Günstlingswirtschaft Die gesponserte Republik

Unternehmen suchen die Nähe zur Politik, klamme Politiker und Parteien bitten um Geld der Wirtschaft. Weil sie nach der Affäre Wulff ums Image fürchten, überdenken manche ihr Tun.

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Sommerfest des Bundespräsidenten Quelle: LAIF/SZ Photo/Jose Giribas

Das Leben als Bundeskanzlerin ist lehrreich – und sei es nur in Sachen Parteifinanzen: Feiert der Parlamentskreis Mittelstand der Union, ist Angela Merkel als CDU-Chefin dabei. Bei der Sause im Juli vorigen Jahres stattete sie den Imbissständen einen Besuch ab. Bei Krabbenbaguettes und Fischbrötchen plauderte sie mit dem Theken-Mann: „Wo kommen Sie her?“ Von der Küste vielleicht? Aber nein: „Von Karstadt.“

Willkommen in der Sponsorenwelt der Politik. Hier finanzieren Autohersteller und Brauer Feste für Abgeordnete, mieten Energiekonzerne und Pharmafirmen Werbestände bei Parteitagen, gehen Amtsträger und Alphatiere auf Tuchfühlung. Grell erhellt das Licht eine Grauzone, seit die fragwürdigen Verbindungen von Bundespräsident Christian Wulff mit Gönnern aus der Unternehmenswelt bekannt wurden.

Unternehmen suchen die Nähe zu Politikern, Politiker suchen finanzielle Unterstützung. Sponsoring heißt das Zauberwort. Es geht um Einladungen an Amtsträger zum puren Amüsement, um Unterstützung von Regierungsstellen mit Geld, auch um verdeckte Parteienfinanzierung.

Unternehmens-Knigge

Der Unterschied zu Spenden

Anders als bei Spenden sind beim Sponsoring Leistung und Gegenleistung verbunden. Doch Parteien müssen die Gönner nicht veröffentlichen, wie das Gesetz es bei Spenden ab 10.000 Euro verlangt. Die Ausgaben als Sponsor sind steuerlich absetzbar. Selbst Staatsfirmen wie die Deutsche Bahn oder Körperschaften wie die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) dürfen hier ran.

Das Ganze ist auch eine Folge der CDU-Spendenaffäre. Nachdem der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl sich Ende der Neunzigerjahre geweigert hat, die Namen von Spendern preiszugeben, obwohl dies das Gesetz verlangt, wurden die Regeln für Zuwendungen an die Parteien verschärft. Dies sorgte für Ebbe in den Kassen. Fortan schnellten bei Union, SPD und Co. die sonstigen Einnahmen hoch; ein Gutteil ist Sponsoring. Das Geflecht aus Geschäft, Geschenken und Gefälligkeiten gedieh.

Rent a Rüttgers

Sponsoren der politischen Elite
Vorstand Heinrich Deichmann Quelle: dpa
Screenshot der Gubor-Internetseite Quelle: Screenshot
Rotkäppchen-Produkte Quelle: APN
Schild mit dem Logo von EADS Quelle: dapd
Bundesparteitag der Grünen Quelle: dapd
CDU-Parteitag Quelle: CDU
Eine Aspirin-Tablette mit dem Bayer-Logo Quelle: dpa

Rent a Rüttgers? Die CDU in NRW hatte Sponsoren 2010 gegen Geld Einzelgespräche mit dem damaligen Ministerpräsidenten angeboten. Außenminister Guido Westerwelle ließ Parteiunterstützer bei Reisen mitfliegen. Der Energiekonzern EnBW hatte Spitzenpolitikern Tickets für die Fußball-WM 2006 geschickt. Später zeigte sich der Obergrüne Cem Özdemir für Spitzenfußball empfänglich. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner ließ eine Gesundheitskampagne vom Drogeriemarkt dm sponsern, die wie Shampoowerbung daherkam. Aktionen erwecken den Anschein, Sponsoren beeinflussten die Politik. Seit die Öffentlichkeit mäkelt, fürchten Unternehmen ums Image und überdenken ihr Tun.

Das Sponsoring „nehmen wir völlig neu in den Blick“, sagt Klaus-Peter Müller, Chef der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex und Aufsichtsratschef der Commerzbank. Zwar hätten viele Firmen Ethikregeln. Doch „bei Amtsträgern wird man künftig noch vorsichtiger sein müssen“, ahnt Müller. Das fordere Fingerspitzengefühl. „Ein Wirtschaftsvertreter sollte sich stets fragen, ob ein Geschenk oder eine Einladung dem anderen schaden könnte.“

Kommerzielle Helfer sind überall, vorneweg sind Bundesregierung und Bundespräsident dankbar für Hilfe. Der Sponsoringbericht, der die Gaben an den Bund dokumentiert, listet für die Jahre 2009 und 2010 insgesamt 93,4 Millionen Euro an Zuwendungen auf. Am meisten profitierte das Gesundheitsministerium, das rund 60 Millionen Euro abbekam.

Hotline für Spielsüchtige von der Automatenindustrie

Jedes Jahr steuerte der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) zehn Millionen Euro für eine Kampagne gegen Alkohol bei, je 3,4 Millionen Euro war der Privatassekuranz die Aufklärung über Aids wert. Ausgerechnet die staatliche Toto-Lotto-Gesellschaft in Baden-Württemberg überwies rund 1,5 Millionen Euro für die Prävention von Glücksspielsucht. Die Automatenindustrie bezahlte eine Hotline für Spielsüchtige.

Als größte Unterstützer des Sommerfestes des Bundespräsidenten Christian Wulff traten 2010 die AOK mit 90.000 Euro, Daimler, die Deutsche Post, Telekom, Rewe, Vattenfall und REpower Systems sowie der Sparkassen- und Giroverband mit 60.000 bis 75.000 Euro hervor.

Werbeeffekt als Hoflieferant

Welche Firmen die Parteikassen füllen
Profiteuere und Gönner: Auf 1.378.992 Euro summieren sich 2011 die Großspenden von Unternehmen an die Parteien im Deutschen Bundestag. Zu den Großspenden gehören Summen über 50.000 Euro, sie müssen sofort veröffentlicht werden. Wir stellen die Unternehmen vor, die ihr Scheckbuch dieses Jahr gezückt haben und zeigen, wie viel sie während der schwarz-gelben Regierung schon insgesamt nach Berlin überwiesen haben. Zu den Spendern gehören... Quelle: dpa
...die Reutax-AG, internationaler Personaldienstleister mit Sitz in Heidelberg. Sie spendete seit dem Antritt der schwarz-gelben Regierung 2009 und 2011 jeweils 50.500 Euro an die Liberalen. Quelle: dpa
NRW-Metall spendete 60.000 Euro an die CDU. Der Verband vertritt die Interessen der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen. 2010 flossen 60.000 Euro an die FDP und 160.000 Euro an die CDU. Quelle: ap
Die private Berenberg Bank in Hamburg: Das Geldhaus spendet nahezu jedes Jahr an die CDU. Zur Zeit der schwarz-gelben Regierung waren es 2011 und 2010 je 100.000 Euro. Quelle: PR
Deutschlands größter Versicherer Allianz spendete jeder Partei im Bundestag 50.001 Euro, ausgenommen den Linken. Insgesamt flossen dieses Jahr 250.005 Euro. Ein ähnliches Paket gab es bereits 2010 - unter der Regierung Merkel gingen also insgesamt 540.010 Euro von München nach Berlin. Quelle: AFP
Die Südwestmetall gehört zu einer der größten Spendern mit einem Gesamtvolumen von 295.000 Euro für 2011. Der größte Profiteuer ist eindeutig die CDU: 100.000 Euro flossen sie und an den Koalitionspartner FDP 75.000 Euro. Grüne und SPD erhielten je 60.000 Euro von dem Interessenverband von Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg. In der vergangenen zwei Jahren der Regierung Merkel flossen jeweils noch 200.000 Euro (2010) und 100.000 Euro (2009) an die Christdemokraten. Quelle: ap
Fast schon traditionell ist die Spende von Daimler nach Berlin. Über 150.000 Euro konnten sich jeweils die Schatzmeister der Sozialdemokraten und der CDU freuen, dieselbe Summe floss auch 2010 an die beiden Parteien. Quelle: dpa

Während einzelne große Unternehmen rätseln, ob sie 2012 erneut das präsidiale Sommerfest unterstützen, haben sich kleinere bereits entschieden. Nicht wieder dabei ist Schuhhändler Deichmann, der 2010 ein Zelt im Garten des Schlosses Bellevue aufbaute, um sich und die Aktivitäten seiner Entwicklungshilfeorganisation „wortundtat“ vorzustellen.

Bei strahlendem Sonnenschein war das Interesse zu gering. Wieder mit von der Party sein will dagegen der schwäbische Schokolatier Gubor. Die Gäste seien wichtig, nicht der Präsident, heißt es – und wo sonst erreiche man 5000 Politiker, Stars und Sternchen?

Einst finanzierten das Präsidialamt, aber auch die Vertretungen der Bundesländer, ihre Empfänge und Feste aus Steuermitteln. Dann entstand die Idee, Firmen könnten ihre Ware kostenlos abgeben – gegen den Werbeeffekt als Hoflieferant. Erst in der dritten Stufe wurde für öffentliche Veranstalter daraus ein Nullsummenspiel: Heute zahlen die Sponsoren Geld dafür, dass sie Bier, Wein und Häppchen verschenken dürfen.

"Automobilsommer 2011"

Mit den Einnahmen finanzieren die Gastgeber das Rahmenprogramm. Und weil die Firmen ihr Engagement von der Steuer absetzen, zahlt die Öffentlichkeit ungefragt mit.

Begehrt sind auch Einladungen zur Stallwächterparty in der Berliner Landesvertretung Baden-Württembergs. 1800 Gäste feierten dort im Sommer mit dem grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Hauptsponsoren des für die Gäste kostenlosen „Automobilsommers 2011“ waren Daimler, Porsche und Audi. 70 Prozent der Kosten beglichen sie. Doch trotz ihres Versprechens wollen die Stuttgarter mehr Offenheit nicht wagen. „Wir haben uns verpflichtet, keine Auskunft über die Beträge der Sponsoren zu geben“, heißt es in der Landesvertretung. Das solle so bleiben.

Repräsentieren mit Steuergeld

Der Bundespräsident zu Gast bei Freunden
Der Bundespräsident zu Gast bei FreundenWeil er von einer befreundeten Unternehmerin ein Darlehen über 500.000 Euro zu marktunüblich günstigen Bedingungen aufgenommen hat, gerät Bundespräsident Christian Wulff zunehmend unter Beschuss. Es ist nicht das erste Mal, dass Wulff wegen seines guten Drahts zu reichen Unternehmern negativ auffällt. Um die Diskussion zu entschärfen, will Wulff nun für Transparenz sorgen. Über seine Anwälte ließ er am Wochenende alle privaten Urlaube bei persönlichen Freunden auflisten. Das sind die Gastgeber des Präsidentenpaares. Quelle: dapd
Edith und Egon Geerkens2003 und 2004 waren die Wulffs jeweils einmal zu Gast bei Edith und Egon Geerkens auf deren Anwesen in Spanien. Egon Geerkens gilt als väterlicher Freund von Christian Wulff. Der gelernte Elektriker aus Osnabrück handelte erfolgreich mit teuren Oldtimern, bevor er ins Schmuckgeschäft einstieg und einen erfolgreichen Juwelierladen aufbaute. Sein Vermögen stammt allerdings maßgeblich aus Immobilien-Geschäften. Seine Frau Edith arbeitete vor der Hochzeit als Angestellte in seinem Schmuckgeschäft. Von ihr soll Wulff den Hauskredit über eine halbe Million Euro erhalten haben. Quelle: dpa
Wolf-Dieter Baumgartl2008 verbrachten Christian Wulff und seine Frau Bettina einige Tage in den Privaträumen von Wolf-Dieter Baumgartl und seiner Frau Ingrid in Italien. Der studierte Jurist war jahrelang Spitzenmanager bei deutschen Versicherungen und ist heute Aufsichtsratschef der Talanx-Gruppe. Er gilt als Genießer. Auf seinem Anwesen bei Livorno frönt er italienischen Weinen und französischen Zigaretten. In seiner Freizeit fährt er gerne Harley-Davidson. Quelle: dapd
Angela Solaro und Volker MeyerIn den Jahren 2008 und 2009 besuchten die Wulffs das befreundete Ehepaar Angela Solaro und Volker Meyer auf der Nordseeinsel Norderney. Das Ehepaar besitzt dort ein bekanntes Geschäft für Süßwarenspezialitäten und Spirituosen und betreibt mehrere Strandläden. Quelle: dpa
Edith und Egon GeerkensSilvester 2009/2010 verbrachten die Wulffs wieder bei Edith und Egon Geerkens. Diesmal flogen sie in die USA, wo das Ehepaar ebenfalls ein Haus besitzt. Quelle: dpa
Carsten MaschmeyerIm Juli 2010 verbrachten die Wulffs ihren Sommerurlaub auf dem Anwesen von Carsten Maschmeyer, dem ehemaligen Chef des Finanzdienstleisters AWD. Maschmeyers Villa mit zwei Nebengebäuden auf einer Halbinsel bei Port d’Andratx soll zwischen 20 und 45 Millionen Euro wert sein. Maschmeyer ist mit der Schauspielerin Veronica Ferres verheiratet. Die Ehepaare kennen sich aus Hannover. Während Wulffs Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident war AWD Sponsor bei Veranstaltungen der Landesregierung. Quelle: dpa

Besonders mit dem Sponsoring staatlicher Veranstaltungen „habe ich mich immer sehr schwergetan“, gesteht der oberste Hygienebeauftragte der Wirtschaft Klaus-Peter Müller. „Ich halte das für eine unzulässige Bettelei des Staates.“ Wenn der Staat repräsentieren wolle, solle er dies mit Steuergeld tun. „Wenn der Bundespräsident das Geld dafür nicht in seinem Etat hat, dann muss er es eben lassen.“ Fraglich sei, ob die „unendliche Menge“ an Festen nötig sei. „Wenn wir das alles abschaffen, würde die Demokratie darunter nicht leiden.“

Ohne Sponsoren leiden würden wohl die Parteien. Ihre Treffen gleichen Messen. Auf dem kommerziellen Kontakthof kommen Lobbyisten und Delegierte ins Gespräch. Hier sind politische Konjunkturen erkennbar. Vor Gesundheitsreformen schwärmen Pharma- und Versicherungsvertreter umher, zur Energiewende werden Stromerzeuger gesichtet. Autofirmen sind immer da. McDonald’s übernimmt die Bewirtung

Kommunikationsagenturen bahnen das Geschäft an. So nahm die CDU schon beim Parteitag 2008 in Stuttgart für 20 Quadratmeter Standfläche 8000 Euro – 400 Euro pro Quadratmeter. Andere Aussteller breiten sich auf dem Fünf- oder Zehnfachen aus. Manche Firmen, berichten Insider, buchen zum sechsstelligen Paketpreis die Dauerpräsenz auf Bundes- und Landeskongressen. Die CDU gibt „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ keine Auskunft. Fürs Parteiengesetz bestehe „kein Veränderungsbedarf“.

Sponsoring im Parteienschutzgesetz regeln

Anders sieht das die Opposition. Thomas Oppermann, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, fordert Konsequenzen aus den jüngsten Skandalen. „Es ist falsch, dass Sponsoring bisher im Parteiengesetz nicht geregelt ist.“ Hier sei Aufklärung nötig. „Wir wollen, dass Sponsorenbeiträge der Höhe nach begrenzt und ab einer bestimmten Höhe anzeigepflichtig werden“, sagt er.

Dem pflichten die Grünen bei. Deren Innenexperte Wolfgang Wieland hat im Zuge der Wulff’schen Affären Hoffnung, dass ein neues Gesetz zur Parteienfinanzierung doch Gestalt annimmt. „Wir müssen den Anschein vermeiden, dass Sponsoren Politiker kaufen.“ Deshalb sehe ein Antrag der Grünen kein Sponsoring-Verbot vor, aber: „Man sollte die Leistungen wie Spenden behandeln und veröffentlichen.“

Große Summen

Diese Spender hat die CDU verloren
Bei diesen Spendern hat die CDU verlorenDeutsche BankDer einst zweitgrößte Spender der CDU hatte 2010 genug. Im März 2009 überwies das Frankfurter Geldhaus satte 200.000 Euro. Ein Jahr später verzichtete die Deutsche Bank auf eine Zahlung. Auch 2011 wartete man in der CDU-Parteizentrale bisher vergeblich auf eine Spende des Geldinstituts. Texte: Katja Köllen Quelle: Deutscher Bundestag Quelle: dpa
Die QuandtsJohanna Quandt, ihr Sohn Stefan und ihre Tochter Susanne Klatten waren bis 2010 kräftige Spender der CDU. Jeweils 150.000 Euro überwiesen die Unternehmer noch im Oktober 2009 pro Person an die konservative Partei. Danach stellten alle drei Mitglieder der BMW-Aktionärsfamilie ihre Zahlungen ein: Ein Verlust von 450.000 Euro für die CDU-Spendenkasse. Weder im Jahr 2010, noch bis November 2011 gab es eine erneute Spende aus dem Hause Quandt. Quelle: REUTERS/AP Photo Michael Probst
Evonik IndustriesDer Essener Konzern Evonik Industries stoppte ebenfalls zum Jahreswechsel 2009/2010 seine Spendengelder. Während der Mischkonzern, der in den Bereichen Immobilien, Energie und Chemie arbeitet, im Jahr 2009 noch 70.000 Euro an die CDU zahlte, fiel die Zahlung im Folgejahr aus. Auch 2011 gab es bislang keine Überweisung. Quelle: Evonik
BertelsmannDer deutsche Medienkonzern Bertelsmann war über Jahre ein treuer Spender der CDU. Nun ist aber auch dieser Geldfluss versiegt: 60.000 Euro spendete das Unternehmen unter dem Vorstandsvorsitzenden Hartmut Ostrowski im Jahr 2009. Seitdem müssen Merkel und Co. auf die Zahlungen aus Gütersloh verzichten. Quelle: AP
Adolf Würth100.000 Euro. Mit diesem Betrag zählte die Adolf Würth GmbH mit Sitz in Künzelsau noch 2010 zu den größten Spendern der CDU. Aber auch die Unternehmensgruppe im Bereich Befestigungs- und Montagetechnik beschloss, 2011 keine Spenden mehr an die Regierungspartei zu zahlen. Quelle: AP
FERRING Das Pharmaunternehmen FERRING Arzneimittel versagte der CDU ebenfalls bereits 2010 die finanzielle Unterstützung: Eine großzügige Spende des Kieler Unternehmens in Höhe von 150.000 Euro floss das letzte Mal 2009 auf das Parteikonto. Quelle: dpa
Deutsche VermögensberatungDie Deutsche Vermögensberatung überwies noch im Februar 2010 einen stattlichen Betrag von Frankfurt am Main auf das Spendenkonto der CDU. Über die schöne Summe von 200.000 Euro konnten sich die Parteigenossen der Christlich Demokratischen Union freuen – zum vorerst letzten Mal. 2011 blieb diese Zahlung bisher aus. Quelle: obs

Dabei hat die SPD selbst regen Zulauf. Beim Parteitag im Dezember in Berlin drängten sich 1000 Lobbyisten. 48 kommerzielle Aussteller zahlten für die Standmiete 320 bis 350 Euro pro Quadratmeter. 430.000 Euro nahm die SPD so ein – ein Fünftel der Kosten von 2,1 Millionen Euro.

Die eigentlich lobbykritischen Grünen veranschlagen für einen Parteitag rund 450.000 Euro, davon kommt ein Drittel von Unternehmen und Verbänden. Die Rüstungsbranche und Atomkraft sind für die Alternativen tabu, die anderen durften 2011 in Kiel 275 Euro je Quadratmeter Stand berappen. Anders als die großen Parteien schenken die Ökos nur Tee und Kaffee aus, Essen muss jeder kaufen.

Eine Lounge für die Medienmeute bei solchen Treffen – mit kostenlosem Essen, Bar, Personal und technischem Schnickschnack – kalkuliert ein Sponsor bei den großen Parteien schnell mit 150.000 Euro. Autokonzerne wie BMW sind bei solchen Ausgaben bereits deutlich zurückhaltender als früher. Der Verband forschender Arzneimittelhersteller, finanziell gut ausgestattet, hat sich 2009 ganz von Parteitagen verabschiedet, „um Vorwürfen verdeckter Parteienfinanzierung zuvorzukommen“, heißt es dort.

Maß oft nicht gefunden

Nicht nur Politiker, auch Journalisten haben ihr Maß oft nicht gefunden. Viele lassen sich von Unternehmen und Parteien großzügig einladen. Manche nutzen Presserabatte bei der BahnCard und zum Telefonieren, kaufen Fenster oder Dachziegel zum Schnäppchenpreis.

Großzügig zeigen sich immer wieder die Autohersteller. Ob beim Bundespresseball, einer Nato-Tagung oder beim Weltwirtschaftsforum in Davos – die Limousinen von Audi, BMW und Mercedes stehen bereit. Die Branche lässt sich das Sponsoring etwas kosten: 100 Luxusautos samt Fahrer, die 24 Stunden am Tag abrufbar sind, verschlingen locker sechsstellige Beträge.

Produktplatzierung oder VIP-Karten

Das verdienen unsere Staatsdiener
Geschichts-Unterricht an einer Hauptschule Quelle: dpa
Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle und seine Richter haben eine schwierige Aufgabe vor sich: Sie sollen klären, ob Richter und Staatsanwälte in Deutschland genug verdienen. Das Verfahren am Bundesverfassungsgericht ist nicht nur heikel, es könnte auch Signalwirkung für andere Beamtengruppen haben. Bis 2006 wurden alle Richter und Staatsanwälte nach einem bundesweiten Tarif bezahlt. Im Rahmen der Föderalismusreform sind nun die Länder für die allermeisten Angehörigen dieser Berufsgruppen zuständig. Der Bund zahlt die Gehälter für die Bundesrichter und Bundesanwälte. Wie Beamte auch können Richter und Staatsanwälte ihr Gehalt nicht frei aushandeln. Sie haben zwar Privilegien, dürfen zum Beispiel aber nicht streiken. Das Grundgesetz schreibt daher vor, dass Beamte nach dem „Alimentationsprinzip“ bezahlt werden. Das heißt, ihr Dienstherr muss ihnen und ihrer Familie lebenslang einen angemessenen Lebensunterhalt garantieren. Was das ist, sagt das Grundgesetz aber nicht genau. In der Ordnung „R“ gibt es zehn Besoldungsgruppen, wobei die drei höchsten Stufen von einem Festgehalt ausgehen. Zwischen etwa 3.400 Euro und 11.300 Euro verdienen demnach Richter und Staatsanwälte zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen. Quelle: dapd
Allgemein gilt für deutsche Staatsdiener, dass sie so entlohnt werden sollen, dass sie wirtschaftlich unabhängig und entsprechend vor Bestechung und Korruption geschützt sind. Das ist mit dem sogenannten Alimentierungsprinzip in Artikel 3, Absatz 5, des Grundgesetzes festgeschrieben. Die Besoldungsbestimmungen sind in Bund und Bundesländern ähnlich, auch die Höhe der Besoldung. Angestellte von Bund und Kommunen können je nach Berufsbild mit einer Bezahlung ab 1900 Euro rechnen. Quelle: dpa
Professoren sind zum Teil in die Besoldungsordnung "W" einsortiert. Die Besoldungsgruppen W1 bis W3 bringen im Bund nach Angaben des Beamtenbundes dbb Grundgehälter von etwa 3.800 Euro bis 5.300 Euro brutto, in den Bundesländern selbst gibt es leichte Abweichungen. Darüber hinaus gibt es flexible Gehaltsbestandteile. Quelle: dpa
StudienratAls Studienrat erklimmt ein Lehrer einen wichtigen Schritt: Er ist dann nämlich von dem gehobenen in den höheren Dienst gewechselt. Die Eingruppierung in A13 bedeutet für ihn dann eine Bezahlung zwischen etwa 3.150 Euro und 4.300 Euro im Monat. Quelle: dpa
Im Ausland unterwegs und dort die deutschen Interessen vertreten: Ein Job im Auswärtigen Amt ist begehrt, der Posten als Botschafter ohnehin. Im höheren Dienst werden sie in den Besoldungsgruppen A15 bis B3 eingeordnet. Das bedeutet eine Bezahlung von etwa 4.700 Euro bis 6.600 Euro im Monat. Quelle: dpa
Der Job als Arzt ist aufreibend, gerade im Krankenhaus. Wenn es einer der „Götter in weiß“ dann aber mal bis zum Chefarzt gebracht hat, dann gibt es mit A14 eine Eingruppierung in den höheren Dienst. Zwischen etwa 3.300 Euro bis 4.700 Euro im Monat liegt dann der Verdienst. Quelle: dpa

Hinzu kommt eine Gebühr dafür, exklusiv den Fuhrpark stellen zu dürfen. Egal: „Unser VIP-Shuttle in Davos hat uns sehr geholfen, Image aufzubauen“, heißt es bei Audi. Autobauer vergleichen den Aufwand mit den Kosten klassischer Werbung.

Schwieriger wird die Revanche. In der Regel gibt der Veranstalter dem Autobauer die Möglichkeit zur Produktplatzierung und ein Kontingent von 30 oder 50 VIP-Karten für die exklusiven Veranstaltungen. Aber die Karten sind nicht erst seit der Wulff-Affäre schwer loszuschlagen. „Es lässt sich kaum jemand mehr einladen“, gibt ein BMW-Manager Einblick. „Mit der Wulff-Affäre haben sich die Maßstäbe erneut verschoben.“ BMW stellt sein gesamtes Kultur- und Sportsponsoring auf den Prüfstand.

Die Zeiten ändern sich. Dem Hobbyjäger Franz Josef Strauß wurde eine Mercedes-G-Klasse zur Verfügung gestellt. Bayerns Ministerpräsident zeigte sie ohne Hemmungen. Bedenkenlos wurde dem damaligen Verkehrsminister Matthias Wissmann freitags ein 300 SL Flügeltürer aus der historischen Sammlung von Mercedes vollgetankt vor die Tür gestellt – und am Montag mit leerem Tank abgeholt. Das riefe heute den Staatsanwalt auf den Plan.

Minister als Markenbotschafter

Zu Markenbotschaftern werden die Minister heute, wenn sie im Fond eines Audi, BMW oder Mercedes an TV-Kameras vorbeirauschen. Obwohl Ministerien und Behörden inzwischen fast alle strikte Beschaffungsrichtlinien haben, die die Motorleistung und den Kaufpreis meist in der gehobenen Mittelklasse ansiedeln, werden auch Staatssekretäre und Amtsleiter oft in Luxusautos gesichtet – vorzugsweise der Marke Audi.

Das Geheimnis: Inzwischen werden Behördenfahrzeuge geleast. Die Verträge lassen den Herstellern mehr Spielraum als beim Kauf, die Fahrzeuge den Richtlinien anzupassen. Dazu wird entweder die Ausstattung abgespeckt oder der Restwert sehr hoch angesetzt, berichtet ein Insider. Einen Audi A8 oder einen VW Phaeton gibt es dann für eine monatliche Leasingrate von 150 bis 250 Euro. Normalsterbliche müssten bei vergleichbarer Kilometerleistung 800 bis 1000 Euro zahlen.

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