Justiz Die fragwürdigen Nebenverdienste der Richter

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Zu Viel Nähe zu Unternehmen

Der Chef des Zweiten BGH-Zivilsenats Bergmann Quelle: dpa Picture-Alliance

Darauf, schon den Anschein von zu viel Nähe zu vermeiden, achten allerdings viele Richter kaum – selbst dann, wenn nicht einmal Geld im Spiel ist. Alfred Bergmann zum Beispiel ist Vorsitzender des Zweiten Zivilsenats am Bundesgerichtshof, in seine Zuständigkeit fällt das Gesellschaftsrecht. Zugleich ist er Vorstandsmitglied der „Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung“ (VGR), wo außer ihm und einem Rechtsprofessor Vertreter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, der Deutschen Telekom und der Kanzleien Hengeler Mueller sowie Schilling, Zutt & Anschütz vertreten sind.

Das ist nicht verboten. Die VGR will laut ihrer Satzung die „wissenschaftliche Behandlung aller das Unternehmens- und Gesellschaftsrecht betreffenden Fragen“ fördern. Sie ist ein eingetragener Verein, selbstlos tätig, richtet Fachtagungen aus, gibt Publikationen heraus. Doch sie schafft auch Kontakte und exklusive Zugangsmöglichkeiten. „Ich finde das sehr merkwürdig“, sagt Gerhart Baum. Er habe zwar nichts dagegen, dass Richter die Vereinigungen als einfache Mitglieder für den fachlichen Austausch nutzen. „Aber es geht nicht, dass ein oberster Richter in einer solchen Vereinigung eine tragende Aufgabe übernimmt. Damit macht er sich zu einem exponierten Vertreter der Gesellschaft, ihrer Mitglieder und ihrer Interessen.“

Mitglied in der Vereinigung werden können nicht nur Personen, sondern auch Unternehmen. Ob Bayer, Lufthansa oder RWE, ob Deutsche Bahn, Coca-Cola oder gleich der Bundesverband der Deutschen Industrie, alle sind dabei. Sie wird geführt von Gerd Krieger, einem der Staranwälte der noblen Sozietät Hengeler Mueller, die zu den feinsten Adressen im deutschen Gesellschaftsrecht zählt. Keine andere Kanzlei berät so viele Dax-Konzerne, keine engagiert sich so stark in der VGR und pflegt dort beste Kontakte zum BGH. Gründungsmitglied war neben Krieger auch sein nicht minder prominenter Hengeler-Kollege Michael Hoffmann-Becking. Bergmanns Vorgänger auf dem Chefsessel des Zweiten Zivilsenats, Wulf Goette und Volker Röhricht, waren beide VGR-Mitglied, Röhricht mit Hoffmann-Becking zusammen im Vorstand.

Enge Beziehungen

Dass die Vereinigung auch der Landschaftspflege dient, weist Krieger allerdings zurück. Die Vereinigung VGR „hat rund 1.400 Mitglieder, die sich aus Angehörigen wohl aller juristischen Berufsgruppen, die mit Fragen des Unternehmens- und Gesellschaftsrechts befasst sind, zusammensetzen“, teilt er mit. „Die wesentlichen Berufsgruppen sollen auch im Vorstand vertreten sein.“

Unter Krieger allerdings ist die Beziehung zum BGH so eng wie noch nie zuvor: Richterin Gabriele Caliebe darf nicht mehr an allen Entscheidungen des Zweiten Senats mitwirken – wegen ihrer Liebschaft mit Krieger beschloss der Senat 2008, dass sie außen vor bleiben muss, wenn Hengeler Mueller an einem Verfahren beteiligt war. Bergmann und Caliebe bestätigen, dass die Regelung nach wie vor in Kraft ist. Ansonsten, so Bergmann, werden „zu Fragen der senatsinternen Geschäftsverteilung keine Erklärungen abgegeben“.

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