Gastbeitrag zur Gründerkultur Der deutsche Albtraum

Steve Jobs hat einst den amerikanischen Traum gelebt und mit Apple ein Unternehmen gegründet, das Weltruhm erlangt hat. In Deutschland wäre so etwas kaum möglich. Warum, schreibt Firmengründer Bode in seinem Gastbeitrag.

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Alexander Bode ist Bundesvorsitzender des Jungen Wirtschaftsrates der CDU sowie Gründer und Geschäftsführer CONABO UG. (Foto: PR)

Ohne Zweifel, in Sachen Gründerkultur besteht Handlungsbedarf in Deutschland: Zum vierten Mal in Folge sank die Zahl der gewerblichen Existenzgründungen im 1. Halbjahr 2014 - um sechs Prozent auf 164.000 Unternehmen. Im selben Zeitraum wurden 179.300 Betriebe liquidiert. Damit zählen wir 9.100 Unternehmen weniger im Land.

An schlauen Köpfen mangelt es nicht hierzulande. Aber es fehlt offensichtlich das richtige Klima für eine ausgeprägte Gründer- und Unternehmerkultur, die unser Land dringend braucht, wenn es auf Dauer weltweit zu den wichtigen Industrie- und Wirtschaftsstandorten zählen will.

Wenig hilfreich für die Beförderung der Gründerkultur in Deutschland ist, dass die Große Koalition ein Bürokratiemonster nach dem anderen diskutiert und verabschiedet. Wurde die Wirtschaft zuletzt zu Jahresbeginn mit der Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns mit neuen Berichts- und Meldepflichten überzogen, liegt jetzt genau deshalb der von Bundesministerin Andrea Nahles vorgelegte Entwurf zur Neuregelung der Arbeitsstättenverordnung auf Eis. Ausgang ungewiss.

Stilblüten wie eine Fensterpflicht in Sanitärräumen oder die Prüfung der Funktionstüchtigkeit von Home-Office-Arbeitsplätzen offenbaren die Regelungswut. Allen Versprechungen zum Trotz Bürokratie abbauen zu wollen, die Große Koalition schafft beständig neue Regeln und Vorschriften. Mit erheblichen Belastungen für die Betriebe. Die Folgen sind eine sinkende Produktivität wie steigende Lohnstückkosten – und damit international ein echter Wettbewerbsnachteil.

Wenig überraschend ist, dass in Umfragen unter potentiellen Gründern vor allem der bürokratische Aufwand als Hindernis angegeben wird. Unternehmer wollen in erster Linie unternehmerisch tätig sein und nicht administrativ. Jeder Gründer, der seinen ersten Mitarbeiter eingestellt hat, weiß, dass dies dem jungen Betrieb erheblichen Aufwand verursacht.

Die immer selben Unternehmens- und Mitarbeiterdaten müssen etwa dem Finanzamt, der Rentenkasse, der Arbeitslosenversicherung oder der Krankenkasse gemeldet werden. Es entstehen Kosten, die mit der Anschaffung notwendiger Software oder von Zertifikaten einhergehen. Unternehmer verlieren in diesem Prozess kostbare Zeit. Zeit, die ihnen fehlt, um sich gerade am Anfang richtig aufzustellen, Aufträge einzuwerben, Produkte und Dienstleistungen weiterzuentwickeln sowie die Finanzierung ihrer Firma zu sichern.


„Abhilfe könnten sogenannte One-Stop-Shops schaffen“

Abhilfe könnte die Einrichtung lokaler Anlaufstellen für Gründer schaffen, sogenannte One-Stop-Shops. Hier sollten alle Aktivitäten rund um die Gründung gebündelt und koordiniert werden. Diese Anlaufstellen hätten den Mehrwert, dass alle notwendigen Daten nur einmal erfasst und Anmeldevorgänge bei unterschiedlichen Stellen synchronisiert werden könnten. Die Zeit der Gründung fiele deutlich kürzer aus. Naheliegend wäre etwa eine Ansiedelung bei den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern, da Gründer ohnehin Mitglied werden müssen.

Ein weiterer Punkt ist sicherlich, dass Unternehmer und Gründer in unserer Gesellschaft nicht mehr wertgeschätzt werden. Dabei sind sie die kreativen, innovativen Köpfe, die neue Ideen bis zur Marktreife entwickeln, das unternehmerische Risiko tragen und dazu noch die Verantwortung für die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter. Eine vermeintlich sichere Anstellung wird der gefühlten Unsicherheit, die zum Wesen einer Unternehmensgründung gehört, allzu häufig vorgezogen. Eine Reaktion, die wohl jeder Gründer mit seinem Entschluss Unternehmer zu werden, in seinem sozialen Umfeld erfährt.


Dabei sollte allen klar sein: Vor jedem Dax-Unternehmen steht eine Gründung, jeder Weltmarktführer musste den ersten Schritt wagen. Adidas, Siemens und Würth konnten nur zu den Marken werden, die sie heute sind, weil es jemanden gab, der eine Idee hatte und bereit war das Risiko zu tragen. In anderen Ländern wie etwa den USA sind Unternehmer wie Bill Gates (Microsoft), Steve Jobs (Apple) oder Larry Page (Google) Idole, denen junge Menschen nur allzu gern nacheifern.


„Erfolgreichen Unternehmern schlägt Neid und Misstrauen entgegen“

In Deutschland hingegen schlägt erfolgreichen Unternehmern eher Neid und Misstrauen als Anerkennung entgegen. Gefördert wird dies von einer Großen Koalition, die in Wirklichkeit Unternehmen lieber kontrolliert, als die Eigenverantwortung der Unternehmer zu stärken.

In Deutschland ist es gar nicht möglich wie Apple-Gründer Steve Jobs mit seinen ersten Mitstreitern erst einmal in einer Garage loszulegen. Das Vorschriftendickicht macht Gründern Deutschland madig und überfordert gerade Start-Ups, kleine und mittelständische Betriebe. Wohin das führt, hat die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 1998 erleben müssen: Jedes Wachstum wird erstickt.

Deutschland steht in einem globalen Wettbewerb um die besten Ideen und die klügsten Köpfe – auch um potentielle Gründer von Unternehmen. Sie gehen dorthin, wo sie schnell, einfach und günstig eine Firma gründen können. Es muss für potentielle Unternehmer attraktiv sein, sich in Deutschland anzusiedeln – schnell, einfach und in englischer Sprache, mit dem besten Service im One-Stop-Shop, ohne Regelungsfluten aus allen Richtungen. In einer Gesellschaft, die Unternehmer, technologischen Fortschritt und neue Ideen positiv beurteilt und mittelständische Unternehmen als Innovations-, Wachstums und Arbeitsplatzmotoren begreift.

Wir müssen uns wieder bewusst machen, wo der Wohlstand einer Gesellschaft entsteht. Die Diskussion ist dann erfolgreich geführt, wenn ein neu gegründetes Unternehmen seinen ersten Mitarbeiter einstellen will und kann und ihm freiwillig den Mindestlohn zahlen will und kann.

Alexander Bode ist Bundesvorsitzender des Jungen Wirtschaftsrates der CDU sowie Gründer und Geschäftsführer CONABO UG.

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