Nun, die Frauenrechte wieder. Im Kampf gegen die Burka werden sie ins Feld geführt und in Stellung gebracht. Dabei ist es so einfach: wer in Deutschland etwas für die Gleichberechtigung von Frau und Mann tun will, der soll sich für die gleiche Bezahlung beider Geschlechter in der Arbeitswelt einsetzen. Denn die existierende systematische Benachteiligung und Zurücksetzung von Arbeitnehmerinnen ist der eigentliche Skandal in der Bundesrepublik im Jahr 2016 – und nicht die Burka.
Es ist vollkommen richtig, was die Kritiker sagen: die Burka versteckt die Persönlichkeit der Frau, macht sie nicht mal nur zu einem Ding, sondern macht sie unsichtbar. Es ist richtig, dass unsere Weltanschauung ohne die Anschauung des Gesichts nicht auskommt. Dies ist aber keine Eigenart des christlichen Abendlands.
Wie informierte Geister wissen, lehnen viele islamische Gelehrte und ohnehin die überwältigende Mehrheit aller Muslime und Musliminnen die Burka ab. Gegen was kämpft die Politik denn dann eigentlich, wenn sie mit einem Gesetz etwas regeln will, was eine verschwindend kleine Zahl von Personen betrifft, die dafür sogar in ihrer eigenen Peergroup mit Benachteiligung und Ausgrenzung rechnen müssen?
Die Wahrheit ist so einfach wie traurig: es ist wieder Wahlkampfzeit und die Union zückt dann, sie macht das schon so seit Menschengedenken, die innere Sicherheitsnummer und möchte durch Aktionismus dem konservativen Spektrum zeigen, dass sie am Puls der Zeit ist, gestaltet und wachsam ist. Das ist Aktionismus, der zu nichts führt. Die Integration von Muslimen in unsere Gesellschaft, wenn man das einmal als übergeordnetes Ziel solcher Maßnahmen annehmen wollte, wird dadurch nicht erreicht. Denn auch Frauen wie Männer, die auf islamische Namen hören, werden bei der Arbeits- und Ausbildungsplatzsuche ausgegrenzt. Dass ist sicher ein wichtigeres und für die Integration entscheidendes Thema. Nicht die Burka.
Die Politik bedient damit nur die Wünsche ihres Publikums. Ein Beispiel: Während der nun endenden Legislaturperiode im Berliner Senat entschied derselbe, in einem Park der Stadt Büsche entfernen zu lassen, damit die Dealer dort keine Drogen mehr verstecken können, die sie eigentlich dort verkaufen wollten. Über diese bescheuerte Maßnahme lachte die ganze Stadt und die Dealer zogen zwei Wiesen weiter, wo die Büsche nicht abgemäht wurden. Versichert wurde aber von Seiten der Berliner Politik, dass das Wahlvolk diese Maßnahme begrüße und wolle. Schaufensterpolitik ohne Wirkung.
So ist das nun auch mit der Burka – ihre Trägerinnen muss man mit der Lupe suchen, aber das Thema beschäftigt das ganze Land. Und so liegt der Fokus eben nicht darauf die Benachteiligung von Frauen oder Migranten in der Gesellschaft aufzuarbeiten, sondern auf einem völlig abseitigen Thema, das zudem noch die diffusen Ängste der neuen Rechten, der AfD und Pegida bedient. Es befeuert die Mentalität Abschottung und Zugbrücke-hoch – beides liegt gerade schwer im Trend. Die Wunschvorstellung derer, die da ihrer Furcht und Angst politisch Ausdruck verleihen wollen, ist eine homogene, abgeschottete Welt.
Dabei ist völlig klar und empirisch belegt, dass Zuwanderung die Wirtschaft in Gesellschaften ankurbelt, Unternehmertum fördert, oder, um es ganz reduziert zu sagen: ökonomisch relevant ist. Diese Form der Zuwanderung, Arbeitsmigration - die nichts mit Flüchtlingen zu tun hat, die aus Kriegsgebieten zu uns kommen - müsste schon längst in Deutschland geregelt sein. Aber da sperren sich nicht nur die oberdeutsche, superkatholische CSU, sondern auch Teile der CDU, die Deutschland nicht zu einem Einwanderungsland machen wollen, obwohl wir das längst sind. Das, was also politisch nötig und dringend erforderlich wäre, wird nicht angegangen. Es wird lieber eisern die Wirklichkeit ausgeblendet. Anstelle dessen wird für eine alternde Gesellschaft eine Politik der Angst, Furcht und Skepsis kultiviert und befördert, die sich lieber mit pseudo-relevanten Themen beschäftigt als mit den wirklichen.