Kampf gegen Fake-News Bitkom warnt vor Gesetzen für Sozialen Netzwerke

Der Bitkom hält nicht viel von den politischen Vorschlägen im Kampf gegen Fake-News. Mit einer Studie will der IT-Verband belegen, dass die Bedeutung der Sozialen Netzwerke bei der Meinungsbildung überschätzt wird.

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Was ist wahr und was ist falsch? Quelle: AP

Berlin Lügen über Flüchtlinge, Politiker, Ausländer – um sogenannte Fake News, bewusst verbreitete Falschmeldungen, ist spätestens seit dem Wahlkampf in den USA eine große Debatte auch in Deutschland ausgebrochen. Der IT-Verband Bitkom wollte herausfinden, wie groß das Problem hierzulande ist und hat 1009 Deutsche telefonisch dazu befragen lassen.

Das Ergebnis: 68 Prozent der Befragten sind in den vergangenen zwölf Monaten schon einmal Falschnachrichten aufgefallen, 20 Prozent gaben sogar an, dass ihnen häufig Fake News aufgefallen seien. Die häufigsten Themen: Flüchtlinge, Präsidentschaftswahl in den USA, Politikerinnen und Politik in Deutschland und Europa.

74 Prozent der Befragten glauben, dass Falschmeldungen im kommenden Bundestagwahlkampf eine wichtige Rolle spielen werden. Diese Ergebnisse zeigten, dass die Sorge der Politik „absolut verständlich“ sei, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder am Mittwoch bei der Vorstellung der Umfrage. So könne man sich das „affektive und hektische Verhalten der Politik erklären“.

Rohleder nutzte den Termin für eine Kritik und Warnung an die Politik, die derzeit händeringend nach einer Lösung sucht, wie sie mit dem Problem der Fake News umgehen soll – und dabei auch über neue Regeln für die Betreiber Sozialer Netzwerke wie Facebook nachdenkt. Die Union etwa will Unternehmen wie Facebook dazu verpflichten, ihre Nutzer zu informieren, wenn diese einer Falschmeldung erlegen sind. Zudem sollen sie dazu verpflichtet werden, rechtswidrige Inhalte binnen 24 Stunden zu löschen.


Wahrheitsgehalt von Nachrichten schwer zu überprüfen

Rohleder warnte vor Regeln dieser Art, weil sie die Meinungsfreiheit gefährden könnten. Er schloss nicht aus, dass der Bitkom auch dagegen klagen könnte, sollten solche Gesetze aufgelegt werden. Rohleder warf der Politik „Orientierungslosigkeit“, „Verwirrtheit“ und „Irritiertheit“ im Umgang mit Fake News vor und mahnte zu mehr Besonnenheit. „Es gibt keine einfachen und schnellen Lösungen bei diesem Problem“, warnte er. „Wir müssen das besonnen angehen und nicht hektisch.“ Der Bitkom sei dagegen, dass eine Meldung nur aufgrund des fehlenden Wahrheitsgehalts gelöscht wird.

Versäumnisse bei den Unternehmen sieht er nicht. Bei der Grünen-Politikerin Renate Künast hatte es mehrere Tage gedauert, bis eine offensichtlich falsche Nachricht über eine Behauptung von ihr von Facebook gelöscht wurde. Rohleder hält diesen Zeitraum nicht für problematisch: „Das Gute ist, es hat geklappt.“ Das Thema sei ja auch für die Betreiber noch neu.

Der Bitkom sieht das Problem ohnehin nicht als so groß an. Laut der Befragung informieren sich 92 Prozent der Befragten über das „aktuelle Geschehen“ im Fernsehen, 72 Prozent lesen Tageszeitungen, 63 Prozent informieren sich über das Internet, bei den 14-29-Jährigen sind es 79 Prozent. Von denjenigen, die sich über das Internet informieren, nutzen 20 Prozent Soziale Netzwerke oder Messenger. „Hier von einer Markt- und Meinungsbeherrschung der sozialen Netzwerke und Messenger zu reden, ist sicherlich verkehrt“, urteilt Rohleder.

Die Ergebnisse können jedoch auch anderes interpretiert werden. 77 Prozent der befragten 14-29-Jährigen gaben nämlich auch an, dass sie sich über Gespräche über das tägliche Geschehen informieren. Gleichzeitig gaben 74 Prozent an, dass der Wahrheitsgehalt von Informationen schwer zu überprüfen sei. Über Mund-zu-Mund-Propaganda dürften so auch diejenigen mit Falschmeldungen erreicht werden, die nicht in einem Sozialen Netzwerk aktiv sind.

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