Günstlingswirtschaft Die gesponserte Republik

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Produktplatzierung oder VIP-Karten

Das verdienen unsere Staatsdiener
Geschichts-Unterricht an einer Hauptschule Quelle: dpa
Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle und seine Richter haben eine schwierige Aufgabe vor sich: Sie sollen klären, ob Richter und Staatsanwälte in Deutschland genug verdienen. Das Verfahren am Bundesverfassungsgericht ist nicht nur heikel, es könnte auch Signalwirkung für andere Beamtengruppen haben. Bis 2006 wurden alle Richter und Staatsanwälte nach einem bundesweiten Tarif bezahlt. Im Rahmen der Föderalismusreform sind nun die Länder für die allermeisten Angehörigen dieser Berufsgruppen zuständig. Der Bund zahlt die Gehälter für die Bundesrichter und Bundesanwälte. Wie Beamte auch können Richter und Staatsanwälte ihr Gehalt nicht frei aushandeln. Sie haben zwar Privilegien, dürfen zum Beispiel aber nicht streiken. Das Grundgesetz schreibt daher vor, dass Beamte nach dem „Alimentationsprinzip“ bezahlt werden. Das heißt, ihr Dienstherr muss ihnen und ihrer Familie lebenslang einen angemessenen Lebensunterhalt garantieren. Was das ist, sagt das Grundgesetz aber nicht genau. In der Ordnung „R“ gibt es zehn Besoldungsgruppen, wobei die drei höchsten Stufen von einem Festgehalt ausgehen. Zwischen etwa 3.400 Euro und 11.300 Euro verdienen demnach Richter und Staatsanwälte zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen. Quelle: dapd
Allgemein gilt für deutsche Staatsdiener, dass sie so entlohnt werden sollen, dass sie wirtschaftlich unabhängig und entsprechend vor Bestechung und Korruption geschützt sind. Das ist mit dem sogenannten Alimentierungsprinzip in Artikel 3, Absatz 5, des Grundgesetzes festgeschrieben. Die Besoldungsbestimmungen sind in Bund und Bundesländern ähnlich, auch die Höhe der Besoldung. Angestellte von Bund und Kommunen können je nach Berufsbild mit einer Bezahlung ab 1900 Euro rechnen. Quelle: dpa
Professoren sind zum Teil in die Besoldungsordnung "W" einsortiert. Die Besoldungsgruppen W1 bis W3 bringen im Bund nach Angaben des Beamtenbundes dbb Grundgehälter von etwa 3.800 Euro bis 5.300 Euro brutto, in den Bundesländern selbst gibt es leichte Abweichungen. Darüber hinaus gibt es flexible Gehaltsbestandteile. Quelle: dpa
StudienratAls Studienrat erklimmt ein Lehrer einen wichtigen Schritt: Er ist dann nämlich von dem gehobenen in den höheren Dienst gewechselt. Die Eingruppierung in A13 bedeutet für ihn dann eine Bezahlung zwischen etwa 3.150 Euro und 4.300 Euro im Monat. Quelle: dpa
Im Ausland unterwegs und dort die deutschen Interessen vertreten: Ein Job im Auswärtigen Amt ist begehrt, der Posten als Botschafter ohnehin. Im höheren Dienst werden sie in den Besoldungsgruppen A15 bis B3 eingeordnet. Das bedeutet eine Bezahlung von etwa 4.700 Euro bis 6.600 Euro im Monat. Quelle: dpa
Der Job als Arzt ist aufreibend, gerade im Krankenhaus. Wenn es einer der „Götter in weiß“ dann aber mal bis zum Chefarzt gebracht hat, dann gibt es mit A14 eine Eingruppierung in den höheren Dienst. Zwischen etwa 3.300 Euro bis 4.700 Euro im Monat liegt dann der Verdienst. Quelle: dpa

Hinzu kommt eine Gebühr dafür, exklusiv den Fuhrpark stellen zu dürfen. Egal: „Unser VIP-Shuttle in Davos hat uns sehr geholfen, Image aufzubauen“, heißt es bei Audi. Autobauer vergleichen den Aufwand mit den Kosten klassischer Werbung.

Schwieriger wird die Revanche. In der Regel gibt der Veranstalter dem Autobauer die Möglichkeit zur Produktplatzierung und ein Kontingent von 30 oder 50 VIP-Karten für die exklusiven Veranstaltungen. Aber die Karten sind nicht erst seit der Wulff-Affäre schwer loszuschlagen. „Es lässt sich kaum jemand mehr einladen“, gibt ein BMW-Manager Einblick. „Mit der Wulff-Affäre haben sich die Maßstäbe erneut verschoben.“ BMW stellt sein gesamtes Kultur- und Sportsponsoring auf den Prüfstand.

Die Zeiten ändern sich. Dem Hobbyjäger Franz Josef Strauß wurde eine Mercedes-G-Klasse zur Verfügung gestellt. Bayerns Ministerpräsident zeigte sie ohne Hemmungen. Bedenkenlos wurde dem damaligen Verkehrsminister Matthias Wissmann freitags ein 300 SL Flügeltürer aus der historischen Sammlung von Mercedes vollgetankt vor die Tür gestellt – und am Montag mit leerem Tank abgeholt. Das riefe heute den Staatsanwalt auf den Plan.

Minister als Markenbotschafter

Zu Markenbotschaftern werden die Minister heute, wenn sie im Fond eines Audi, BMW oder Mercedes an TV-Kameras vorbeirauschen. Obwohl Ministerien und Behörden inzwischen fast alle strikte Beschaffungsrichtlinien haben, die die Motorleistung und den Kaufpreis meist in der gehobenen Mittelklasse ansiedeln, werden auch Staatssekretäre und Amtsleiter oft in Luxusautos gesichtet – vorzugsweise der Marke Audi.

Das Geheimnis: Inzwischen werden Behördenfahrzeuge geleast. Die Verträge lassen den Herstellern mehr Spielraum als beim Kauf, die Fahrzeuge den Richtlinien anzupassen. Dazu wird entweder die Ausstattung abgespeckt oder der Restwert sehr hoch angesetzt, berichtet ein Insider. Einen Audi A8 oder einen VW Phaeton gibt es dann für eine monatliche Leasingrate von 150 bis 250 Euro. Normalsterbliche müssten bei vergleichbarer Kilometerleistung 800 bis 1000 Euro zahlen.

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