Die Kosten der Energiewende belaufen sich für die Stromkunden auf 28 Milliarden Euro pro Jahr. Ein Haushalt mit einem Stromverbrauch von 3500 Kilowattstunden zahlt somit 270 Euro im Jahr für die Umsetzung der Energiewende. Zu diesem Ergebnis kommen Berechnungen des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) für das Handelsblatt. Die Berechnungen beinhalten neben den Kosten für die Förderung der erneuerbaren Energien auch die durch die Energiewende verursachten Kosten des Netzausbaus. Auch die jüngsten Beschlüsse zur zusätzlichen Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und zum Aufbau einer Kapazitätsreserve sind berücksichtigt.
Deutschlands Energieriesen im Vergleich
Mit über 122 Milliarden Euro Umsatz und weltweiten Kapazitäten zur Stromerzeugung von 61 Gigawatt im Jahr 2013 ist Eon Deutschlands größter Energiekonzern. Doch den Düsseldorfern machen die Folgen der Energiewende zu schaffen. Das klassische Stromgeschäft wirft wegen des wachsenden Anteils von Sonnen- und Windenergie immer weniger Geld ab. Zudem häufte Eon durch seine Expansion einen Schuldenberg von 31 Milliarden Euro an. Ende 2013 hatte der Konzern 62.200 Mitarbeiter.
Die Gewinne des zweitgrößten deutschen Versorgers sind wegen des niedrigen Börsenstrompreises 2014 rapide geschrumpft. Das betriebliche Ergebnis sank auf 4 Milliarden Euro und lag 25 Prozent unter dem Vorjahreswert. Der Außenumsatz des Konzerns ging von 52,4 auf 48,5 Milliarden Euro zurück. Die Nettoverschuldung von RWE bewegte sich 2014 mit 31 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau. Ende 2014 beschäftigten die Essener weltweit knapp 59.800 Mitarbeiter.
Die Nummer drei der Branche will zum Treiber der Energiewende werden. Ende 2013 erzeugte EnBW knapp 20 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien wie Wind, Wasser, Sonne und Biomasse. Bis 2020 soll der Anteil 40 Prozent betragen. Die Karlsruher haben rund 20.000 Mitarbeiter und einen Umsatz von über 20 Milliarden Euro. Unrentable Kraftwerke und niedrige Strompreise sorgten unter dem Strich in den ersten neun Monaten 2014 für ein Minus von über 770 Millionen Euro.
Fallende Preise machten dem schwedischen Konzern 2014 zu schaffen. Der Umsatz sank auf 166 Milliarden Kronen (18 Milliarden Euro). Auch das bereinigte Betriebsergebnis von 2,6 Milliarden Euro fiel geringer aus - teils wegen Rücklagen für den deutschen Atomausstieg. 2015 will das Staatsunternehmen aus Stockholm mit 30.200 Mitarbeitern einen strikten Sparkurs fahren. In Deutschland erwägt Vattenfall einen Verkauf seiner Braunkohle-Sparte in Brandenburg und Sachsen.
„Die Energiewende ist mit der Annahme gestartet, dass die Energiekosten hierzulande beherrschbar bleiben und international in vergleichbarem Maße ansteigen. Beides hat sich nicht bewahrheitet“, klagt Barbara Minderjahn, Geschäftsführerin des Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), angesichts der IW-Zahlen. BDI-Präsident Ulrich Grillo schlägt Alarm: „Die Berechnungen machen klar, mit welchen Kosten die Energiewende wirklich verbunden ist. Unternehmen fürchten, dass sie sogar noch weiter steigen“, sagte er dem Handelsblatt.
Koalitionspolitiker sehen Handlungsbedarf: „Insgesamt muss die Große Koalition noch mal nacharbeiten“, sagt Carsten Linnemann, Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union, dem Handelsblatt. „Die Folgen der Energiewende entwickeln sich zu einem bedrohlichen Standortnachteil, der Investoren abschreckt und Arbeitsplätze kostet“, sagte Linnemann.