Altkanzler Helmut Kohl hat sich mit seiner Forderung nach fünf Millionen Euro Schadenersatz gegen seinen ehemaligen Memoiren-Mitautor nicht auf Anhieb durchsetzen können. Das Landgericht Köln entschied am Donnerstag, dass das Verfahren noch weitergeht, die nächste mündliche Verhandlung ist am 8. Dezember. Der Vorsitzende Richter Martin Koepsel wiederholte zwar, dass das Gericht einen Anspruch Kohls auf Schadenersatz sieht, weil sein Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei. Zur geforderten Höhe von fünf Millionen Euro – dies wäre eine Rekordsumme - sollen Kohls Anwälte jedoch weitere Informationen liefern.
In dem Verfahren geht es um das Buch „Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle“ von Heribert Schwan und Tilman Jens. Die beiden Autoren veröffentlichten darin eigenmächtig Zitate aus Gesprächen, die Schwan vor vielen Jahren als Ghostwriter von Kohls Memoiren mit ihm geführt hatte. Gegen dieses Vorgehen hat Kohl geklagt und vor Gericht mehrfach Recht bekommen.
Die Anwälte der Autoren und des Heyne-Verlags aus der Verlagsgruppe Random House sprachen nach der Zwischenentscheidung von einem „Etappensieg“. Ursprünglich habe das Gericht schon an diesem Donnerstag ein Urteil verkünden wollen, doch nun werde es sich eingehender mit den Argumenten der Autoren und des Verlags befassen müssen, sagte Rechtsanwalt Roger Mann. An der Veröffentlichung der Äußerungen Kohls gebe es „ein berechtigtes öffentliches und historisches Interesse“. Die Klage auf ein Rekord-Schmerzensgeld bezeichnete Mann als „Einschüchterungsversuch“.
Chronik des Rechtsstreits zwischen Kohl und Schwan
Altkanzler Helmut Kohl (CDU) und der Journalist Heribert Schwan streiten erbittert vor Gericht. Es geht um ein Buch Schwans, in dem Kohl mit pikanten Äußerungen zitiert wird. Das Verfahren ist verworren. Ein Überblick.
Helmut Kohl redet über 600 Stunden lang mit Heribert Schwan über sein Leben. Der Journalist schneidet die Gespräche mit und verfasst drei Memoirenbände für Kohl. Bevor der vierte und letzte Band erscheint, zerstreiten sich die beiden jedoch.
Das Oberlandesgericht Köln entscheidet, dass die 200 Tonbänder Eigentum von Kohl sind. Schwan legt Revision ein.
Schwan veröffentlicht mit Mitautor Tilman Jens das Buch „Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle“ im Heyne-Verlag. Kohl will das Buch per einstweiliger Verfügung verhindern, scheitert aber zunächst vor dem Landgericht Köln. Kohls Anwälte stellen daraufhin Antrag auf Unterlassung von über 100 Zitaten. Zudem verlangen sie die Herausgabe aller Kopien und Abschriften der Tonbänder.
Kohl hat nun doch in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Köln Erfolg. Schwan darf die meisten der umstrittenen Zitate des Altkanzlers nicht mehr verwenden, der Heyne-Verlag darf das Buch nicht mehr ausliefern.
Das Oberlandesgericht Köln bestätigt das Urteil aus dem November und weitet das Verbot auf alle beanstandeten Textstellen aus.
Auch der Bundesgerichtshof entscheidet als letzte Instanz, dass die Tonbänder Kohl gehören.
Kohl verklagt Schwan, Jens und den Heyne-Verlag auf fünf Millionen Euro Schmerzensgeld. Zudem verlangt er die Herausgabe aller Kopien der Tonbänder.
Schwan und Jens wurden vom Gericht aufgefordert, eine vollständige Abschrift und eine digitalisierte Kopie der Kassetten vorzulegen, auf denen Schwan seine Gespräche mit Kohl aufgenommen hatte. Kohl fordert die Herausgabe aller Kopien der Kassetten. Die Originalbänder musste Schwan ihm schon aushändigen.
Kohl hatte die Gespräche 2001 und 2002 mit Schwan geführt, damit der Journalist auf dieser Grundlage seine Memoiren verfassen konnte. Bevor der vierte und letzte Band erscheinen konnte, zerstritten sich die beiden. Später veröffentlichte Schwan ohne Absprache mit dem Altkanzler die „Kohl-Protokolle“ mit pikanten Äußerungen von ihm über viele andere Politiker. Das Buch wurde ein Bestseller. Allerdings konnte Kohl es schließlich mit einer Einstweiligen Verfügung stoppen.