Griechenland-Krise CSU greift Regierung in Athen an

In der Debatte um eine Lösung der griechischen Schuldenprobleme gerät die Regierung in Athen zunehmend unter Druck. Nicht nur in Spanien werden Zugeständnisse abgelehnt. Auch in Deutschland wächst der Widerstand.

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Unter Beschuss: Griechenlands Premier Tsipras (r.) und sein Finanzminister Varoufakis. Quelle: ap

Berlin Im Schuldenstreit mit Griechenland hat der Vize-Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans Michelbach, die Regierung in Athen scharf attackiert. „Aus Athen ist bislang nicht ein einziger konstruktiver Vorschlag gekommen, wie Griechenland mit weiteren Reformen seinen Weg aus der Krise fortsetzen will. Es sind nur Sätze zu hören nach dem Motto: Die Partner sollen das Geld heranschaffen, damit es in Athen aus dem Fenster geworfen werden kann. So läuft das aber nicht“, sagte der Obmann der Unions-Fraktion im Bundestagfinanzausschuss und Vorsitzende der CSU-Mittelstands-Union dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Es gibt Programme, die die griechische Unterschrift tragen und an die auch die neue Regierung gebunden ist. Internationale Vereinbarungen sind nicht abwählbar.“

Michelbach betonte, Athen dürfe die Geduld der Partner nicht länger missbrauchen. „Es ist den Steuerzahlern in den EU-Ländern kaum noch zu vermitteln, dass Griechenland immer neue Hilfsmilliarden fordert, während der griechische Fiskus einerseits mehr als 73 Milliarden Euro Steuerschulden nicht eintreibt und andererseits Steuerflucht nicht verfolgt“, sagte er. Es dürfe daher kein Abrücken von dem „Grundsatz Hilfe nur gegen Gegenleistung“ geben.

Das gelte auch für ein mögliches „Übergangsprogramm“, sagte Michelbach weiter. Ein solches Programm müsse Sicherheiten enthalten. Außerdem müsse Athen seine Konsolidierungsverpflichtungen gegenüber den internationalen Geldgebern erfüllen. „Die EU und die Euro-Gruppe dürfen sich jetzt von der Koalition der Links- und Rechtsradikalen in Athen nicht spalten lassen“, unterstrich der CSU-Politiker. Das sei eine Frage der Glaubwürdigkeit und auch der Fairness gegenüber den anderen Krisenstaaten.

Michelbach warnte daher davor, die neue Gesprächsbereitschaft Athens überzubewerten. Die Regierung von Premier Alexis Tsipras müsse „erst noch unter Beweis stellen, dass es sich dabei nicht um Scheinnachgiebigkeit handelt“, sagte der CSU-Politiker. Bislang nämlich ziehe sich der Konfrontationskurs gegenüber den Partnern wie ein roter Faden durch die Politik der Links-Rechts-Koalition. „Ein Griechenland-Kompromiss darf die ökonomische Vernunft nicht überstrapazieren.“


„Griechen-Hilfe wäre Konjunkturprogramm für die AfD“

Die spanische Regierung schloss derweil einen Schuldenschnitt für Griechenland aus. Die Kredite von 26 Milliarden Euro, die Spanien Griechenland im Zuge des internationalen Hilfsplans gewährt habe, würden nicht erlassen, sagte Finanzminister Luis de Guindos in Madrid. Die Summe entspreche etwa der jährlichen Arbeitslosenhilfe in Spanien, erklärte der Minister. Die Regierung in Madrid hat in den vergangenen Jahren im Gegenzug für internationale Finanzhilfen einen strikten Sparkurs verfolgt.

Über die Finanzlage Griechenlands beraten in Brüssel Vertreter des Landes mit Experten der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Am Montag wollen die Euro-Finanzminister über das Thema sprechen.

Der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, forderte die Regierung in Athen auf, spätestens bei der Sitzung der Euro-Gruppe „verlässlich“ zu erklären, ob sie zur Einhaltung der Verträge bereit sei. Er erinnerte daran, dass dem griechischen Bankensystem schon bald die Luft auszugehen drohe. Zudem nehme die Kapitalflucht „massiv“ zu. Mehr als 15 Milliarden Euro seien seit Dezember aus den Banken des Landes abgezogen worden, Lauk dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). Die griechischen Banken würden nur noch durch ELA-Notfallkredite über Wasser gehalten. Für diese Hilfen der Europäischen Zentralbank (EZB) hafte „ungefragt“ der europäische Steuerzahler.

„Vor diesem Hintergrund ist die Verweigerungs- und Blockadepolitik der griechischen Regierung nicht hinnehmbar“, sagte Lauk. „Es ist doch irrwitzig, dass die Griechen sagen, sie brauchen mehr Luft für Wachstum und gleichzeitig verkünden, ein Freihandelsankommen TTIP - das wie ein kostenloses Konjunkturprogramm wirkt- werde es mit Griechenland nicht geben.“

Lauk warnte überdies vor den politischen Konsequenzen, sollten die EU-Partner gegenüber der griechischen Regierung nachgegeben. „Die wirtschaftlichen Konsequenzen für den Euro-Raum hätten wir im Griff, aber ein politisches Nachgeben würde ein unmittelbares Konjunkturprogramm für Beppe Grillo, Marine Le Pen und die AfD bedeuten“, sagte der Chef des Unternehmerverbands.

Die Zeit für eine politische Einigung zwischen Griechenland und den europäischen Partnern laufe davon. Auch die griechischen Kleinsparer wüssten, dass sie bei einem Euro-Austritt ihres Landes, dem sogenannten Grexit, ihre Euro-Schulden mit Drachmen bezahlen müssten. „Ohne eine schnelle Lösung stehen wir kurz vor einem Bank Run“, so Lauk.


Obama-Beraterin für Kompromisse an Athen

Lauk mahnte zugleich Brüssel und Berlin, sich nicht in eine „Abwärtsspirale“ zwingen lassen. „Wer aus Angst vor der Eskalation dem Gegenüber das Diktat der Forderungen überlässt, wird nicht Sicherheit gewinnen, sondern die Kontrolle verlieren“, warnte der Christdemokrat. Statt den griechischen Forderungen nachzugeben, womöglich „endlos Geld nachzuschießen und eine Kettenreaktion in Europa auszulösen“, müsse Europa Griechenland die Grenzen aufzeigen. „Wenn Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis zum Äußersten gehen wollen, muss man ihnen klarmachen, dass sie damit Griechenland in den Abgrund reißen, nicht aber Europa“, unterstrich Lauk.

Vor jeder europäischen Solidarität müsse daher weiterhin immer die „inner-nationale Solidarität“ stehen. „Hier hat Griechenland nach wie vor ein gewaltiges Problem mit der schlechten Zahlungsmoral seiner Steuerzahler“, gab Lauk zu bedenken. Mit 3,49 Milliarden Euro würden die Steuereinnahmen im Januar rund eine Milliarde hinter den Vorgaben der Regierung zurückbleiben. „Offensichtlich haben viele Griechen in Erwartung eines linken Wahlsieges vorsorglich bereits das Steuerzahlen eingestellt“, so Lauk.

Eine Wirtschaftsberaterin von US-Präsident Barack Obama forderte die Europäer auf, weitere Kompromisse mit der Regierung in Athen zu schließen. Zwar müsse diese glaubwürdige Pläne für weitere Reformen vorlegen, sagte Caroline Atkinson. Griechenland habe aber einen starken Einbruch bei Löhnen und Produktion sowie einen drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verkraften.

Laut Angaben des europäischen Statistikamts ist die griechische Wirtschaft wieder geschrumpft. Im vierten Quartal des vergangenen Jahres fiel die Wirtschaftsleistung demnach um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Es war der erste Rückgang seit einem Jahr. Volkswirte hatten dagegen mit einem Wachstum von 0,4 Prozent gerechnet.

Die griechische Regierung brachte derweil für die Verhandlungen mit ihren Gläubigern erneut einen Schuldenerlass ins Spiel. Finanzminister Varoufakis sagte in einem am Freitag veröffentlichten „Spiegel“-Interview, er verstehe, dass die Bundesregierung das Wort „Schuldenschnitt“ vermeiden wolle: „Tatsächlich wäre ein solcher besser und am Ende für die Gläubiger sogar günstiger als eine Verlängerung der Kredite.“ Jeder wisse, dass Griechenland seine derzeitige Schuldenlast ohne einen neuen Vertrag niemals werde tragen können.

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