Haushalt Schäubles Warnung an alle Wahlkämpfer

Wolfgang Schäuble hat den Haushaltsentwurf für 2018 vorgelegt. Der Finanzminister rechnet sich ärmer als er ist und hinterlässt der nächsten Regierung ein Milliardenloch. Dafür hat er einen guten Grund. Ein Kommentar.

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Damit die Wahlkampfversprechen nicht ins Unermessliche wachsen, hinterlässt Schäuble der nächsten Regierung ein Finanzloch von 4,9 Milliarden Euro. Quelle: Reuters

Berlin Bei seinem Haushaltsentwurf für das kommende Jahr hat Wolfgang Schäuble (CDU) getrickst. Dem Finanzminister ist das Kunststück gelungen, sich trotz Milliardenreserven ärmer zu rechnen als er tatsächlich ist. Zwar verzichtet er in dem Budgetplan auf neue Schulden. Aber er hinterlässt der nächsten Bundesregierung darin auch eine Finanzierungslücke von 4,9 Milliarden Euro. Wie diese geschlossen werden soll, müssen sich dann die Sieger der Bundestagswahl Ende des Jahres überlegen.

Schäuble hätte ihnen diese Arbeit ohne weiteres abnehmen können. Die knapp fünf Milliarden Euro hätte er in den Planungen durch ein paar geringere Ausgabensteigerungen und etwas optimistischere Einnahmeprognosen verschwinden lassen können – erst recht angesichts einer Reserve von 18,7 Milliarden Euro, die er mittlerweile angehäuft hat. Doch der Finanzminister wollte die Lücke offen lassen – und das durchaus aus gutem Grund.

Denn klar ist: Dieser Haushaltsentwurf wird aufgrund der Wahlen ohnehin so nie Realität. Aber er ist die finanzpolitische Basis, auf derer im kommenden halben Jahr Wahlkampf geführt wird. Und da ist ein Finanzloch von 4,9 Milliarden Euro eine angebrachte Warnung an alle Politiker, mit ihren Versprechen nicht zu übertreiben. Der CDU-Politiker Schäuble zielt dabei natürlich zuallererst auf den aufstrebenden SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Der wird sich fragen lassen müssen, wie er all seine sozialpolitischen Versprechen finanzieren will. Aber auch an seine Union richtet der Finanzminister eine Mahnung: Die Spielräume für Steuersenkungen seien begrenzt, er beziffert sie auf 15 Milliarden Euro.

Schon in den vergangenen Jahren hat Schäuble die Haushaltslage regelmäßig schlechter gezeichnet, als sie tatsächlich war. Das gehört zum Handwerk eines Finanzministers. Und immerhin: So ist es ihm gelungen, eine ganze Legislaturperiode ohne neue Schulden auszukommen. Dieses Jahr wird der vierte Bundeshaushalt ohne Defizit in Folge. Und wenn es nach Schäuble geht, soll sich daran bis 2021 nichts ändern.

So erfreulich es wäre, wenn der schuldenfreie Etat zum Normalzustand werden würde – ein Selbstläufer ist das nicht. Denn zur Wahrheit gehört auch: Schäuble hatte in den vergangenen Jahren Glück, viel Glück. Die gute Konjunktur und damit die niedrige Arbeitslosigkeit halfen ihm genauso wie die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Schäubles Ausgaben für den Schuldendienst haben sich halbiert. Gleichzeitig stiegen die Einnahmen.

Um die schwarze Null haben sich nämlich vor allem die Steuerzahler verdient gemacht. Entlastungen gab es für sie nur in homöopathischer Dosis. Das muss sich ändern. Eine Steuersenkung ist überfällig. Das bedeutet aber auch: Große Ausgabensteigerungen hätten sich dann erledigt – zumindest, wenn nicht an anderer Stelle gekürzt wird.

Das ist das Gute an Schäubles Haushaltsplan 2018 und der Finanzlücke von 4,9 Milliarden Euro: Das Zahlenwerk macht deutlich, dass nicht alle Wahlversprechen beliebig kombinierbar sind: teure Wohltaten, Steuersenkungen und ein schuldenfreier Haushalt. Die Parteien müssen Prioritäten setzen, zumindest wenn sie es ehrlich meinen. Und der Bürger hat dann die Wahl.

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