Gesundheitswesen Kopfprämien auch zwischen Arztpraxen

Seite 2/2

Immer mehr Doktoren wollen deshalb selbst operieren – und verlagern damit den Konkurrenzkampf zu den Krankenhäusern. Die buhlen meist ohnehin schon um jeden Patienten, seit die Kassen Geld pro Fall, also beispielsweise pro Blinddarm-OP, und nicht mehr pro Tag überweisen. Privatkliniken bauen sich deshalb Medizinische Versorgungszentren neben ihr Haus, von wo aus ambulante Patienten direkt eingewiesen werden. Krankenhäuser ohne solchen Staubsauger versuchen nicht selten, Praxisärzte mit Verträgen an sich zu binden. Sie garantieren ihnen bestimmte Leistungen, die sie vor und nach der stationären Operation erbringen dürfen, etwa Blutabnahme oder EKG. Oder sie senden ihnen einen Fragebogen zu und zahlen eine Aufwandsentschädigung von 50 oder 100 Euro.

Schwierige rechtliche Beurteilung

Strafrechtlich gesehen ist das kein Delikt, und politisch ist die stärkere Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern sogar ausdrücklich erwünscht. "Mit Bestechung haben die Forderungen der Ärzte nichts zu tun", verteidigt Frank Ulrich Montgomery, Vizepräsident der Bundesärztekammer, seine Zunft. Und Andreas Köhler, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, spricht von "ganz wenigen Einzelfällen", in denen Ärzte Geld für die Einweisung von Patienten erhielten.

Berufsrechtlich, sagt Badle, sei klar: Die Einweisung gegen Geld ist verboten. Strafrechtlich dagegen geraten seine Fälle oft in eine Grauzone. Bei den klassischen Kick-Back-Geschäften kann meist ein Betrug nachgewiesen werden: wenn der Käufer dem Verkäufer – heimlich – einen Teil des Kaufpreises zurückerstattet und dies zulasten der Krankenkasse geht. In anderen Fällen ist die Rechtslage jedoch weniger klar: Kauft die Orthopädin die Leistung des Radiologen ein und stellt sie selbst der Kasse in Rechnung, entsteht dem Versicherer dadurch keinen Schaden. "Deshalb schauen die Kassen da gerne weg", sagt Badle. "Aber ich verfolge die Fälle. Denn die Kassen werden indirekt geschädigt, weil der Radiologe den neuen Patienten durchleuchten wird, was das Zeug hält." Gelingt es ihm, Betrug oder Untreue nachzuweisen, drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%