Interview Peer Steinbrück "Die CDU klebt nur Etiketten"

Wieso sollte Peer Steinbrück die Wahl gewinnen? Weil die Leute mehr Wir als Ich wollen, erklärt er im Interview. Bliebe nur das Problem mit den Frauen.

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SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück im Interview Quelle: dpa

Zeit Online: Herr Steinbrück, die Eurokrise ist zurück. Wie soll es in Zypern weitergehen?

Peer Steinbrück: Es ist gut, dass die Zyprer ihr Geschäftsmodell offenbar ändern wollen, denn es funktioniert nicht. Das Land kann nicht auf Dauer von Millionärseinlagen, niedrigen Steuern und lockenden, hohen Zinsen leben. Ihre Banken müssen schrumpfen. Deren Risiken dürfen am Ende nicht bei deutschen, niederländischen und französischen Steuerzahlern landen.

Zypern hat mit den Russen auch um Beteiligungen an seinen Gasvorkommen verhandelt. Macht Ihnen der wachsende Einfluss Russlands Sorgen?

Ich will nicht an Vorurteilen mitwirken. Zypern muss sich allerdings entscheiden, ob sein Schwerpunkt innerhalb der EU und der Währungsunion liegt. Das Verhandlungsergebnis von Montag scheint darauf einen Hinweis zu geben.

Steinbrücks Vorschläge zur Bändigung der Finanzmärkte (2012)

Russland tritt auch im Syrienkrieg als schwer berechenbarer Akteur auf. Was werden die Russen für Europa in den nächsten Jahren sein: Partner oder Rivale?

Auf jeden Fall Partner, dessen Interessen wir gut kennen und berücksichtigen sollten. Dabei ist einzugestehen, dass unsere westlichen Maßstäbe pluraler Demokratie nicht unmittelbar auf Russland übertragbar sind.

Sollte man die Russen etwa nicht auf Demokratiedefizite und Menschenrechtsverletzungen hinweisen?

Zweifellos. Aber in bilateralen Gesprächen und nicht auf dem Marktplatz. Sonst verspielt man Zugänge, um praktische Fortschritte zu bewirken.

Die Eurokrise ist auch zurück im Wahlkampf. Wir finden, das Thema liegt Ihnen besser als soziale Gerechtigkeit.

Einspruch. Ich spüre auf meinen Veranstaltungen, dass die Leute zu allen Themen aufmerksam zuhören. Faire Löhne, Renten, bezahlbares Wohnen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, insbesondere für Frauen – das brennt den Menschen auf den Nägeln. Der beste Beleg dafür ist: Auch die Union entdeckt diese Themen und versucht sich auf unserem Spielfeld.

Steinbrücks Positionen

Wohl eher ein Problem. Es reicht doch nicht, der Erste gewesen zu sein, der den Mindestlohn gefordert hat.

Das würde stimmen, wenn das Bemühen der Union ernsthaft wäre. Aber die CDU klebt nur Etiketten, in den Flaschen ist dann aber nichts drin. Statt eines flächendeckenden Mindestlohns kommen die mit einer unklaren Lohnuntergrenze, die viele Betroffene gar nicht erreicht. Da soll rechtzeitig vor der Wahl der Anschein von Handeln vermittelt werden, ohne eine Lösung zu liefern. Die letzten ergebnislosen Koalitionsausschüsse, die sich unter der Leitung von Frau Merkel nur noch mit drittklassigen Themen befasst haben, sprechen Bände.

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