Kabinettsliste Kampf um die Ministerämter

Union und SPD haben ihre Koalitionsverhandlungen begonnen. Ähnlich wichtig wie die inhaltlichen Fragen ist: Wer bekommt welches Amt? So könnte die neue Regierung aussehen.

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Heute haben die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD begonnen. Klar ist, dass Angela Merkel Bundeskanzlerin bleibt. Auch Thomas Oppermann, Sigmar Gabriel und Ursula von der Leyen gelten als sichere Anwärter auf ein Ministeramt. Eher überraschend: Auch Garrelt Duin, derzeit NRW-Wirtschaftsminister, könnte von Düsseldorf nach Berlin wechseln. Quelle: Marcel Stahn

Nur ein Posten im neuen Kabinett ist sicher: Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin. Alle übrigen Regierungsämter sind Verhandlungssache zwischen den künftigen Koalitionspartnern. Das gilt sowohl für die Verteilung der Ministerien auf die drei beteiligten Parteien wie für das Personal. Beim letzten Mal beispielsweise hatte Wolfgang Schäuble schnell und geräuschlos mit der FDP-Linksliberalen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger den Bereich Innen- und Rechtspolitik abschließend verhandelt. Als es dann zur Regierungsbildung kam, fand er sich nicht in einem dieser Häuser wieder, sondern als Chef im Bundesfinanzministerium.

Was die Große Koalition kosten würde
Ob Mütterrente oder Altersrente mit 63, mehr Geld für Bildung, Forschung und Infrastruktur, Pflegereform, Energiewende, Abbau heimlicher Steuererhöhungen oder die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen: Die Wunschliste der Koalitionäre ist lang – und würde pro Jahr einen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag verschlingen. Mehr Neu-Schulden wollen Union und SPD nicht machen. Auf Steuererhöhungen soll – nach bisherigem Stand jedenfalls – verzichtet werden. Und ein Abbau von Subventionen und Finanzhilfen steht in den Sternen. Sich bei der Finanzierung der zusätzlichen Leistungen allein auf steigende Steuereinnahmen und prall gefüllte Sozialkassen zu verlassen, wäre aber äußerst riskant. Quelle: dpa
AusgangslageSelten konnte eine neue Bundesregierung mit so viel finanziellem Rückenwind starten. Schon für dieses Jahr sagen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute einen Überschuss in den Staatskassen von drei Milliarden Euro voraus, der 2014 auf knapp acht Milliarden Euro klettern dürfte. Die Steuereinnahmen dürften in diesem Jahr höher ausfallen als im Mai geschätzt. Bis zum Jahr 2018 sagen die Top-Ökonomen ein Plus in den Staatskassen von rund 53 Milliarden Euro voraus. Ein beträchtlicher Teil dieses Überschusses aber sei konjunkturbedingt und sollte gemäß Schuldenbremse zum Schuldenabbau genutzt werden. Unterm Strich ergäbe sich ein Spielraum für neue Ausgaben von Schwarz-Rot von knapp 33 Milliarden Euro – vorausgesetzt, es bleibt beim vorhergesagten Konjunkturplus. Quelle: dpa
Kosten der WunschlisteSollte die „Kalte Progression“ vermieden werden, also heimliche Steuererhöhungen nach Lohnplus bei gleichzeitig hoher Preissteigerung, würde dies etwa 19 Milliarden Euro kosten. Die von der CDU geforderte Mütterrente für Frauen, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, würde mit 6,5 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Quelle: dpa
Die SPD-Rentenpläne kosten fast drei Milliarden, eine Pflegereform bis zu vier Milliarden. Quelle: dpa
Würde die Koalition Bildungsausgaben auf OECD-Durchschnitt von 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung anheben, ergäbe sich 2018 laut Forschungsinstituten ein Betrag von gut 18 Milliarden Euro. Der Zusatzbedarf bei Verkehrsinvestitionen wird bei jährlich sieben bis acht Milliarden Euro gesehen. Alles in allem: fast 56 Milliarden Euro. Eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen ist noch unberücksichtigt – was den Bund auch richtig Geld kosten könnte. Quelle: dpa
RentenpläneJe nach Ausgestaltung kostet eine verbesserte Rente für ältere Mütter zwischen 6,5 und 13 Milliarden Euro im Jahr. Wenn die Beitragszahler dafür nicht aufkommen (was konsequent wäre, da es sich um eine versicherungsfremde Leistung handelt), müsste das Geld aus dem Bundeshaushalt kommen. Der SPD-Plan, die Rente mit 67 für langjährig Versicherte erträglicher zu machen und ihnen den Wechsel in den Ruhestand ohne Abschläge schon mit 63 Jahren zu ermöglichen, könnte langfristig mit rund zwei bis drei Milliarden Euro die Rentenkasse belasten. Würde – wie von der SPD gefordert – auf die sich abzeichnende Senkung des Rentenbeitrags verzichtet, blieben den Rentenkassen bis zu sechs Milliarden Euro Beitragseinnahmen erhalten, die anderenfalls wegfielen. Deren „eiserne Reserve“ ist mit rund 27 Milliarden Euro so gut bestückt wie schon lange nicht mehr. Quelle: dpa
VerkehrUm eine Finanzierungslücke von jährlich mehr als sieben Milliarden Euro beim Erhalt von Straßen, Schienen und Wasserwegen zu schließen, haben die 16 Bundesländer ein Konzept bis 2019 vorgelegt: Ein Sanierungsfonds aus zusätzlichen Bundesmitteln soll mit 40 Milliarden Euro über 15 Jahre gespeist werden. Eine Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen könnte 2,3 Milliarden Euro mehr einbringen. Zu prüfen wäre die Vereinbarkeit der von der CSU verlangten Pkw-Maut für ausländische Wagen mit EU-Recht. Quelle: dpa

Dennoch gibt es Hinweise und Plausibilitäten, aus denen sich eine Kabinettsliste der dritten großen Koalition aufstellen lässt.

Nachdem die Vorsitzende der größten Regierungspartei gesetzt ist, richten sich die Blicke auf den Parteichef der Sozialdemokraten. Sigmar Gabriel könnte sein Vizekanzleramt im Arbeitsministerium einrichten. Das Sozialressort eignet sich dafür am ehesten: Es verfügt über einen großen Apparat, verwaltet den größten Etat, mit dem man also typisch sozialdemokratische Politik machen und vor allem auch demonstrieren kann. Und es repräsentiert einen Kernbereich der Partei. Auch im vorigen Elefantenbündnis hatte Franz Müntefering im Arbeitsministerium die SPD-Regierungszentrale eingerichtet.

Ob ein Regierungsamt für Gabriel wirklich eine kluge Lösung ist, ist eine andere Frage. Denn als Parteichef müsste er die kommenden vier Jahre nutzen, um seinen Verein zur Linkspartei hin zu öffnen, damit nicht auch 2017 wieder die große Koalition die einzige Regierungsoption ist. Da geht aber schlecht, wenn der Vorsitzende in die Kabinettsdisziplin eingebunden ist.

Fakten zum neuen Bundestag

Die größte Macht hätte Gabriel in einer Doppelrolle als Partei- und Fraktionsvorsitzender. Ein Blick in die Karrieren anderer Parteichefs könnte ihm bei der Entscheidung helfen: Oskar Lafontaine wurde als Vorsitzender im Kabinettsrang des Finanzministers vom Kanzler Gerhard Schröder kaltgestellt und entmachtet. Und Guido Westerwelle verlor den Zugriff auf die eigene Truppe, als er aus Eitelkeit und Fehleinschätzung das Außenministerium übernahm, statt die Interessen der Liberalen von der Fraktionsführung aus gegenüber der CDU-Kollegin Angela Merkel durchzusetzen. Das Etikett des Vizekanzlers ersetzt nicht die Machtbasis.

Sollte sich Gabriel gegen das Ressort entscheiden, käme dafür die Generalsekretärin Andrea Nahles in Frage. Der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz hatte das Ressort schon einmal inne und hat vermutlich wenig Neigung sein schönes Amt an der Elbe gegen den Frontdienst an der Spree einzutauschen. Allenfalls, wenn er damit auch mit dem Titel Vizekanzler belohnt würde.

Die Stelle als oberster Kassenwart der Republik

Wer kümmert sich um die deutsche Wirtschaft?
FinanzenDas Finanzministerium gilt als besonders umkämpft. Hatte früher der kleine Koalitionspartner stets ein Auge auf das verantwortungsvolle Außenministerium, ist in Zeiten der Euro-Krise das Finanzressort deutlich attraktiver geworden. Hierzu müsste allerdings Wolfgang Schäuble (CDU) seinen Stuhl räumen. Quelle: dpa
Sollte es zu einer Großen Koalition kommen, gelten Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier als mögliche SPD-Kandidaten. Fraktionschef Steinmeier hat bereits in der Großen Koalition von 2005 bis 2009 gut mit Merkel zusammengearbeitet. Das Verhältnis von Gabriel und Merkel gilt hingegen als schwierig. Quelle: dpa
Als Geheimtipp gilt bei einigen Notenbanker Jörg Asmussen, der über ein SPD-Parteibuch verfügt. Er hat die fachliche Qualifikation für den Posten, war unter anderem während der Finanzkrise Staatssekretär im Finanzministerium. Allerdings ist er bisher nicht als großer Parteipolitiker aufgefallen. Zudem dürfte sein gutes Verhältnis zur Kanzlerin beim linken Flügel der Sozialdemokraten für Unmut sorgen. Quelle: REUTERS
Sollte es entgegen der bisherigen Äußerungen aus der CSU und den Grünen erstmalig zu einer schwarz-grünen Koalition kommen, könnte die Ökopartei ihren bisherigen finanzpolitischen Sprecher, Gerhard Schick, ins Rennen um Schäubles Posten schicken. Der ursprüngliche Finanz-Favorit der Grünen, Jürgen Trittin, dürfte nach seinem angekündigten Rückzug von der Fraktionsspitze nicht mehr die erste Wahl sein. Quelle: dapd
WirtschaftDer amtierende Wirtschaftsminister Philipp Rösler und sein Vorgänger Rainer Brüderle werden nach dem Ausscheiden der FDP sicher nicht das Ressort in der kommenden Legislaturperiode führen. Deshalb bringt hier jede der möglichen Koalitionsparteien eigene Vertreter ins Spiel. Quelle: dpa
Steffen Kampeter, bisher Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, könnte der CDU-Kandidat für das Wirtschaftsministerium werden. Sollte in einer Großen Koalition das Finanzministerium an die SPD gehen, läge das Wirtschaftsressort in der Hand der Union. Kampeter brächte nach seiner Zeit im Finanzministerium den nötigen Sachverstand mit, gilt aber eher als Finanz- denn als Wirtschaftspolitiker. Quelle: dapd
Möglich ist auch, dass Angela Merkel den CDU-Vorsitzenden in Niedersachsen, David McAllister, in die Bundespolitik holt. Bis zu seiner Niederlage bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr galt McAllister als künftiger Bundesminister. Jetzt könnte er dennoch eine Chance bekommen – mangels Alternativen. Dem bisherigen wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Bundestag, Joachim Pfeiffer, werden keine guten Aussichten auf einen Ministerposten eingeräumt. Quelle: dpa

Scholz ist allerdings in den Verhandlungen an ganz anderer Front engagiert. Er soll zusammen mit Wolfgang Schäuble Finanzen und Steuern verhandeln. Das ist weniger als Signal zu werten, dass Scholz in die Räume des ehemaligen Reichsluftfahrtministeriums strebt, denn als Ausweis einer ökonomischen Personalknappheit der Sozialdemokraten: Es gibt aus Sicht der Parteiführung niemanden in der SPD-Fraktion, der oder die das Zeug hätte, die Stelle als oberster Kassenwart der Republik zu bekleiden. Das steigert Schäubles Chancen, in den vertrauten Räumen zu bleiben.

Als Pendant des Finanzministeriums gilt das Wirtschaftsressort. Traditionell teilen sich die Koalitionspartner diese beiden Häuser ebenso farblich auf wie das Doppelfach Innen und Justiz. Bleibt also Schäuble Finanzminister, geht das Ökonomen-Reservat der Regierung an einen Sozialdemokraten (Glück für die CDU, denn sie hätte niemanden, der das Amt übernehmen wollte oder könnte). Die CSU hätte immerhin die Kandidaten Peter Ramsauer (Diplomkaufmann, bisher Verkehrsminister) oder Hans-Peter Friedrich aufbieten können. Der amtierende Innenminister ist von Hause aus Jurist mit ökonomischem Teil-Studium und hat seine berufliche Karriere als Referent im Wirtschaftsministerium begonnen.

Die Sozialdemokraten tun sich auch hier schwer. Der derzeitige wirtschaftspolitische Sprecher Wolfgang Tiefensee hat als Verkehrsminister der Schröder-Regierung nicht so bleibende positive Eindrücke hinterlassen, dass er dafür erste Wahl wäre. Als Favorit grüßt der Landeswirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen. Garrelt Duin könnte als Abgesandter der Düsseldorfer Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ein wichtiges innerparteiliches Bindeglied bilden. Zwar ist es immer schwierig, wenn ein Minister nicht selbst in der Fraktion verankert ist. Duin kann aber darauf verweisen, seit 2005 als Bundestagsabgeordneter und wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD Erfahrungen und Bekanntschaften gesammelt zu haben, die seine Position stärker würden.

Wichtigster Widerpart des Wirtschaftsministers wird auch im kommenden Kabinett der Ressortleiter für Umwelt bleiben. Denn an einem Energieministerium haben beide Seiten nur so lange ein Interesse, wie es in den eigenen Händen landet. Dass aber der politische Gegner und Partner die alleinige Zuständigkeit für dieses wichtige Thema erntet, kann niemand wollen. Also bleibt in der Umwelt alles beim Alten – bei Peter Altmaier.

Pofalla bleibt, Schröder geht

Um die Reibungsverluste zwischen beiden Häusern zu vermindern und die Bedeutung der Energiewende (und ihre wirtschaftlich gebotene Korrektur) zu verdeutlichen, könnte die Regierungschefin aber eine Koordinierungsstelle im Kanzleramt einrichten. Sie unterstünde dann Kanzleramtschef Ronald Pofalla, der schon in der Vergangenheit in der Energiepolitik mitgemischt hat. Auch er verbleibt auf seinem Platz als Organisator des Regierungsgeschäfts. Zwar maulen einzelne Staatssekretäre aus anderen Häusern über Merkels Zerberus an der Schaltstelle der Macht; aber große Abstimmungspannen hat es in seiner Amtszeit nicht gegeben. Die in manchen Medien präsentierte Rochade, wonach Altmaier die Macht organisieren und Pofalla ein normales Ressort übernehmen sollte, ist wenig überzeugend. Welchen Vorteil hätte die Union, die öffentlichkeitstaugliche Stimmungskanone Peter Altmaier gegen den eher zugeknöpften und bisweilen verspotteten Pofalla auszutauschen.

Dringend weiter an vorderster Front einsetzen will Merkel auch die bisherige Sozialministerin Ursula von der Leyen – und die will das auch. Wenn das von ihr bisher geleitete Ressort an die SPD fällt, steht der Union fast schon moralisch das Gesundheitsministerium zu. Mit der promovierten Ärztin und Gesundheitsökonomin von der Leyen könnte die CDU es überzeugend besetzen. Auch wenn dies für von der Leyen ein Karriererückschritt ist. Schließlich verfügt das oberste Sozialamt über einen deutlich höheren Etat. Andererseits könnte von der Leyen auch hier beweisen, dass sie den demographischen Wandel anpacken möchte.

Um den muss sich, zumindest perspektivisch, auch die Familien- und Jugendministerin kümmern. Die SPD hatte dafür in ihrem Schattenkabinett die junge Mutter Manuela Schwesig aufgeboten, die das Ressort schon in ihrer Heimat Mecklenburg-Vorpommern führt. Sie träte damit an die Stelle von CDU-Frau Kristina Schröder, die aus familiären Gründen aus der vordersten Reihe der Politik abtreten wollte. Für die Verteilung der Kabinettsposten ist das eine günstige Fügung. So muss die Union an dieser Stelle niemandem den Stuhl vor die Tür stellen.

Das gilt auch einen Straßenblock weiter, im Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerium. Anwältin – je nach Parteicouleur – der Kunden oder der Bauern zu sein, ist eine Aufgabe, für das zwei Frauen in Betracht kommen. Fällt das Ministerium an die SPD, könnte die frühere Justizministerin Brigitte Zypries zum Zuge kommen. Wie Schwesig stand auch Zypries im Schattenkabinett von Peer Steinbrück. Verbraucherschutz ist ein Thema, das nur auf den ersten Blick Bürgernähe verheißt. Vor allem ist es: Juristerei. Zypries wäre hier also durchaus richtig; zudem könnte sie versuchen, medial noch mehr aus dem Thema zu machen als Vorgängerin Ilse Aigner (CSU), die als Wirtschaftsministerin in die bayerische Landespolitik gewechselt ist. Weil aber die bayerische Staatspartei besonderen Wert auf das Landwirtschaftsministerium – den anderen Teil des Verbraucherschutzressorts – legt, könnte sie weiterhin den Anspruch auf dieses Haus erheben. Und da auch die CSU mindestens eines ihrer Regierungsämter mit einer Frau besetzen möchte, käme hierfür die Abgeordnete Marlene Mortler in Frage. Sie führt den elterlichen Bauernbetrieb, ist „stellvertretende Landesbäuerin“ (ja, sowas gibt’s) und sitzt seit elf Jahren im Bundestag.
Eine andere Variante: Parteichef Horst Seehofer nötigt die Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt, doch wieder ein Ministerium zu übernehmen (im Kabinett Kohl war sie schon mal Bau- und mal Gesundheitsministerin). Dann könnte der von Seehofer für den pannenfreien Wahlkampf hoch gelobte Generalsekretär Alexander Dobrindt die Führung der Landesgruppe übernehmen und damit eine wichtige Machtposition erobern.

Drei Ministerien für die CSU

Die Berufe der Parlamentarier
Öffentlicher Dienst149 von 630 Bundestagsabgeordneten kommen aus dem öffentlichen Dienst, sind also Lehrer, Polizisten oder Verwaltungsmitarbeiter. Sie stellen mit einem Viertel die größte Gruppe der Abgeordneten. Allerdings repräsentieren sie nur elf Prozent der 41 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland. Eine Erklärung für den hohen Anteil an Mitarbeitern aus dem öffentlichen Dienst im Bundestag kann sein, dass für diese Berufsgruppe eine Beurlaubung leichter möglich ist, wie die Welt in einer Analyse feststellt. Quelle: dpa
LehrerIn der Gruppe der Abgeordneten aus dem öffentlichen Dienst ist die Anzahl der Lehrer besonders hoch. Seit 1961 stieg der Anteil der Pädagogen stetig an und erreichte 1994 mit 77 Personen ihren Höhepunkt. Im neuen Bundestag werden noch 36 Lehrer vertreten sein. Quelle: dpa
Anwälte und Notare80 Vertreter dieser Branche sitzen im neuen Bundestag, während es 1961 nur 33 Personen waren - eine Verdopplung also. In ganz Deutschland, so die Angaben der Anwaltskammer, praktizieren 160.000 Anwälte. Quelle: dpa
Forst-und LandwirtschaftDie Anzahl der Abgeordneten aus Forst- und Landwirtschaft ist deutlich gesunken - von 52 Abgeordnete, auf heute noch 15 Personen. Quelle: dpa
UnternehmerMittlerweile sitzen kaum noch Unternehmer im Bundestagtag: Es sind nur noch 35... Quelle: Fotolia
Handwerker... Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass sich das Bundestagsmandat in kleineren (Handwerks-)betrieben nur schwer mit der Arbeit verbinden lässt. Quelle: Fotolia

Wie in der nun abtretenden Regierung werden die Christsozialen auch künftig vermutlich drei Hausspitzen besetzen dürfen. Von größtem Interesse ist hier für die CSU seit jeher das Verkehrsministerium, das über einen milliardenschweren Investitionsetat verfügt. Davon möglichst viel in die bayerische Heimat zu leiten, empfindet schon jeder CSU-Abgeordnete als großes Ziel. Wie viel mehr gilt das für einen Minister, heiße er nun Hans-Peter Friedrich oder doch weiter Peter Ramsauer. Letzterer fiel allerdings beim Parteivorsitzenden Seehofer in Ungnade, weil er „Zar Peter“ zu wenig Engagement und Durchsetzungskraft attestierte. Aber auch in dieser Position käme Dobrindt in Frage.

Hans-Peter Friedrich könnte dann entweder Innenminister bleiben (obwohl er das Amt nie angestrebt und lange mit ihm gefremdelt hat) oder ins Justizressort wechseln. Sein Pendant wäre so oder so im jeweils anderen Haus der SPD-Innenexperte und bisherige parlamentarische Geschäftsführer Thomas Oppermann. Einziges Problem der Genossen hierbei: Mit Gabriel und Oppermann (und dem nach Düsseldorf ausgeliehenen Duin) säßen dann gleich drei rote Niedersachsen im Kabinett.

Das macht es unwahrscheinlicher, dass auch noch Frank-Walter Steinmeier wieder in die Regierung eintritt. Er selbst möchte ja ohnehin lieber als Fraktionsvorsitzender bleiben. Und manche in der SPD können sich auch den Präsidenten des Europaparlaments Martin Schulz als Außenminister vorstellen. Andererseits verhandelt Steinmeier sein früheres Fachgebiet zusammen mit CDU-Mann Thomas de Maizière, der gern Verteidigungsminister bleiben möchte. Schließlich hat er mit dem Umbau der Bundeswehr und der Rückholung der Truppen aus Afghanistan noch zwei große Aufgaben zu lösen.
Für Steinmeier spricht allerdings, dass er ein größeres Ansehen als Schulz einbringen und damit der SPD mehr Vorteile bringen kann. Außerdem ist Schulz ja eigentlich als Spitzenkandidat für die nächste Wahl zum Europaparlament im Mai 2014 vorgesehen.

Die letzten beiden Positionen werden durch die Festlegungen in anderen Ressorts zur Verhandlungsmasse – ganz unabhängig von der tatsächlichen Bedeutung des Themas. Fällt das Verbraucherschutzministerium tatsächlich an die CSU, dann geht das Forschungsministerium an die SPD. Darf Zypries Kunden und Landwirte beackern, gehen Bildung und Wissenschaft erneut an die Union und Ressortchefin Johanna Wanka darf bleiben. Sie war eingesprungen, als Vorgängerin Annette Schavan den Doktorhut nehmen musste.

Die Entwicklungshilfe fällt in jedem Fall wohl an die SPD und böte dort der Generalsekretärin Andrea Nahles Gelegenheit, sich mit dem Ministerdasein vertraut zu machen.

So könnte es aussehen, das nächste Kabinett. Oder auch ganz anders. Denn für die Koalitionsverhandlungen gilt: Die Wege der Herrin sind unergründlich.

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