IQB-Bildungstrend 2016 Die große Bildungsaufgabe kommt erst noch

Deutschlands Viertklässler sind schlechter in Mathe und zum Teil auch in Deutsch als vor fünf Jahren. Das ist kein gutes Signal für die immense Herausforderung, die noch bevorsteht: die Integration von Flüchtlingskindern.

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Die Viertklässler hierzulande schnitten in dem Fach vor fünf Jahren besser ab als heute. Quelle: dpa

Düsseldorf Wirklich Mut machen die Ergebnisse ja nicht: Nur etwas mehr als die Hälfte der Viertklässler hierzulande erreicht den Regelstandard beim Schreiben, etwa zwei Drittel schaffen das beim Lesen und Zuhören. In Mathematik haben nur 62 Prozent der Viertklässler die Kompetenzen, die sie in der vierten Klasse regulär haben sollten. Vor fünf Jahren waren es noch einige mehr.

Die Ergebnisse des aktuellen IQB-Bildungstrends 2016, der die Leistungen von knapp 30.000 Viertklässlern bundesweit in Mathematik und Deutsch gemessen hat, lassen erahnen, vor welchen Herausforderungen die Schulen stehen. Dass die Resultate in vielen Bundesländern sogar schlechter sind als vor fünf Jahren begründen die Kultusminister der Länder auch damit, dass immer mehr Schüler mit Behinderungen und immer mehr Kinder aus Migrantenfamilien in den Grundschulklassen lernen und sich die Zusammensetzung daher enorm verändert hat. Dabei bildet der Test noch nicht einmal die ganze Realität ab. Denn getestet wurden von Mai bis Juli 2016 in der Regel nur die Kinder, bis dahin schon seit mindestens einem Jahr Deutsch gelernt hatten. Die Mehrheit der hunderttausenden Flüchtlingskinder hat also gar nicht mitgemacht.  

Wenn schon jetzt die Ergebnisse abfallen, müsste also einiges geschehen, um die Kinder aus neu zugewanderten Familien gut ins Schulsystem zu integrieren. Denn die Bedingungen an vielen Grundschulen sind oft alle andere als ideal. In vielen Ländern gilt: In keiner anderen Schulform unterrichten die Pädagogen so viele Stunden wie an den Grundschulen. Oft stehen sie allein vor Klassen, in denen heute auch immer eine Handvoll oder mehr Kinder lernen, die eine Behinderung haben oder auffällig sind und eine spezielle Förderung brauchen. Hinzu kommt: Fast überall verdienen sie weniger als die Kollegen an Gymnasien, obwohl das Studium heute in der Regel genauso lange dauert, der Beruf höchst anspruchsvoll ist und man auch den Lärmpegel erst einmal aushalten können muss. Immerhin: Berlin hat die Bezahlung gerade geändert, auch weil vor allem den Grundschulen des Stadtstaates die Lehrer fehlen.

Berliner Schüler schneiden im Test denn auch nicht sehr gut ab. Neben Bremen ist Berlin eines der Bundesländer, in denen der Anteil von Viertklässlern, die im Lesen, Zuhören, in Orthografie und Mathematik nicht einmal den Mindeststandard erreichen, besonders hoch ist. 28 Prozent der Berliner Schüler und 35 Prozent der Bremer schaffen in Mathe die Mindestanforderungen nicht, in Orthografie sind es sogar 34 und 40 Prozent. Dass diese Schüler erfolgreich die Schule beenden, ist alles andere als wahrscheinlich.

Denn Studien haben gezeigt: Kinder, die schon mit Defiziten eingeschult werden, schaffen es während ihrer Schulzeit meist nicht zu den Mitschülern aufzuschließen. Im Gegenteil: Oft werden ihre Defizite noch größer. Die Kultusministerkonferenz, das Gremium der Bildungsminister der 16 Länder und Auftraggeber der IQB-Studie, folgert daraus, dass die Sprachförderung enorm wichtig ist – nicht nur für Kinder aus Zuwandererfamilien.

Doch das kostet Geld, das viele Bundesländer nicht investieren können oder wollen.

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