Höchstgrenze für Barzahlungen Festhalten an Bargeld ist mittelalterlich

Das Bargeld muss schrittweise abgeschafft werden, um die Schattenwirtschaft in den Griff zu bekommen, sagt Korruptionsexperte Peter Fissenewert. Wer nicht auf die geliebten Scheine verzichten kann, bleibe im Mittelalter hängen. Ein Interview.

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Gehört das Zahlen mit Bargeld bald der Vergangenheit an? Quelle: dpa

Die Bundesregierung will eine Obergrenze von 5000 Euro für Barzahlungen einführen. In großen Teilen Europas, unter anderem in Frankreich, Spanien und Österreich, gibt es das bereits. Peter Fissenewert, Professor für Wirtschaftsrecht und Rechtsanwalt ist Deutschlands Spezialist für Korruptionsbekämpfung und Compliance. Ihm geht die Obergrenze noch nicht weit genug: Er plädiert für ein Maximum von 1000 Euro bei Barzahlungen und eine schrittweise Abschaffung des Bargelds.

Zur Person

WirtschaftsWoche Online: Zahlen Sie eigentlich lieber bar oder mit Karte?

Peter Fissenewert: Ich zahle lieber mit Karte. Das ist einfach und übersichtlich. Ich kann perfekt trennen nach privaten und geschäftlich veranlassten Ausgaben und meine Brieftasche ist „schlanker“.

Fissenewert Quelle: PR

Sie halten die Abschaffung des Bargelds für eine gute Idee, warum?

Es ist sogar eine sehr gute Idee. Das Bargeld sollte aber nicht sofort, sondern nach und nach abgeschafft werden. Das wird helfen, Kriminalität wenn nicht abzuschaffen, so doch erheblich einzudämmen Deutschland hat zum Beispiel ein großes Problem mit der Schattenwirtschaft und einer Parallelgesellschaft, deren Überleben von großen Mengen Bargeld gesichert werden. Mit einer Abschaffung können also nicht nur Terrorakte vermieden werden, sondern auch Drogen- und Kleinkriminalität.


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Eine Mehrheit der Deutschen will aber nicht auf das Bargeld verzichten…

… natürlich tun wir uns schwer. Aber wollen wir im Mittelalter hängen bleiben? Die nächsten zehn Jahre – und das ist sehr ein langer Zeitraum – werden darüber entscheiden, ob wir uns der Digitalisierung anpassen oder weiter hinterher hängen. Das bargeldlose Zahlen bedeutet ja keineswegs, dass alle Transaktionen „überwacht“ werden.

Gleichzeitig will die Bundesregierung eine Obergrenze von 5000 Euro für Barzahlungen einführen. Reicht Ihnen das?

Das ist noch viel zu viel. Jedes Jahr werden in Deutschland rund 100 Milliarden Euro durch den Kauf von teurem Schmuck, Immobilien oder Kunst gewaschen. Es reicht doch völlig, wenn die Bargeldgrenze bei 1000 Euro liegt. Warum muss ich mit soviel Bargeld bezahlen wollen?

"Warum muss ich ein Auto bar bezahlen?"

Beim Autokauf oder auch bei der Kaution für eine Wohnung oder ein Haus braucht man aber doch mal höhere Summen.

Warum muss ich ein Auto bar bezahlen? Weil ich Angst habe, dass mein Vertragspartner nicht seriös ist? Will ich Steuern sparen, Geld waschen? – und auch die Kaution kann man überweisen. Es kann doch nicht gut sein, wenn Geldbündel mit so hohen Summen, die Besitzer wechseln. Und gerade im Immobilienbereich oder beim Kunsthandel wird doch besonders viel Geld gewaschen. Das können wir nicht dulden.

Wer profitiert davon, wenn das Bargeld abgeschafft wird?

Es ist sicher zutreffend, dass in erster Linie die Banken profitieren werden, die ja hörbar unter der finanziellen Last des Bargeldverkehrs stöhnen. Das ist mir hier aber egal. Die Bürger werden profitieren, weil die Kriminalität eingedämmt wird. Die „German Angst“ ist überall und blockiert uns. Wir haben Angst vor Terror, wollen aber keinen Millimeter Bequemlichkeit preisgeben, wenn es um die Bekämpfung der Kriminalität geht. Kein Argument ist im Moment schlecht genug, um gegen die Abschaffung zu wettern. Steuern und Rundfunkgebühren kann man schon längst nicht mehr in bar bezahlen.

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Was muss sich ändern?

Die Sicherheit des Bürgers beim bargeldlosen Zahlungsverkehr muss verbessert werden. Ich verstehe die Angst der Menschen davor, dass sie durch Online-Transaktionen zum gläsernen Bürger werden, weil plötzliche jede Geldbewegung sichtbar sein könnte – und sie so ihre Freiheit verlieren, ihr Geld selbstbestimmt und unbeobachtet auszugeben. 

Wie soll das gehen?

Das (digitale) Geld muss bei der Bank ebenso sicher sein, wie Bargeld, eher noch sicherer. Auch die vermutete Möglichkeit, automatisch Negativzinsen erheben zu können, ist ohnehin Unsinn, sollte aber in jedem Fall eingedämmt sein. Der Bürger muss mit digitaler Währung auch verfassungsrechtlich dem Bargeld mindestens gleichgestellt sein.

Wie kann gerade der Datenschutz und die Cybersicherheit also verbessert werden?

Der Datenschutz und Schutz vor Cyberkriminalität muss erheblich verbessert werden. Aber das ist ja nicht neu. Selbst unser Verhalten bei Bargeld ist doch schon nachvollziehbar. Wenn ich spätabends noch Bargeld aus dem Automaten hole, ist doch die Wahrscheinlichkeit, dass ich dieses Geld in einem Restaurant oder einer Bar ausgebe relativ hoch. Und egal, ob ich in bar oder mit der Karte an der Tankstelle oder im Restaurant bezahle, steht auf dem Beleg, den ich in der Buchhaltung, Finanzamt oder an anderen Stellen einreiche, wo ich das Geld ausgegeben habe. Bin ich also nur bei Schwarzgeld sicher? 

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