Generalbundesanwalt Range Chefermittler und höflicher Praktiker

Seit 2011 ist Harald Range Chefermittler: In seiner Zeit als Generalbundesanwalt fallen Stichworte wie NSU, Oktoberfest, NSA. Jetzt hat der zurückhaltende Mann bei Journalisten hart zugepackt. Nun droht ihm das Aus.

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Generalbundesanwalt Harald Range sitzt in Berlin im Rechtsausschuss des Bundestags: Hier musste Range in einer nichtöffentlichen Sitzung über die Ermittlungen in der NSA-Affäre informieren. Quelle: dpa

Karlsruhe Den Generalbundesanwalt muss man manchmal suchen: Wenn Harald Range zu juristischen Veranstaltungen in Karlsruhe als Zuhörer kommt, kann es durchaus vorkommen, dass man seine Personenschützer zuerst sieht - und erst nach einigem Hinschauen Range selbst.

Der gebürtige Göttinger tritt leise auf, wirkt bedächtig und gelassen, manchmal fast stoisch. Diese Eigenschaften kamen dem 67-Jährigen sicherlich zugute, als er im November 2011 das Amt des Generalbundesanwalts übernahm und trotz all seiner Erfahrungen als Staatsanwalt so ziemlich ins kalte Wasser geschmissen wurde.

Kurz zuvor war die beispiellose Mordserie des Terrortrios „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) ans Licht gekommen. Ein Fall, der die Bundesanwaltschaft bis heute vor gewaltige Herausforderungen stellt.

Range, der sich selbst als „Praktiker“ sieht, machte Nägel mit Köpfen und klagte die einzige Überlebende der drei, Beate Zschäpe, wegen Mordes an - und nicht nur wegen Beihilfe. Auch die 1982 eingestellten Ermittlungen zum Oktoberfest-Attentat in München nahm die Behörde unter seiner Ägide wieder auf. Bei der Verfolgung islamistischer Terroristen zeigte sich Range auch konsequent.

Doch die Bundesanwaltschaft ist nicht nur für Terrorismus zuständig, sondern auch für Spionage. „Genauigkeit und Sorgfalt dürfen nicht auf der Strecke bleiben“, sagte Range einmal auf den NSU-Komplex angesprochen. Das gilt für jede Art von Ermittlung.

Für den Geschmack der Öffentlichkeit zeigte sich Range aber auf unverständliche Weise viel zu zögerlich und untätig, als es um Ermittlungen gegen den US-Geheimdienst NSA wegen der Schnüffeleien in Deutschland ging. Scharfe Formulierungen und laute Worte sind Sache des höflichen Mannes nicht - hier haben sie viele vermisst. Er erklärte zwar immer geduldig die Gründe für sein Untätigbleiben in Sachen NSA - so richtig überzeugen konnte das viele aber nicht.


„Die Aufgabe habt mich gereizt“

Der Mann mit den weißen Haaren ist ein erfahrener Strafverfolger: Seit 1978 ist er Staatsanwalt, und ein solcher blieb er bis auf zwölf Jahre Tätigkeit in niedersächsischen Justizministerium bis heute. Vor seinem Karlsruher Amt war Range Generalstaatsanwalt in Celle.

Er ist so fasziniert von seiner Arbeit, dass er nicht mit 65 Jahren in den Ruhestand ging, sondern sein Amt als Generalbundesanwalt bis 68 verlängert hat. Nächstes Jahr wäre dann regulär Schluss.

Doch der Posten in Karlsruhe ist ein politischer Feuerstuhl, der die Vorgänger Ranges arg verschlissen hat: Monika Harms hatte sich mehr und mehr abgeschottet, wirkte verbittert. Kay Nehm wurde immer leiser, wirkte resigniert, und Alexander von Stahl musste 1993 seinen Hut nehmen. Grund war der GSG-9-Einsatz in Bad Kleinen, bei dem der RAF-Terrorist Wolfgang Grams ums Leben kam.

„Die Aufgabe hat mich gereizt“, sagte Range einmal im Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“ zu seinem Amt. Und bis jetzt behielt er seine geduldige Zugewandtheit im persönlichen Gespräch stets bei und wirkte mit seiner Aufgabe nie unzufrieden.

Doch das Schicksal von Stahls könnte Range jetzt auch blühen, denn die Empörung über die Ermittlungen gegen den Blog Netzpolitik.org sind gewaltig und es gibt laute Rücktrittsforderungen. Sogar sein Dienstherr, Justizminister Heiko Maas (SPD), ging zu ihm auf Distanz.

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