Gleichstellung SPD-Frauen stellen GroKo-Bedingungen

SPD-Chef Schulz kämpft um Zustimmung für Koalitionsgespräche. Doch immer noch herrscht unter den Genossen Unmut über die Sondierungsergebnisse. Auch die Frauen in der SPD melden Nachbesserungsbedarf an.

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Nur 38 Prozent der Frauen glauben, dass ihr Unternehmen etwas tut, um die Arbeitsplätze für das weibliche Geschlecht künftig attraktiver zu machen. Quelle: dpa

Berlin Für SPD-Chef Martin Schulz ist die Sache klar. An den Sondierungsergebnissen gebe es „nichts kleinzureden“, sagte er. Die SPD habe in den Gesprächen mit der Union natürlich nicht alles bekommen. „Aber das, was wir durchgesetzt haben, rechtfertigt die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen.“

Die Messlatte für solche konkreten Gespräche liegt für manche Genossen deutlich höher als das in den Sondierungen Erreichte. Die Vorsitzende der Frauen in der SPD, Familien-Staatssekretärin Elke Ferner, hält etwa die Sondierungsergebnisse zur Gleichstellung von Frauen und Männern für ungenügend. „Die Sondierungsergebnisse können nicht das letzte Wort sein. Wenn es zu Koalitionsverhandlungen kommt, müssen weitere Schritte vereinbart werden“, sagte Ferner dem Handelsblatt. „Den Meilensteinen der letzten Wahlperiode müssen weitere folgen.“

Ferner sieht etwa Verbesserungsbedarf bei der Frauenquote von 30-Prozent, die bisher nur für Aufsichtsräte gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Zahl der Unternehmen mit fester Quote müsse erhöht werden, „wenn möglich auch in Vorständen“, sagte die SPD-Politikerin. Außerdem deutete sie eine weitere Stärkung der Rechte der Frauen bei „festgestellter Lohndiskriminierung“ an.

In wenigen Absätzen widmen sich Union und SPD in ihrem Sondierungsabschlusspapier dem Thema Gleichstellung von Frauen und Männern. Angestrebt wird etwa, die „Wirksamkeit“ des Gesetzes für mehr Frauen in Führungspositionen, das in der vergangenen Legislaturperiode verabschiedet wurde, zu verbessern. Vor allem sollen solche Unternehmen in den Blick genommen werden, die sich bei der Besetzung von Frauen in Führungspositionen eine Zielgröße Null geben. Wird das nicht begründet, sollen künftig Sanktionen möglich sein.

Dem Öffentlichen Dienst soll laut dem Papier mit Blick auf die Quote künftig eine Vorbildfunktion zukommen. „Wir wollen daher die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Leitungsfunktionen des öffentlichen Dienstes bis 2025 erreicht haben.“

Geplant ist zudem, das im vergangenen Jahr am Widerstand der Union gescheiterte Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit einzuführen. Die SPD konnte sich hier aber nicht auf ganzer Linie durchsetzen. Der Anspruch soll nur für Unternehmen ab 45 Mitarbeitern gelten. In Firmen, in denen zwischen 45 und 200 Mitarbeiter beschäftigt soll er auch nur einem pro 15 Mitarbeiter gewährt werden.

Ferner warf der Union eine Blockadehaltung in gleichstellungspolitischen Fragen vor. „Schon im Wahlprogramm der Union hat der Bereich Gleichstellung nur eine marginale Rolle gespielt“, sagte die Bundestagsabgeordnete. Hier seien auch die Unterschiede zwischen SPD und Union sehr groß. „Wir wollen die tatsächliche Gleichstellung möglichst schnell erreichen“, betonte Ferner. „Die Union sitzt im Bremserhäuschen.“

Dass beim Thema Gleichstellung Handlungsbedarf besteht, zeigt auch der Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, der im vergangenen Jahr vorgestellt wurde. Nach Jahren Schwarz-Rot fällt die Bilanz bei der Gleichstellung von Frauen mit Männern ziemlich ernüchternd aus. „Bei der Verteilung von Belastungen und Chancen zwischen den Geschlechtern geht es in unserer Gesellschaft immer noch ungerecht zu“, sagte Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) seinerzeit. „Frauen arbeiten oft mehr und bekommen dafür weniger.“

So leisteten Frauen für Kinder, Haushalt, Pflege und Ehrenamt täglich über 50 Prozent mehr unbezahlte Arbeit als Männer, heißt es in dem Sachverständigen-Gutachten. Demnach bringen Frauen pro Tag 87 Minuten mehr Zeit für diese unbezahlte Arbeit auf als Männer. Zur Schließung der als „Gender Care Gap“ bezeichneten Lücke von 52,4 Prozent fordern die Experten, auch Männern zu ermöglichen, mehr private Sorgearbeit zu leisten.

Die Bundesregierung stellt einmal pro Legislaturperiode ihren Gleichstellungsbericht vor. Es geht darum, inwieweit die im Grundgesetz geforderte Gleichstellung der Geschlechter in Bildung und Erwerbsleben durchgesetzt ist.

Die Ministerin betonte damals aber auch, dass im Vergleich zum ersten Gleichstellungsbericht von 2011 „bereits wichtige Impulse gesetzt“ worden seien. So profitierten von der Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns mehrheitlich Frauen in niedrig entlohnten Dienstleistungsbereichen und in geringfügiger Beschäftigung. „Mit dem Ausbau der Kinderbetreuung, dem Elterngeld und dem ElterngeldPlus sowie mit der Verbesserung der Familienpflegezeit wurden neue Möglichkeiten zur partnerschaftlichen Arbeitsteilung und zur dauerhaften eigenständigen Existenzsicherung geschaffen.“

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