Gleichgeschlechtliche Partnerschaften Merkel rückt vom Nein zur Ehe für alle ab

Eine vollständige Gleichstellung homosexueller Paare kam für die Union lange nicht in Frage. Nun signalisiert Kanzlerin Angela Merkel Bereitschaft, auch diese Position zu räumen - und berichtet von einem „einschneidenden Erlebnis“ in ihrem Wahlkreis.

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Angela Merkel Quelle: AP

Einen Tag nach dem SPD-Parteitag ist Bundeskanzlerin Angela Merkel von dem klaren Nein ihrer CDU zur gleichgeschlechtlichen Ehe abgerückt. Sie wünsche sich eine Diskussion, die „eher in Richtung einer Gewissensentscheidung geht“, sagte die CDU-Vorsitzende am Montagabend bei einer Veranstaltung in Berlin. Die SPD hatte die völlige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften am Sonntag zur Bedingung für eine Koalition gemacht - ebenso wie zuvor bereits die FDP und die Grünen.

Bei einer Abstimmung im Bundestag ohne Fraktionszwang gilt eine Mehrheit für die Ehe für alle als sicher. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat Merkel die Linie mit CSU-Chef Horst Seehofer abgesprochen. Die Kanzlerin betonte, sie habe natürlich zur Kenntnis genommen, wie jetzt alle Parteien außer der Union zu dem Thema stünden.

Homosexuelle Paare in Deutschland können ihre Lebenspartnerschaft seit 2001 offiziell eintragen lassen. Inzwischen wurden diese Paare in vielen Bereichen, etwa bei Unterhaltspflicht, im Erbrecht oder beim Ehegattensplitting verheirateten heterosexuellen Paaren gleichgestellt. Doch beim Adoptionsrecht gibt es immer noch Benachteiligungen. So dürfen Homosexuelle nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2013 in einer Lebenspartnerschaft zwar auch Adoptivkinder des Partners adoptieren. Die gemeinsame Adoption eines Kindes ist jedoch nicht möglich.

Merkel hatte im vergangenen Bundestagswahlkampf Adoptionen für gleichgeschlechtliche Paare noch mit dem Argument des Kindeswohls abgelehnt. Mit ihrem Abrücken von ihrer bisherigen Linie könnte eine wichtige Hürde für eine Koalitionsbildung nach der Bundestagswahl im September fallen.

Die Kanzlerin machte zugleich deutlich, dass sie den Streit mit der SPD nicht eskalieren lassen will. Führende Unionspolitiker reagierten am Montag empört auf den Vorwurf des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz, Merkel verweigere sich inhaltlichen Festlegungen und gefährde damit die Demokratie. Merkel erklärte dagegen bei der Veranstaltung am Abend: „Schwamm drüber, würde ich sagen.“

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