Justizfall Euro Fünf Männer gegen eine Währung

Sie führten die Bewegung gegen den Euro vor Gericht an. Wer die fünf Währungsgegner sind und warum sie die Gemeinschaftswährung ablehnen:

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Vier aus dem Bunde der Euro-Gegner: Wilhelm Hankel, Karl Albrecht Schachtschneider, Wilhelm Nölling und Joachim Starbatty klagen in Karlsruhe. Auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler gehört zur Währungs-Opposition. Quelle: handelsblatt.com

Kein Wort war ihnen zu groß. „Wir kämpfen für eine heilige Sache“, war sich Wilhelm Hankel zutiefst überzeugt. „Heilig“ – das sind dem 82-jährigen Ökonomen und seinen vier Mitstreitern die Rechte des Parlaments, die ihres Erachtens bei der Verabschiedung der Maßnahmen übergangen wurden.

Die ganz großen Worte scheut keiner der fünf Herren, die gestern im Berliner Hotel Adlon ihren Lebenskampf gegen den Euro erklären. 71 Jahre alt sind die beiden Jüngsten, der Tübinger Wirtschaftsprofessor Joachim Starbatty und der Erlanger Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider. 77 Jahre ist der frühere Hamburger SPD-Finanzsenator Wilhelm Nölling.

Ein gemeinsames Ziel eint sie seit Jahren. Schon 1998 klagten sie zusammen mit Hankel gegen die Einführung des Euros, gegen den sie schon immer waren – damals vergeblich. Und auch heute ist die Auflösung des Euros das eigentliche Ziel ihres Kampfes. „Das Euro-Abenteuer geht zu Ende“, heißt ihr neues Buch.

Ihr Anlass ist die Finanzkrise Europas. Als im Frühjahr 2010 die Schuldennot Griechenlands offensichtlich wird, sind sich Schachtschneider und Hankel sofort einig, dass „der Rubikon überschritten ist“, so Hankel, und die Zeit reif für den erneuten Gang nach Karlsruhe.

Ihrer Vierergruppe schließt sich der 85-jährige einstige Thyssen-Chef Dieter Spethmann an, der nach seiner Pensionierung 1991 zum Kritiker der europäischen Integration und des Euros wurde. Im Kontrast zu heutigen Konzernlenkern ist er zutiefst überzeugt, dass der Euro der deutschen Exportwirtschaft erst einmal geschadet hat, weil Deutschland zu hohe Zinsen aufgebürdet wurden: Wären wir wie die Schweiz unabhängig, ginge es allen besser, sagt Spethmann. Die derzeitige Extremsituation, in der die Regierungen der Euro-Zone immer neue Rettungspakete für die Gemeinschaftswährung auflegen, beobachten die Euro-Gegner mit wohligem Gruseln. Denn das Unbehagen an den immer höheren Garantiesummen verschafft ihnen Rückenwind. In Inflation und Wechselkursrutsch werde die Staatsschuldenkrise enden, sagt Schachtschneider. Griechenland und überhaupt Südeuropa würden „nie wettbewerbsfähig“. Und die Euro-Rettungspakete sind für Schachtschneider ein „Staatsstreich der politischen Klasse“.

„Wir sind die einzige Opposition gegen die Euro-Rettung.“

Schachtschneiders Ansichten sind radikal – und wohl zu radikal für einen weiteren Kläger. Der CSU-Politiker und Euro-Kritiker Peter Gauweiler lässt sich in Karlsruhe inzwischen nicht mehr von Schachtschneider vertreten, sondern beschäftigt eigene Anwälte.

„Wir sind fünf, und wir sind die einzige Opposition gegen die Euro-Rettung“, sagt Hankel, der im Adlon den Wortführer gibt. Einst arbeitete er für Karl Schiller (SPD) im Bundeswirtschaftsministerium. In den 1970er-Jahren trat er jedoch so heftig für eine Schuldenpolitik ein, dass Schiller ihn rüffelte. Als Präsident der Helaba wirtschaftete Hankel 1972 diese Landesbank durch den Zukauf der Frankfurter IHB in eine bedrohliche Schieflage. 1973 musste er gehen. Seither arbeitet er als Wissenschaftler.

Auf die Frage, was denn die Alternative sei, geben die fünf Herren eine klare Antwort: der Rückwärtsgang. Von 1979 bis 1999 sei in der Währungspolitik doch alles gut gewesen, sagt Wilhelm Nölling. Das System, das Helmut Schmidt und Valery Giscard d’Estaing damals geschaffen hatten, ist das Ideal des einstigen SPD-Senators und Landesbank-Präsidenten.

So ganz einig sind sie sich dann doch nicht, wie die Zeitreise ins vorige Jahrhundert aussehen soll: Hankel kann sich auch einen Nord-Euro vorstellen mit Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Finnland und Österreich. Der Süden müsse dann zurück in den Vorhof zum Euro, in dem heute die Osteuropäer sind. Den Schuldensünderländern wollen die fünf Professoren einen Schuldenschnitt und eine neue eigene Währung verordnen. Ansteckungsgefahren auf das Weltfinanzsystem, wie sie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann befürchten, sehen sie nicht.

Einen Paukenschlag und ein radikales Urteil der Karlsruher Richter, wonach sämtliche bisherigen Euro-Hilfen gestoppt werden müssten, erwarten die Euro-Kläger nicht. „Wenn ein solches Urteil herauskäme, dann säßen im Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts lauter Helden. Daran glaube ich aber nicht“, sagt Starbatty. „Ich denke, dass das Bundesverfassungsgericht Leitplanken einziehen wird, um finanzpolitischen Leichtsinn zu bremsen.“

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