Grüne Die Partei, die allen alles verspricht

Seite 2/2

Grünen-Politikerin Kerstin Andreae, Sprecherin Wirtschaft Quelle: dpa

Wie andere zeigt sich der Unternehmer Schweizer dennoch beeindruckt vom ruhigen Riesen Kretschmann: "Er meint es ernst und geht pragmatisch an Dinge heran." Unter Grün-Anhängern sind überdurchschnittlich viele Selbstständige. Sie sind die Partei der Besser-Verdiener und besser Gebildeten und buhlen um ähnliche Wähler wie die FDP.

Doch so offen Mittelständler der Partei begegnen, so bedeckt halten sich Konzerne. Siemens-Chef Peter Löscher etwa, den Grüne als innovativ loben, will sich politisch nicht äußern.

Die Sprecherin der Partei für Wirtschaft, Kerstin Andreae, tingelt öfter durchs Land: "Wenn ich dann rede, nicken immer alle, egal, ob sie von BASF oder Siemens kommen." Anderen wie der Deutschen Bank kann nicht gefallen, dass die Partei sie wegen ihrer Dominanz im Zweifelsfall zerschlagen will.

Fünf Euro je Liter Benzin fordert kein Grüner mehr öffentlich. Mitunter verhält sich einer wie Parteichef Cem Özdemir sogar wenig korrekt – wenn er per Hubschrauber vom Stuttgarter Flughafen in die City fliegt – obwohl er bei Stuttgart 21 als Fan des Bahnfahrens auftrat.

Unpopuläre Themen auf dem Vormarsch

"Manche Unternehmer mögen es als Bevormundung empfinden, dass wir enge Leitplanken setzen", verteidigt Andreae die Philosophie. "Der Markt ist blind, wenn es darum geht, die Kosten der Umwelt einzupreisen."

Ex-Umweltminister Jürgen Trittin trägt das Ergebnis solcher Politik im Künstlernamen. Als DJ Dosenpfand legt der Fraktionschef in Clubs auf.

Manche in der Partei trauen sich auch an Themen, die bei Gefolgsleuten unpopulär sind. Gerade Grünen ist schwer vermittelbar, dass die aktuelle Energiewende hin zu erneuerbaren Energien landauf, landab nach Stromtrassen verlangt. Bärbel Höhn, Fraktionsvize im Bundestag, will den Anhängern Ähnliches in der Energiepolitik zumuten wie Ex-Kanzler Gerhard Schröder per Agenda 2010 der SPD.

"Gerade für die Erneuerbaren müssen wir das Netz ausbauen", sagt Höhn. Das bedeutet neue Masten und teure Erdtrassen, Pumpspeicherkraftwerke im Feriengebiet und Umspannwerke am Dorf.

Keine Rolle rückwärts

Höhn gibt sich offensiv: "Wir Grünen haben gelernt, mit beiden Seiten zu reden – mit Bürgerinitiativen und mit den Stromerzeugern." Man müsse womöglich die teure Variante wählen, "sonst endet das schnell in einer Blockade". Die halbstaatliche Deutsche Energieagentur (Dena) hat errechnet, dass für die Stromautobahn über der Erde sechs Milliarden Euro fällig sind, für Kabel unter der Erde bis zu neunmal mehr.

Solche Konflikte interessieren auch Lobbyvertreter, die die Schmuddelkinder von einst reihenweise auf ihre Podien einladen. Sie treibt echte Neugier wie milder Opportunismus, mit den Aufsteigern in Kontakt zu kommen.

Geschäftsführer Albrecht von der Hagen vom Verband der Familienunternehmern lobt: "Man muss ihnen anrechnen, dass sie weiter zur Agenda 2010 stehen und keine Rolle rückwärts gemacht haben." Sogar eine grüne Bundeswirtschaftsministerin kann er sich vorstellen. Die herze womöglich keine Weinkönigin, küsse aber vermutlich lieber den Unternehmer des Jahres, sagte er kürzlich augenzwinkernd.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%