Grundsatzrede zu Flüchtlingen „Integration funktioniert nur mit Neugier, Realismus und Geduld“

Klare Worte in der Integrationsdebatte: Der Innenminister fordert von Migranten mehr Anstrengung. Aus Träumen von einem besseren Leben könnten sich keine Ansprüche ableiten, sagt de Maizière in einer Grundsatzrede.

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Nicht jeder Migrant, der eine Arbeitsstelle habe, etwas Deutsch spreche und nicht straffällig sei, sei auch gut integriert, sagte de Maizière auf einem Zukunftskongress für Migration & Integration in Berlin. Quelle: dpa

Berlin Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) fordert von Migranten und Religionsgemeinschaften mehr Einsatz bei der Integration. Statt über die Instrumente müsse stärker über die Ziele von Integration gesprochen werden, sagte de Maizière am Dienstag in einer Grundsatzrede in Berlin. Nicht jeder Migrant, der eine Arbeitsstelle habe, etwas Deutsch spreche und nicht straffällig sei, sei auch gut integriert. Viele von ihnen hielten sich weiter in ihrer eigenen Gemeinschaft auf. Das Ziel müsse sein, dass sich die Menschen für die Gesellschaft verantwortlich und sich zugehörig fühlten.

Auch werde Integration „ohne Neugier, Realismus und Geduld“ nicht funktionieren, sagte de Maizière auf einem Zukunftskongress für Migration & Integration in Berlin. Die Migranten müssten neugierig sein und neugierig bleiben. Aus den Träumen von einem besseren Leben oder Schilderungen etwa von Schleppern könnten sich keine Ansprüche oder Selbstverständlichkeiten ableiten. Es gehöre zudem zu einer realistischen Einschätzung, dass nicht jeder gleich gut zurechtkommen werde. Zudem müssten die Migranten Helfern, Verwaltungen und Organisationen etwas Zeit geben, damit jedem angemessen geholfen werden könne. „Es ist nicht zu viel verlangt, dass man auch mal vier Monate auf einen Kursplatz wartet.“

Der CDU-Minister mahnte zugleich: „Wir können bei der Integration nicht alle Ausprägungen anderer Kulturen tolerieren.“ Verletzungen der Ehre könnten in Deutschland niemals eine Rechtfertigung von Gewalt sein. Ehen von Minderjährigen dürften in der Bundesrepublik nicht akzeptiert werden. „Wenn ein Mann von einer Frau kein Essen annehmen möchte, dann bekommt er eben kein Essen“, fügte er hinzu.

De Maizière bekräftigte zudem das Ziel, mehr Menschen ohne Bleiberecht abzuschieben. „Integration kann nur gelingen, wenn klar ist, auf wen sie sich bezieht“, und dies seien in Deutschland die Menschen mit Bleibeperspektive. Eine Studie solle Aufschluss über Abschiebehindernisse bringen und darüber ob weitere Maßnahmen notwendig seien.

Der CDU-Politiker forderte die Religionsgemeinschaften auf, mehr für die Integration zu tun. Viele muslimische Verbände fühlten sich für die Integration mitverantwortlich, „aber noch nicht genug“. Durch die Flüchtlinge werde auch Deutschland neu von religiösen Fragen berührt. „Wir haben die Bedeutung von Religion unterschätzt, auch bei uns“, sagte de Maizière. Die Deutschen müssten nun wieder mehr selbst über Religion lernen, auch um die eigene Tradition und Denkweise erklären zu können.

De Maizière rief in der Debatte zudem zu einer Mäßigung in der Wortwahl auf. Trotz großer Anstrengungen und guter Dinge, die bei der Aufnahme von Flüchtlingen erreicht worden seien, kämen viele mit dem „rhetorischen Dampfhammer“. Wenn etwa von „Staatsversagen“ gesprochen werden, müsse man dies als Übertreibung zurückweisen.

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