Große Koalition Warum das Finanzministerium für die SPD so wichtig ist

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Finanzminister aus der SPD - wer kann es machen?

Berufliche Perspektiven für Ex-Abgeordnete
Die Fünfzig gerade überschritten und noch nie in einem Unternehmen gearbeitet: Wäre Dirk Niebel in den Neunzigerjahren jemand mit einem solchen Lebenslauf untergekommen, er hätte ihn vermutlich eher früher als später in die Kartei "Arbeitnehmer mit Vermittlungshemmnissen" einsortiert. Heute steht der ehemalige Jobvermittler und Noch-Entwicklungshilfeminister selbst vor diesem Problem: Er braucht einen Job - mit eben diesem Profil. Als Minister und Abgeordneter hat er ausgedient, aber bis zum offiziellen Rentenalter noch mehr als anderthalb Jahrzehnte vor sich. "Ein B-Kandidat", sagt der Frankfurter Personalvermittler Heiner Fischer. "Für Niebel sind die fetten Jahre vorbei." Der 45-Jährige ist Partner der auf Top-Managementpositionen spezialisierten Personalvermittlung Herbold Fischer Associates und hat für die WirtschaftsWoche die Lebensläufe der rund 200 Abgeordneten durchforstet, die nicht mehr im neuen Bundestag vertreten sein werden: Welche Ausbildung haben sie durchlaufen? Wie viel berufliche Praxis haben sie gesammelt, bevor sie zum Berufspolitiker mutierten? Wo könnten sie unterkommen? Und wie viel könnten sie verdienen? "Am schwersten wird es bei denen, die fast ihr ganzes Leben als Politiker gearbeitet haben", sagt Personalberater Fischer. "Die haben ja nie was Solides gelernt." Quelle: dapd
Dirk Niebel Quelle: dpa
Philipp Rösler Quelle: REUTERS
Guido Westerwelle Quelle: AP
Astrid Klug Quelle: Deutscher Bundestag Photothek Thomas Trutschel
Anton Schaaf Quelle: Deutscher Bundestag/Lichtblick/Achim Melde
Gabriele Groneberg Quelle: Deutscher Bundestag/Lichtblick/Achim Melde

Die SPD muss also das Finanzministerium anstreben. Aber wer soll, wer kann es machen? Der bislang letzte SPD-Finanzminister, Peer Steinbrück, hat sich aus dem Rennen genommen. Den ersten Zugriff hätte Gabriel selbst. Dem SPD-Chef werden aber eher Ambitionen auf das Arbeitsministerium nachgesagt, wo er sich mit Kernanliegen der Sozialdemokraten wie Mindestlohn, Rente und dem Kampf gegen Werkverträge profilieren könnte. Von dort aus könnte er als Vizekanzler operieren.

Die nächsten Anwärter wären Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und der Parlamentarische Geschäftsführer Thomas Oppermann. Ob Steinmeier überhaupt ins Kabinett geht, ist allerdings offen. Als wiedergewählter Fraktionsvorsitzender sitzt er schon an einer der mächtigsten Schaltstellen überhaupt. Die Erfahrung als Außenminister und Kanzleramtsminister spricht für ihn, ein besonderes Faible für Zahlen und Haushalt aber ist nicht bekannt. Oppermann wiederum gilt als Allzweckwaffe der Genossen, könnte die Felder Innen oder Justiz ideal abdecken. Als kluger Generalist trauen ihm aber auch viele die Schäuble-Nachfolge zu.

Es gäbe aber auch noch einem spannenden Kandidaten von auswärts, international bestens vernetzt, mit langjähriger Exekutiverfahrung unter Steinbrück und Schäuble: Jörg Asmussen, heute Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank. Sein Interesse lässt er schon streuen. Sehr genau wurde in der SPD Asmussens Auftritt beim Berliner Gartenfest des Seeheimer Kreises direkt nach der Bundestagswahl registriert. Da brachte sich jemand in Erinnerung. Seine Kompetenz für globale Finanzfragen steht außer Frage, aber in Partei und Fraktion ist Asmussen nicht sonderlich verdrahtet. Ein schillernder Außenseiter-Kandidat.

Im noch weiteren Kandidatenumfeld wird der Name von Torsten Albig genannt, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein und ehemals enger Mitarbeiter Steinbrücks im BMF. Albig allerdings ist erst seit anderthalb Jahren Ministerpräsident. Denkbar ansonsten: Der Düsseldorfer Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans, der immerhin den mächtigen Landesverband NRW im Rücken hat. Oder aber die SPD greift auf ein Parteimitglied zurück, dass schon längst im Führungszirkel des Finanzministeriums sitzt: Staatsekretär Werner Gatzer. Der allerdings gilt vor allem als versierter Maschinist und niemand für die internationale Bühne.

Am wahrscheinlichsten ist also, dass unter den drei Großkopferten Gabriel, Steinmeier und Oppermann die Wahl fallen würde.

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