Erleichterung schwingt in diesen Worten mit: „Eine neue Ära der Luftverteidigung hat begonnen“, schrieb der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow in der Nacht zu Mittwoch auf Twitter. Dann dankte er Deutschlands Verteidigungsministerin Christine Lambrecht für ihre Unterstützung (SPD).
Der Anlass: Kurz nach den neuen Raketenangriffen Russlands auf Dutzende ukrainische Städte hat Deutschland das Flugabwehrsystem Iris-T SLM an das Land übergeben. Damit stellt die Bundesrepublik sein modernstes und im Prinzip auch teuerstes Luftabwehrsystem zur Verfügung.
Iris-T: Was kann das System?
Es gibt mehrere Versionen des Infra Red Imaging System Tail/Thrust Vector-Controlled genannten Raketenprogramms. Die einfachste Form ist eine drei Meter lange Luft-Luft-Rakete. Mit der Lenkwaffe können Kampfflugzeuge wie der Eurofighter andere Jets oder auch Raketen bekämpfen. Weil die Waffe ihr Ziel selbstständig sucht und verfolgt, ohne dass der Pilot sie nachsteuern muss, kann sie jeder Jet quasi aus der Deckung abfeuern.
Später folgte eine leistungsgesteigerte Variante als Teil eines Iris-T-SLS und später -SLM genannten kompletten Verteidigungssystems mit einem 360-Grad-Radar, Bedienzentrum und Abschussgerät. Es kann vom Boden aus Kampfjets, Hubschrauber, Drohnen und Lenkflugkörper mit Ausnahme von ballistischen Raketen in bis zu 40 Kilometern Umkreis abschießen. Dazu ist es relativ flexibel, weil es sich verhältnismäßig leicht transportieren und auf vielen Fahrzeugtypen montieren lässt.
Deutschland will Kiew zunächst vier der jeweils 140 Millionen Euro teuren Systeme dieses bodengestützten Typs von Iris-T zur Verfügung stellen, die Finanzierung von drei weiteren ist gesichert.
Wann und von wem gebaut?
Entwickelt hat Iris-T ab den 90er-Jahren eine heutige Tochter des Nürnberger Diehl-Konzerns. Das Unternehmen arbeitet derzeit mit dem Rüstungselektroniker Hensoldt an einer besseren Version mit deutlich größerer Reichweite. Die ersten Flugzeugraketen kamen 2005 zur Luftwaffe. Das SLM-System folgte ab 2014. Die deutsche Luftwaffe nutzt bisher aber lediglich die einfache Rakete. Das komplette System war bislang nur in Norwegen, Schweden und Ägypten im Einsatz.
Was bringt es der Ukraine?
Die Iris-T-Rakete ist gerade in der neueren Version ein effektives Mittel gegen Flugzeuge und einfachere Lenkwaffen. Eines dieser Systeme kann eine mittlere Großstadt wie Nürnberg oder Hannover schützen. Iris-T SLM kann auf Ziele mit maximal 20 Kilometern Flughöhe und mit 40 Kilometer Reichweite feuern. Es wird also eine Art Schutzschirm über eine große Fläche gespannt. „Besonders die bodengebundene Luftverteidigung ist in der Lage, Räume über längere Zeit dauerhaft zu schützen“, schreibt der Hersteller. Dieser Schutz wird gebraucht: Zuletzt hatte Russland seine Angriffe auf ukrainische Städte wieder massiv erhöht.
Wie wurden die ukrainischen Soldaten geschult?
Ukrainische Soldaten wurden in Deutschland schon am Waffensystem ausgebildet. Die Industrie übernahm die technische Betreuung. Spezialisten der Luftwaffe übernahmen das taktische Training.
Lesen Sie auch: Die aktuelle Lage im Ukraine-Krieg
Mit Material von dpa