaliert. Die Postbank etwa hatte angekündigt, alle Filialen in Hamburg zu schließen. Kindergärten und Schulen forderten die Eltern auf, ihre Kinder abzuholen, nachdem Gewalttäter unbehelligt durch Wohnstraßen gezogen waren. Entgegen der Planung fielen allein am Freitag 233 S-Bahnen aus, die U-Bahnlinie 3 war acht Stunden teilweise gesperrt. Das heißt: Selbst geöffnete Geschäfte hatten kaum Kunden.

„Die Gewerbetreibenden in den Gebieten Altona, Schanzenviertel und City sollten so gestellt werden, als ob die Freie und Hansestadt Hamburg im Vorfeld von G20 die Schließung ihrer Betriebe angeordnet hätte“, fordert die Handelskammer. Es sei denkbar, dass den Gewerbetreibenden ihre Fixkosten sowie die Kosten für getroffene Sicherheitsmaßnahmen für den entsprechenden Zeitraum erstattet werden. Auf der Einkaufsstraße Mönckebergstraße hatten die Geschäfte fast flächendeckend ihre Scheiben mit Pressspanplatten oder Bauzäunen gesichert. Allerdings kam es dort kaum zu Ausschreitungen.

Und noch etwas verlangt die Interessenvertretung der Wirtschaft in der Stadt: Bereits im Herbst solle eine von der Stadt finanzierte, überregionale Image-Kampagne für den Einkaufsstandort starten. Denkbar sei zudem eine Initiative der Gewerbetreibenden im stark betroffenen Schanzen-Viertel.

Finanziell dürften die geforderten Maßnahmen deutlich über die zugesagten 40 Millionen Euro hinausgehen. Wie hoch der Schaden aus dem G20-Gipfel für die Wirtschaft ist, ist bislang unklar. Handelskammer-Präses Bergmann positioniert die Organisation derzeit neu. Sein Bündnis „Die Kammer sind wir“ hatte die Wahlen zum Plenum überraschend klar gewonnen, unter anderem mit der Forderung, die Pflichtbeiträge auf null zu senken und den allgemeinpolitischen Anspruch der Kammer zurückzunehmen.

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