G20 und Sicherheitskonferenz Deutschland umgarnt die Trump-Regierung

Während US-Präsident Donald Trump in Washington wütet, sollen seine Mannen beim Schaulaufen in Deutschland die Verbündeten bei Laune halten. Offenbar hat Berlin eine Strategie für einen Umgang mit Trump gefunden.

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Der Bundesaußenminister sprach mit dem US-Außenminister über Freihandelsfragen und Wertschöpfungsketten der Industrie, von denen auch die USA profitierten. Quelle: AFP

Bonn Das Kaminzimmer im ersten Stock der altehrwürdigen Bonner Villa Hammerschmidt diente am Donnerstagabend der weiteren Annäherung an den neuen, unbekannten Partner in Übersee. Immerhin ähnelt der einstige Bonner Amtssitz des Bundespräsidenten äußerlich etwas dem Weißen Haus und war für den neuen US-Außenminister Rex Tillerson so vielleicht etwas Halt in seinem Treffen mit Sigmar Gabriel.

Der Noch-SPD-Chef, auch gerade erst Bundesaußenminister geworden, hatte den früheren Ölmanager gleich an dessen ersten Arbeitstag als neuer Secretary of State vor zwei Wochen in Washington aufgesucht, als erster ausländischer Gast. Jetzt war er der Gastgeber für den G20-Außenministergipfel auch der Hausherr für Tillersons erste Auslandsreise als Minister.

Aus gutem Grund: Denn nach den Drohungen von US-Präsident Donald Trump mit Strafzöllen gegen Autos aus dem Ausland und seinem Wunsch nach Abschaffung von Freihandelsabkommen wächst die Notwendigkeit, mit dem wohl noch immer mächtigsten Mann der Welt zu einem seiner so geliebten Deals zu kommen – ohne dass Deutschlands Wirtschaft dabei unter die Räder gerät.

Sigmar Gabriel hat dabei immer noch den Instinkt des deutschen Wirtschaftsministers, der er bis vor Kurzem war. Und so sprach er auch mit Tillerson über Freihandelsfragen und Wertschöpfungsketten der Industrie, von denen auch die USA profitierten. In Tillerson hat Gabriel ein weltoffenes Gegenüber, das als bisher führender Ölmanager zuhören und Positionen anderer einbeziehen kann. In der Bundesregierung mehren sich die Hoffnungen, dass unter Trump zwar klar die gegebenen Wahlversprechen eingelöst werden sollen, aber finale Entscheidungen etwa in Handelsfragen noch nicht gefällt wurden. Also, dass der Übersee-Dialog noch sehr viel Sinn macht.

Und so hat Gabriel auf seiner Antrittsreise nach Washington neben dem bis dahin als ExxonMobil-Boss amtierenden Tillerson auch gleich Vizepräsident Mike Pence getroffen und wird ihn – wie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel – auf der Sicherheitskonferenz in München erneut sprechen.

Mit Pence kommt ein Freund der deutschen Wirtschaft an die Isar: Als bisheriger Gouverneur von Indiana, von dem Teile zum berühmt-berüchtigten „Rust Belt“ der USA gehören, kennt er die dort stark vertretenen deutschen Investoren. Und der heutige Trump-Vize ist Fan des deutschen Dualen Ausbildungssystems, will die US-Industrie die deutsche Erfolgsstory für Fachkräfte lernen lassen. Extra dafür – und zum Umwerben deutscher Firmen für ein Indiana-Engagement – war Pence 2014 bereits schon einmal nach Deutschland gekommen.


Bedeutung der deutschen Wirtschaft

Doch nicht nur Kanzlerin und Vizekanzler wollen mit ihren Gesprächen mit Pence, Tillerson, US-Verteidigungsminister James Mattis und anderen hochrangigen amerikanischen Politikern einen Weg ins Weiße Haus finden. Im Bundeswirtschaftsministerium knüpft man unter der neuen Ministerin Brigitte Zypries auch Gesprächsfäden mit Senatoren und Ministern, die aus US-Bundesstaaten kommen mit starkem deutschem Unternehmensengagement.

Am Ende soll sich in Washington die Erkenntnis durchsetzen, wie wichtig die deutsche Wirtschaft für die USA tatsächlich sind und wie schädlich Abschottungstendenzen aus Übersee. Trumps Chef-Wirtschaftsberater Peter Navarro hatte vor Kurzem den Deutschen über die „Financial Times“ vorgeworfen, den seit längerem relativ niedrigen Eurokurs für Handelsvorteile auf Kosten der USA und seiner europäischen Partner zu nutzen. Zudem sei Deutschland eines der Haupt-Hindernisse für ein Handelsabkommen zwischen der EU und den USA. Deutschland verzeichnet im Handel mit den USA einen Überschuss von etwa 75 Milliarden Dollar (zum Vergleich: China – 367, Japan 69, Mexiko - 61 Milliarden Dollar).

Trump selbst hatte in einem Interview BMW wegen seiner Autoproduktion in Mexiko mit massiven Strafzöllen bei Kfz-Verkäufen in den USA gedroht. Auch Daimler und VW produzieren im benachbarten Mexiko, Siemens-Chef Joe Kaeser hat gerade weitere Millionen-Investments dort angekündigt. Parallel aber haben deutsche Firmen Milliarden in Fabriken in den USA investiert. Siemens setzt in den USA mehr ab als im heimischen Deutschland. Und mit Bayers Übernahme von Monsanto oder Siemens Kauf von Dresser-Rand setzen deutsche Firmen immer wieder auch Zeichen westlich des großen Teichs. Das alles soll nun – zusammen mit den Kontakten der Politik – Trump von seinem protektionistischen Kurs des „America First“ abbringen.

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