Bundesjustizminister Heiko Maas sieht durch die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union infrage gestellt.
"Die Festnahme kritischer Journalisten ist mit unserem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit nicht vereinbar", schrieb der Minister in einem Reuters am Freitag vorliegenden Brief an seinen türkischen Kollegen Bekir Bozdag. "Wenn sich die Türkei nicht an die europäischen Grundwerte hält, wird eine Annäherung an die Europäische Union immer schwieriger bis unmöglich."
Maas hatte Bozdag am Donnerstag zu einem Treffen eingeladen, das der türkische Minister jedoch absagte, nachdem die Gaggenauer Stadtverwaltung eine mit ihm geplante Wahlkampfkundgebung aus Sicherheitsgründen abgesagt hatte. In seinem Brief äußert Maas "große Sorge" um die deutsch-türkische Freundschaft und bedauert, dass es nicht zu dem Gespräch gekommen sei.
Die Untersuchungshaft für Yücel habe ihn erschüttert und seine Sorgen um Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit verstärkt, schrieb Maas. Er verwies auf die Verhaftung zahlloser Journalisten, Richter und Rechtsanwälte seit dem gescheiterten Militärputsch vom vergangenen Juli und erklärte: "Zu Verurteilungen nach einem fairen Verfahren wegen konkreter Straftaten ist es bislang kaum gekommen." Für jeden Rechtsstaat seien aber freie Presse, unabhängige Richter und freie Anwälte unverzichtbar.