Hartz-IV-Bildungspaket Von der Leyen will Antragsfristen verlängern

Das Bildungspaket für Kinder ist das Prestigeprojekt der Wirtschaftsministerin, doch die Hartz-IV-Empfänger interessieren sich kaum dafür. Nun will von der Leyen das Angebot mit einem bürokratischen Winkelzug retten.

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Kaum ein Hartz-IV-Empfänger hat bislang das Bildungspaket beantragt - trotzdem will Arbeitsministerin von der Leyen die Antragsfristen verlängern. Quelle: handelsblatt.com

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat sich für eine Verlängerung der Antragsfrist für Kostenerstattung beim Hartz-IV-Bildungspaket ausgesprochen. „Wir prüfen, wie wir das Gesetz jetzt ändern, damit wir die Frist zum Beispiel bis zum Sommer verlängern können“, sagte die CDU-Politikerin am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. Das Ganze dürfe nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden.    

Am Donnerstag will sich von der Leyen mit Vertretern von Ländern und Kommunen zu einem Runden Tisch treffen, um Anlaufschwierigkeiten beim Bildungspaket zu erörtern. Ende des Monats läuft eine erste Frist für Anträge auf rückwirkende Leistungen für die Zeit von Januar bis März aus. Erst zwei Prozent der Berechtigten sollen dafür nach einer Umfrage von „Spiegel Online“ in Großstädten Anträge gestellt haben.    

Von der Leyen sagte, es sei richtig, kein Bargeld auszuzahlen. Das würde im Konsum versickern, es würde den Kindern nicht zugute kommen. Man könne auch von den Eltern, die das Bildunspaket bekämen, verlangen, dass sie Eigeninitiative entwickelten und dafür sorgten, beispielsweise Lernförderung zu beantragen.    

Angesichts der mangelnden Akzeptanz für das Hartz-IV-Bildungspaket unterstützt auch die SPD eine Verlängerung der Antragsfrist. „Es spricht überhaupt nichts dagegen, die Frist großzügig zu verlängern“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“.  Bei dem Bildungspaket für bedürftige Kinder war es seit dem Start Anfang des Monats zu Problemen gekommen. Bis Ende April muss nach jetzigem Stand eine Erstattung der Kosten beantragt werden, die Hartz-IV-Empfängern von Januar bis März des Jahres für Leistungen entstanden sind.

Da das Bundesarbeitsministerium erst spät mit seiner Informationskampagne begonnen habe, sei eine Fristverlängerung gerechtfertigt, sagte Oppermann. Mit einem Runden Tisch kurz vor Ostern will Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Anlaufschwierigkeiten in den Griff bekommen. Die Ministerin will mit Vertretern der Länder und der kommunalen Spitzenverbände beraten. Der Runde Tisch soll voraussichtlich schon für Gründonnerstag einberufen werden, sagte eine Ministeriumssprecherin am Sonntag - nachdem das Treffen noch am Vortag erst nach Ostern geplant war.  

"Bildung darf keine Frage von Formularen sein"

Auch die FDP unterstützt eine längere Antragsfrist für rückwirkende Leistungen aus dem Bildungspaket. „Bildung darf keine Frage von Fristen und Formularen sein“, sagte FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger in Berlin. Eltern, die im ersten Quartal für ihre Kinder Leistungen in Anspruch genommen hätten, die im Bildungspaket vorgesehen seien, müssten diese auch nach dem 30. April noch abrechnen können. „Darum müssen wir Erwachsene uns kümmern. Denn Kinder führen keine Terminkalender“, bekräftigteHomburger.

Das Paket sieht Bildungshilfen für rund 2,5 Millionen bedürftige Kinder aus Hartz-IV-Familien, von Geringverdienern und Wohngeld-Empfängern vor. Dabei geht es um warmes Mittagessen in Schule oder Kita, Zuschüsse zu Schulmaterial, Mitgliedschaften in Sportvereinen, Klassenfahrten oder Wandertage, bei Bedarf auch um Nachhilfe-Unterricht und warme Mittagessen.

Schleswig-Holsteins Sozialminister Heiner Garg (FDP) warb am Wochenende für eine Fristverlängerung bis zum 30. Juni. Nachdem sich die Politik so lange Zeit mit der Hartz-Reform gelassen habe, dürfe man jetzt „von den Menschen nicht erwarten, dass innerhalb von vier Wochen alle Rechte in Anspruch genommen werden“. Die Informationskampagne sei erst vor wenigen Tagen angelaufen. „Ich finde, wir vergeben uns überhaupt nichts, und es verliert auch niemand sein Gesicht, wenn wir die Frist jetzt um acht Wochen verlängern und das kräftig bewerben“, sagte der Minister  

Eine Fristverlängerung bis „mindestens Ende Juni“ forderte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider. „Jeder, der sich jetzt über die geringe Nachfrage am Bildungspaket wundert, muss grenzenlos naiv sein“, sagte Schneider der „Süddeutschen Zeitung“. Die staatlichen Leistungen seien viel zu wenig bekannt.

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