Höherer Satz für Milch und Fleisch gefordert Mehrwertsteuer-Aufschlag für Aufschnitt?

Das Umweltbundesamt hat vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer auf Tierprodukte wie Milch und Fleisch zu erhöhen. Umweltministerin Hendricks hält davon nichts. Doch die Opposition fordert den Abbau schädlicher Subventionen.

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Die SPD-Politikerin hält nichts davon, die Mehrwertsteuer für tierische Produkte zu erhöhen. Quelle: dpa

Berlin Themen rund um das Thema Ernährung haben gerade Hochkonjunktur. Es fing damit an, dass Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) forderte, Begriffe wie „vegetarisches Schnitzel“ oder „vegane Currywurst“ wegen Irreführung zu verbieten. Dann forderte er, in Kantinen von Schulen und Kindergärten regelmäßig Schweinefleisch anzubieten. Er kündigte Maßnahmen zum Tierwohl und zur Ernährungsbildung an.

Jetzt verlangte Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA), tierische Nahrungsmittel sollten künftig mit 19 Prozent statt mit 7 Prozent besteuert werden – wurde aber von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) gestoppt. „Das sind Vorschläge des Umweltbundesamtes, nicht die des Umweltministeriums“, sagte Hendricks der „Rheinischen Post“. „Von einigen Einzelmaßnahmen, die enthalten sind, halte ich nichts.“ Auch Landwirtschaftsminister Christian Schmidt wies die Forderung nach höheren Fleisch- oder Milchsteuern für den Klimaschutz zurück. „Ich will den Bürgern nicht durch Strafsteuern vorschreiben, was auf den Tisch kommt“, sagte der CSU-Politiker am Donnerstag als Reaktion auf den Vorschlag des Umweltbundesamtes.

Das Umweltbundesamt, immerhin eine dem Bundesministerium untergeordnete Behörde, hatte einen Ausgleich für die Bürger vorgeschlagen: Die durch die höhere Mehrwertsteuer entstehenden zusätzlichen Steuereinnahmen von rund 5,2 Milliarden Euro könnte der Staat verwenden, um den ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu senken.

Die Umweltorganisation Greenpeace begrüßte die Idee: „Wenn wir den Klimawandel bekämpfen wollen, darf die Bundesregierung seine Ursachen nicht gleichzeitig mit Steuermilliarden fördern“, sagte Greenpeace-Energieexperte Tobias Austrup. Steuergeschenke für billiges Fleisch, staatliche Subventionen für die Kohleindustrie und Milliardenhilfen für Dieselfahrer vertuschten die wahren Kosten und gehörten abgeschafft, so Austrup weiter.

Bei den Grünen stieß der Vorstoß auf Vorbehalte – sie haben aus ihren Erfahrungen aus der Forderung eines Veggie Days gelernt, dass staatliche Bevormundung schlecht beim Wähler ankommt. „Wir sollten bei den Nahrungsmitteln und der Frage von Klimaschutz bei den Produktionsbedingungen ansetzen – nicht das Verhalten von Verbrauchern über die Mehrwertsteuer steuern“, sagte Thomas Gambke, Grünen-Mittelstandsbeauftragter. Die Mehrwertsteuerermäßigung für Lebensmittel, also auch für Fleisch- und Milchprodukte, solle einen sozialen Zweck erfüllen. Lebensmittel sollten auch für Niedrigverdiener erschwinglich sein.

Der Fraktions-Vize der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer, forderte statt einer Erhöhung der Mehrwertsteuer den Abbau umweltschädlicher Subventionen. Mit 57 Milliarden Euro subventioniere die Bundesregierung Umweltzerstörung. In Sonntagsreden und auf internationalen Konferenzen fordere die Bundesregierung die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen, „zu Hause tut sie nichts dagegen“. Dabei hätte ein Abbau einen doppelten positiven Effekt: Geld der Steuerzahler werde eingespart und die Folgekosten für Umwelt- und Gesundheitsschäden fielen nicht an. Wer das Pariser Klimaabkommen unterschreibe, müsse auch die staatliche Subventionierung von Klima- und Umweltzerstörung beenden.

Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) wies die Forderung nach einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zurück. Zusätzliche Steuern auf bestimmte Lebensmittel seien ungeeignet, um eine ressourcenschonende Wirtschaftsweise zu fördern, hieß es in einer Stellungnahme. Mehr Nachhaltigkeit erreiche man nur durch Produkt- und Prozessinnovationen sowie Effizienzsteigerungen entlang der gesamten Lebensmittelkette. „Neue Steuern führen letztlich nur zur Verteuerung der Produkte, Marktverzerrungen und mehr Bürokratie“, sagte BVE-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff.

Fleisch ist für die Mehrheit der Deutschen ein fester Bestandteil der Ernährung – sei es per Schinkenbrot, Spaghetti Bolognese oder Frikadelle – führt aber immer wieder zu hitzigen Debatten. Ernährungsforscher betonen negative Auswirkungen auf die Gesundheit, Umweltschützer kritisieren negative Auswirkungen auf die Umwelt. Fleischproduktion ist nicht nur extrem wasserintensiv, viele Tiere wie Rinder geben auch die klimaschädlichen Gase Methan und Lachgas an die Atmosphäre ab.

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