Frau Kuhn, Sie haben mit Studierenden ein Buch herausgegeben mit dem Titel „Besser wachsen“. Gibt es auch schlechtes Wachstum?
Britta Kuhn: Wachstum ist natürlich ein Ausdruck für Veränderung, für Fortschritt. Gleichzeitig ist der Satz „Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es uns allen gut“ in den Industriestaaten überholt. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Einkommen und Wohlergehen. Aber nur bis zu einer bestimmten Grenze. Die Menschen sind nicht glücklicher, wenn sie 200.000 Euro statt 100.000 Euro am Ende des Jahres zur Verfügung haben. Und längst nicht alle Bevölkerungsschichten profitieren von einer wachsenden Volkswirtschaft. Wachstum ist nicht nur Mengenwachstum, sondern sollte auch soziale Kriterien abdecken. Wir möchten mehr qualitatives Wachstum. Es geht darum, Deutschland gerechter zu machen und die Bürger gesünder und zufriedener – ohne die Wirtschaft abzuwürgen.
Konkret schlagen Sie unter anderem die Flexibilisierung und Verkürzung der Arbeitszeiten vor: Das geht doch nur, wenn wir auf Wachstum und – auf der persönlichen Ebene – auf Wohlstand verzichten.
Das kann durchaus eine Folge sein. Aber gerade Führungskräfte sollten sich fragen, ob sie nicht einen Teil ihres Vermögens für mehr Lebensqualität eintauschen wollen. Ich bin jetzt 48 Jahre alt und ich kenne noch viele meiner damaligen Kommilitonen an der Universität. Die gehen inzwischen mit gekrümmten Rücken durchs Leben und machen Dinge, von denen sie ganz sicher nie geträumt haben. Diese Männer wären froh, wenn sie eine Chance bekämen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren – oder zumindest anders zu gestalten.
Zur Person
Prof. Dr. Britta Kuhn lehrt Volkswirtschaftslehre mit Schwerpunkt International Economics an der Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain. Gemeinsam mit fünf Studierenden hat sie das Forschungsprojekt „Besser Wachsen“ ins Leben gerufen, einen Blog, auf dem Möglichkeiten diskutiert werden, Wachstum und Lebensqualität zu verbinden und zu steigern (www.besser-wachsen.com).
Das gilt aber nicht für den Fließband-Arbeiter aus der Automobilindustrie. Der braucht sein Fixgehalt.
Volkswagen hat einst die Vier-Tage-Woche eingeführt, um Jobs zu retten. Das führte dazu, dass sich die Angestellten stärker in den Gemeinden engagiert haben. Sie haben ehrenamtliche Tätigkeiten übernommen oder privat Kinder und Senioren gepflegt. Das schafft dann ja auch wieder finanzielle Freiräume. Ich halte Forderungen von Post-Wachstumsökonomen wie Niko Paech, wonach die Menschen nur 20 Stunden in der Woche am Markt arbeiten und sich danach sozial engagieren sollten, für utopisch. Aber ich werbe durchaus für ein gesellschaftliches Umdenken. Das kann die Politik unterstützen – moralisch und finanziell.
Wie könnte das aussehen?
Eine Möglichkeit läge darin, dass Vorstände auch Elternzeit nehmen. Das muss finanziell attraktiv geregelt sein und hätte Vorbildfunktion für die Mitarbeiter. Oder die Politik könnte die Rahmenbedingungen weiter verbessern, dass beide Elternteile etwa 30 Stunden arbeiten können, wenn sie wollen. Das muss finanziell interessant und gesellschaftlich akzeptierter sein, vor allem für Männer. Ich will keinen harten Zwang, eher Anstupsmaßnahmen.
Und um nicht der Verlockung zu widerstehen, doch zu arbeiten, dürfen Arbeitgeber den Mitarbeitern nach Feierabend keine Mails mehr schreiben.
Genau das eben nicht. Es ist sicherlich nicht gut, wenn Vorstände ständig ihre Mitarbeiter am Wochenende anrufen. Aber im Umkehrschluss zu sagen, wir stellen das Intranet ab: Das finde ich schwachsinnig. Denn Arbeitszeitsouveränität ist ein hohes Gut. Am Wochenende lässt sich vielleicht Vieles machen, was unter der Woche aufgrund von Kinderbetreuung oder anderer Verpflichtungen nicht möglich ist. Die Menschen brauchen mehr freie Hand. Mails zu verbieten, erinnert an die alte industrielle Arbeitswelt mit der 40-Stunden-Woche. Die sollte langsam mal ausgedient haben. Wir brauchen mehr Flexibilität, nicht weniger.
Sie reden von Flexibilität und fordern gleichzeitig in Ihrem Buch, dass Geschäfte sonntags geschlossen bleiben sollten. Wie passt das zusammen?
Ich finde, das ist nicht vergleichbar. Wenn die Geschäfte – Supermärkte, Möbel- oder Autohäuser, an sechs Tagen aufhaben, muss das doch reichen. Es gibt zahlreiche Studien, die zeigen, dass die Menschen nicht mehr einkaufen, nur weil die Läden länger aufhaben. Ich möchte den Menschen Brot und Spiele nicht verbieten. Aber wir sollten diskutieren, ob man so viele Spiele braucht, wie es derzeit der Fall ist.
"Ich bin gegen Bevormundung und Subventionen"
Jeden Sonntag gibt es im Umkreis von 25 Kilometern ein Familienfest beim Autohaus oder ein Stadtfest oder einen verkaufsoffenen Sonntag. Ich finde, dass das Bundesverfassungsgericht einen sehr wichtigen Satz in diesem Zusammenhang gesagt hat. Es stellte die Frage nach dem Kollektivnutzen, also: Was haben Sie von Ihrem freien Tag, wenn der für jedes Familienmitglied auf einen anderen Wochentag fällt? Familienleben kann so gar nicht mehr stattfinden. Ich halte es für sinnvoll, dass an einem Tag in der Woche das öffentliche Leben größtenteils ruht.
Sie halten es auch für sinnvoll, dass die Menschen weniger fliegen. Was soll die Bevormundung?
Ich bin nicht für Bevormundung und mehr Staat. Ganz im Gegenteil. Ich plädiere für einfache Regeln und dafür, das Verursacherprinzip häufiger anzuwenden. Die Diskussion um mehr oder weniger Staat erinnert mich an Schattenboxen. Es wird so getan, als wäre unsere Regierung für weniger Staatinterventionismus. Das sehe ich nicht. Da wird subventioniert bis zum Abwinken – und zwar auch im Luftverkehr. Diese Subventionen halte ich für falsch.
Die wichtigsten Begriffe in der Kapitalismus-Debatte
Unter Geldmenge versteht man den gesamten Bestand an Geld, der in einer Volkswirtschaft zur Verfügung steht. Die Geldmenge kann durch Geldschöpfung erhöht und durch Geldvernichtung gesenkt werden. In der Volkswirtschaftslehre und von den Zentralbanken werden verschiedene Geldmengenkonzepte unterschieden, die mit einem M, gefolgt von einer Zahl bezeichnet werden. Für M1 und die folgenden Geldmengenaggregate M2 und M3 gilt stets, dass das Geldmengenaggregat mit einer höheren Zahl das mit einer niedrigeren einschließt. Eine niedrigere Zahl bedeutet mehr Nähe zur betrachteten Geldmenge und zu unmittelbaren realwirtschaftlichen Transaktionen. Die Geldbasis M0 stellt die Summe von Bargeldumlauf und Zentralbankgeldbestand der Kreditinstitute dar. Geldvolumen M-1 = Bargeldumlauf ohne Kassenbestände der Banken, aber einschließlich Sichteinlagen inländischer Nichtbanken. M-2 = Geldvolumen M-1 zuzüglich Termingelder inländischer Nichtbanken mit Laufzeiten unter vier Jahren. M-3 = Geldvolumen M-2 zuzüglich Spareinlagen inländischer Nichtbanken mit gesetzlicher Kündigungsfrist.
Die Goldparität ist der fixierte Wert einer Währungseinheit gegenüber dem Goldpreis. Sie entspricht der Menge von Gold in Gramm, die man für eine Währungseinheit erhält. Diese Menge ist im Rahmen eines Goldstandards staatlich oder durch internationale Vereinbarungen festgelegt. Über den Wert des Goldes ist damit der Wert der Währung bestimmt. Bei der Goldparität handelt sich um einen Sonderfall der Wechselkursparität. Ein mögliches Beispiel hierfür ist die Festlegung des Wertes des Dollars im Bretton-Woods-System. Die Goldparität des Dollars besteht jedoch seit Ende der 1960er nicht mehr, da sie durch Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds ersetzt wurde.
Bezeichnung für eine Inflation, bei der die Preise langsam, nahezu unmerklich steigen. Meist wird von schleichender Inflation bei relativ geringen jährlichen Preissteigerungsraten von unter 5 Prozent gesprochen.
In verschiedenen Bedeutungen verwendeter Begriff. Wird häufig den Begriffen Geld oder Vermögen gleichgesetzt. Volkswirtschaftlich einer der drei Produktionsfaktoren neben Arbeit und Boden. Gesamtwert aller Güter, mit denen die Unternehmung arbeitet (Aktivseite der Bilanz). Buchhalterisch die Posten des Gesamtvermögens, die auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen werden. Auch: für Investitionen zur Verfügung stehendes Geld (Geldkapital).
Der Markt ist ein ökonomischer Ort des Tausches, an dem sich durch ein Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage Preise bilden.
Beziffert, welchen Anteil des BIP der Staat und die Sozialversicherungen ausgeben.
Steuern sind Zwangsabgaben, die ein öffentlich-rechtliches Gemeinwesen (der Staat) von Personen oder Unternehmen verlangt, um seinen Finanzbedarf zu decken und seine Aufgaben erfüllen zu können. Steuern sind die Haupteinnahmequelle von Bund, Ländern und Gemeinden. Ein Anspruch auf eine konkrete Gegenleistung besteht nicht. Rechtliche Grundlage für alle Steuern in Deutschland ist die Abgabenordnung (AO). Über Steuern hat der Staat die Möglichkeit, das Verhalten seiner Bürger zu lenken, z.B. kann die Erhöhung der Tabaksteuer oder der Stromsteuer zu einem verminderten Konsum führen. Wenn die persönlichen Verhältnisse von Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, handelt es sich um Personen-Steuern, ansonsten um Objekt-Steuern. Artikel 106 im Grundgesetz teilt die Steuern in vier Kategorien ein: Gemeinschaftssteuern (Verbundsteuern), Bundessteuern, Ländersteuern und Gemeindesteuern.
Was stört Sie daran, dass wichtige Industrien in Deutschland, die eine Vielzahl von Arbeitsplätzen schaffen, unterstützt werden?
Mich stört, dass offenbar Lobbyinteressen wichtiger sind als die Interessen der Allgemeinheit. Zunächst gibt es – unterstützt durch die Subventionspolitik – riesige Fehlinvestitionen. Schauen Sie sich die vielen regionalen Geisterflughäfen an, etwa Kassel-Calden bei mir in Hessen. Was da an Steuergeldern verschleudert wurde, ist gewaltig. Und die Diskussionen, dass Arbeitsplätze verloren gehen, wenn das Nachtflugverbot in Frankfurt ausgebaut wird, kann ich auch nicht mehr hören. Das sind Scheinargumente. Also: Ich bin für einen Abbau der Subventionen – glaube aber, dass wir in einigen Bereichen Staatseingriffe brauchen. Und zwar immer dann, wenn die Ausgaben einen gesellschaftlichen Nutzen schaffen.
Was ist das für ein Nutzen, wenn nicht der Erhalt von Arbeitsplätzen?
Etwa Bildungssubventionen. Ich bin dafür, dass wir eine kostenlose Schule anbieten. Bildung stiftet Nutzen. Der Radikalliberale würde sagen, man kann ja die Schule bezahlen, wenn man sein Kind unbedingt zur Schulde schicken will. Das geht natürlich nicht, wenn eine Gesellschaft ansatzweise Chancengleichheit bieten will. Aber weite Teile der Wirtschaftssubventionen stelle ich infrage. Wieso gibt es die Mehrwertsteuerbefreiung von Langstreckenflügen? Das kann ich nicht nachvollziehen.
Ist Fliegen zu günstig?
Ja, die Flüge werden zu stark subventioniert. Der Flugverkehr schädigt die Umwelt. Das ist nicht eingepreist. Ein heutiger Student fliegt für eine Woche nach Tunesien an den Strand. Als ich studierte, fuhr man mit der Bahn nach Italien. Das war sicher nicht schlechter. Wenn subventioniert wird, dann bitte in saubere Technologien. Dazu gehört eher die Bahn.
Konsequenterweise müssten Sie dann auch die Industrierabatte bei der EEG-Umlage ablehnen?
Ja, das tue ich auch. Das Thema Energiewende ist kompliziert, weil es sehr facettenreich ist. Aber ein Grund, warum das Ganze nicht funktioniert hat, sind die vielen Ausnahmen für verschiedene Unternehmen. Das führt dazu, dass die Privatverbraucher, einen immer höheren Beitrag zur Energiewende zahlen müssen. Dadurch wurde das Projekt sehr teuer. Wenn man aber ein politisches Ziel hat, in diesem Fall: den Ausstieg aus der Atomenergie, dann sollte man alle gesellschaftlichen Gruppen beteiligen, auch die Industrie. Das passiert leider nicht. Die Energiewende ist also ein weiteres Beispiel dafür, dass die Regierung viel über Marktwirtschaft redet, aber eigentlich Sonderinteressen bedient.
"Bankenrettungen sind extrem ungerecht"
Das könnte man auch für den Umgang der Regierung mit den Finanzmärkten behaupten.
Ja, da wird seit der Finanzkrise 2009 munter reformiert. Aber die Regierung verabreicht dem Volk nur Valium, es wird ruhiggestellt. Die wahren Baustellen hingegen werden nicht angegangen. Die Eigenkapitalquote bei Banken ist nach wie vor extrem niedrig. Es gibt kaum Puffer für eine neue Krise. Hinzu kommt: Immer mehr Geschäfte laufen über Schattenbanken ab. Und: Die ganzen neuen Regeln durchblickt selbst kein Finanzexperte. Wir brauchen mehr Transparenz. Das gelingt nur durch ganz einfache Regeln.
Was wäre so eine einfache Regel?
Dass Steuerzahler Banken retten mussten, war extrem ungerecht und verstärkte Fehlanreize. Damit wir uns nicht falsch verstehen: In der letzten Finanzkrise war die eine oder andere Bankenrettung alternativlos. Aber: Die Politik hätte danach dafür sorgen müssen, dass das nichtwieder passiert. Eine neue Bankenrettung kann kaum ein Staat mehr schultern, so hoch wie die Schulden der Länder sind. Das ist aber nicht passiert. Wir müssen zurück zum Verursacherprinzip. Nur die Eigentümer und Gläubiger sollten für Bankenpleiten haften, nicht die Steuerzahler. Eine zweite einfache Regel: Die Banken müssen gezwungen werden, deutlich höhere Eigenkapitalquoten vorzuweisen. Dann braucht es auch keine weiteren Rettungen durch die Regierungen mehr. So lange es aber eine Art Garantie gibt, dass Staaten Banken im Zweifelsfall rausboxen, werden die Geldinstitute auch weiterhin riskante Geschäfte machen.
Ein letztes wichtiges Thema, dass wir noch ansprechen sollten, sind Ihre Vorschläge im Buch für eine bessere Ernährung. Wenn ich das zuspitzen darf: Sie fordern, die Leute sollten mehr Hülsenfrüchte, Brot oder Reis essen – statt Fleisch und Käse. Das hört sich nach dem Veggie Day der Grünen an.
Noch einmal: Es geht mir nicht darum, den Leuten vorzuschreiben, was sie essen. Vielmehr möchte ich aufzeigen, was die Alternative ist. Ich unterstütze etwa ein Projekt, in dem Kinder aus bildungsfernen Haushalten an gesundes Essen herangeführt werden. Da gehen Ehrenamtler in Schulen und bereiten mit den Kindern aus bildungsfernen Schichten ein gesundes Frühstück zu. So lernen sie, wie man sich gesund und lecker ernähren kann und dass ein Quarkaufstrich nicht schlechter schmeckt als Nutella. Das ist keine Bevormundung. Wir schreiben den Kindern ja nicht vor, was sie essen sollen. Sie werden nur an etwas herangeführt, was sie zu Hause nicht lernen. Erst durch dieses Wissen um Optionen haben sie ja wirklich eine Wahl und können selbst entscheiden.
Die Deutschen stehen auf Wurst und Fleisch
Für viele Deutsche ist ein Frühstück ohne Wurst kaum vorstellbar. Eine repräsentative Befragung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat ergeben, dass 85 Prozent aller Deutschen den Verzehr von Fleisch und Wurst als „selbstverständlich und naturbewusst“ ansehen. 83 Prozent der Befragten wollen unter keinen Umständen auf den Verzehr von Fleisch und Wurstwaren verzichten.
Die Studie zeigt, dass jeder zweite Deutsche zumindest einmal am Tag Wurst oder Fleisch verzehrt. Ein Viertel der Befragten hat ein schlechtes Gewissen, wenn er an die geschlachteten Tiere denkt. Knapp 42 Prozent achten beim Fleischeinkauf jedoch insbesondere auf einen möglichst günstigen Preis.
Über 80 Prozent der Befragten essen gerne gegrilltes Fleisch und gegrillte Würstchen. Das Grillen ist eines der beliebtesten Hobbys der Deutschen und ganz klar eine Männerdomäne. Sechs von zehn Befragten sind der Meinung, dass „Männer einfach mehr Fleisch zum Essen brauchen als Frauen.“ Frauen sind hingegen weniger häufig bedingungslose Fleischesser. Sie haben nicht nur häufiger gesundheitliche Bedenken beim Fleischkonsum, sie achten auch eher auf die Herkunft des Fleisches.
Nur etwas mehr als jeder Dritte (36 Prozent der Befragten) gab an, beim Fleischkonsum vorsichtiger geworden zu sein. Die Fleischskandale der vergangenen Jahre haben zu einem Umdenken bei vielen Fleischkonsumenten geführt: Ein Drittel der Studienteilnehmer sagt, dass eine vegetarische Ernährung gesünder sei. Außerdem könne der Verzicht auf Fleisch Gesundheitsrisiken vorbeugen.
Während sich ein Großteil der Befragten beim Fleischkonsum mit gesundheitlichen Risiken konfrontiert sieht, verzichten nur 15 Prozent generell auf Fleisch. Lediglich drei Prozent gaben an, sich ausschließlich vegetarisch zu ernähren. Zwölf Prozent der Befragten kaufen ausschließlich Bio-Fleisch. Allerdings legen 65 Prozent der Befragten laut der Studie keinen besonderen Wert auf die artgerechte Haltung der Tiere.
Doch nach Meinung vieler Befragter ist Fleisch nicht gleich Fleisch: 58 Prozent der Befragten gaben an, Geflügel – sogenanntes „weißes Fleisch“– sei gesünder als „rotes Fleisch“ von Rind oder Schwein. Doch die Geflügelskandale der vergangenen Jahre beunruhigen die deutschen Fleischkonsumenten. 29 Prozent kaufen ihr Fleisch deshalb direkt bei Bauern oder Erzeugern.
Fleischkonsum als Gruppenzwang? Knapp 19 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, weniger Fleisch und Wurst einkaufen zu wollen, Familie oder Partner wollten aber nicht auf Fleisch verzichten. Insbesondere Frauen haben ein ambivalentes Verhältnis zum Fleischkonsum. Ein Viertel der weiblichen Studienteilnehmer gab an, zumindest zeitweise auf den Verzehr von Fleisch oder Wurstwaren zu verzichten.
Alter, Bildung und Herkunft der Befragten spielten eine Rolle: So achten 54 Prozente der 20- bis 29-Jährigen beim Fleischeinkauf auf einen günstigen Preis. Dagegen haben 34 Prozent der Jüngsten (14- bis 19-Jährige) ein schlechtes Gewissen, wenn sie beim Fleischkonsum an die geschlachteten Tiere denken. Menschen mit höherer Schuldbildung essen weniger Fleisch, als Menschen mit niedriger Bildung. In den neuen Bundesländern waren 90 Prozent aller Befragten der Meinung, dass Fleischessen beim Menschen naturbedingt ist.
Die durch den „Wort & Bild Verlag“ veröffentlichte Studie wurde von der GfK-Marktforschung vom 9. bis zum 27. August 2013 als telefonische Befragung durchgeführt. In diesem Rahmen wurden 2094 Befragte im Alter ab 14 Jahren befragt. Die nach Quoten gezogene Stichprobe gilt als repräsentativ für die Bundesrepublik Deutschland.
Können sich alle Menschen gesundes Essen leisten? Bioprodukte oder Obst sind doch viel teurer als Tiefkühlpizzen?
Hier müssen wir unterscheiden: Die Biosiegel sind leider bisher völlig intransparent und schwer vergleichbar. Da wird viel Geld mit geschunden. Ich glaube nicht, dass sich die breite Masse nur „Bio-Produkte“ leisten kann. Aber darum geht es uns auch gar nicht. Wir wollen für gesundes Essen werben. Und da können Sie zum Beispiel Mohrrüben kaufen. Die sind nicht teuer. Oder sie kaufen Früchte der Saison, anstatt immer antizyklisch einzukaufen und im Winter Sommerfrüchte zu verlangen. Nudeln und Reis als Basisprodukte etwa sind auch nicht teuer. Wenn Sie ein paar Grundregeln beachten, können sie sich günstig ernähren.