Islamischer Staat BKA gelangt an Personalbögen von IS-Kämpfern

Der IS legt offenbar wert auf Bürokratie: Neuankömmlinge der Terrormiliz müssen Namen, Herkunftsort und „Dschihad“-Erfahrung in Fragebögen angeben. Nun sind die Dokumente in die Hände deutscher Ermittler gelangt.

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Ausländische Kämpfer müssen in einer Art Personalbogen ausführlich Angaben zu ihrer Person und ihren Qualifikationen machen. Quelle: AP

München/Berlin Dem Bundeskriminalamt liegen brisante Papiere vor, die aus dem Inneren der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kommen sollen und Informationen zu deutschen Kämpfern enthalten. Das berichteten am Montag die „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR. Das Material soll aus Befragungen von IS-Anhängern stammen – nach der Einreise in das von der Terrororganisation beherrschte Gebiet in Syrien. Ausländische Kämpfer müssen demnach beim IS in einer Art Personalbogen ausführlich Angaben zu ihrer Person und ihren Qualifikationen machen. Ein BKA-Sprecher bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass seiner Behörde derartige Papiere vorliegen - und dass die Experten sie für echt halten. Das Material soll nun bei Ermittlungen und der Strafverfolgung helfen.

„Wir gehen davon aus, dass es sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um echte Dokumente handelt“, sagte der BKA-Sprecher der dpa. „Wir nutzen diese nun zur Strafverfolgung und für gefahrenabwehrende Maßnahmen.“ Zu Details äußerte er sich nicht. Auch welchen Umfang das Material insgesamt hat und auf welchem Weg das BKA an die Papiere gekommen ist, ließ er offen. Aus anderen Sicherheitskreisen hieß es ebenfalls, das Material sei vermutlich authentisch und könne für die weitere Arbeit sehr wertvoll sein.

Der „Süddeutsche Zeitung“, dem NDR und WDR liegen nach eigenen Angaben selbst mehrere Dutzend solcher als geheim eingestufter Dokumente des IS vor. Die Medien berichteten, jeder IS-Freiwillige müsse der Terrormiliz gegenüber Angaben zu 23 Fragen machen. Neben dem Namen, Kampfnamen und vorherigem Wohnort würden zum Beispiel auch Informationen zu Schleusern, Angehörigen, religiöser Bildung und „Dschihad“-Erfahrung abgefragt. Die Einreisenden könnten zudem angeben, ob sie beispielsweise als Kämpfer oder Selbstmordattentäter eingesetzt werden wollten.

In dem Bericht hieß es weiter, die Dokumente seien offenbar Teil eines größeren Datenlecks, das Tausende solcher Personalbögen umfassen soll und inzwischen zumindest in Teilen verschiedenen Sicherheitsbehörden bekannt sei. Aus den Unterlagen ergebe sich auch, welche Deutschen beim IS offenbar besonderen Einfluss hätten.

Die Materialsammlung könnte helfen, neue Ermittlungen gegen IS-Anhänger aus Deutschland aufzunehmen oder bisherige Ermittlungen oder Anklagen auszuweiten. Bislang haben die Ermittler oft Mühe, Verdächtigen die Mitgliedschaft beim IS nachzuweisen. Laut Bericht von „SZ“, NDR und WDR finden sich in den Dokumenten auch Namen von Islamisten, die nach ihrer Rückkehr nach Deutschland bisher unbehelligt blieben – sie hatten demnach bisher abgestritten, beim IS gewesen zu sein.

Nach Erkenntnissen der deutschen Sicherheitsbehörden sind bislang insgesamt mehr als 800 Islamisten aus Deutschland in das Kampfgebiet nach Syrien und in den Irak ausgereist, rund 20 Prozent davon Frauen. Etwa 130 dieser Islamisten sind bislang in den Kampfgebieten ums Leben gekommen. Ein Drittel der Ausgereisten ist dagegen inzwischen wieder zurück in Deutschland. Etwa 70 der Rückkehrer sollen Kampferfahrung haben.

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