Kitas, Schulen und Universitäten Bildungssystem? Note: 3-

Das deutsche Bildungssystem ist nicht schlecht. Doch das war es mit den guten Nachrichten. Denn eine Studie zeigt: Fortschritte gibt es kaum. Und Probleme gibt es viele – vor allem mit den Flüchtlingen.

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Nach der Studie haben diese fünf Bundesländer die leistungsfähigsten Bildungssysteme: Sachsen, Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg. Doch das war es mit den guten Nachrichten. Quelle: dpa

Düsseldorf Wie gut Schulen und Hochschulen, ja das Bildungssystem allgemein sind, ist gar nicht so leicht zu messen. Die arbeitgeberfinanzierte Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) hat da seit Jahren ihre eigene Methode – Bildungsmonitor nennt sich das Gesamtwerk. 93 Indikatoren schauen sich Forscher vom ebenfalls arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) dafür näher an, etwa die Schulabbrecherquote, die Bildungsausgaben oder die Zahl der Studenten je Professor. Das am Donnerstag vorgestellte Gesamtergebnis ist in diesem Jahr ernüchternd: Zum ersten Mal in 13 Jahren sind alle Länder zusammengenommen innerhalb eines Jahres nicht besser geworden, sie haben sich sogar minimal verschlechtert.

Positiv haben die Forscher vermerkt, dass mehr Kinder ganztags in Kitas und mehr Schüler ganztags in Schulen betreut werden, dass sich Erzieher in den Kitas und Lehrer in den Grundschulen im Schnitt um weniger Kinder kümmern müssen und die Professoren an den deutschen Hochschulen mehr Geld Forschungsförderern und Sponsoren eingeworben haben.
Negativ schlagen vor allem die Rückschritte bei der Integration von Jugendlichen ohne deutschen Pass zu Buche und der teils sinkende Anteil der Bildungsausgaben je Einwohner im Vergleich zu den Pro-Kopf-Gesamtausgaben.

Nach der Studie haben diese fünf Bundesländer die leistungsfähigsten Bildungssysteme: Sachsen, Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg. Die gute Nachricht: Die anderen elf Länder landen aber zum Teil nur mit geringem Abstand dahinter. Die schlechte: Auch die besten Länder haben massive Schwachstellen. Sachsen etwa, ein Land, das bei Forschungsorientierung oder der Schulqualität punktet, kriegt die Zahl der Schulabbrecher ohne deutschen Pass nicht in den Griff. Bayern und Baden-Württemberg hinken dafür bei den Ganztagsschulen hinterher.

Thüringen gibt zwar sehr viel Geld pro Schüler aus und hat gute Betreuungsbedingungen, doch unterrichten hier viele Lehrer, die kurz vor der Pension stehen und für womöglich nur schwer Ersatz gefunden werden kann. Und in Hamburg, immerhin auf Rang fünf der Studie, schafft „ein hoher Anteil der Schüler jedoch nicht die Mindeststandards in Lesen oder Mathematik“, so der Forscher. Insgesamt zeigt sich: Jedes Land hat Stärken und Schwächen.

Im Vergleich zum Bildungsmonitor 2013 haben sich das Saarland und Hamburg am stärksten verbessert, keine Fortschritte gab es hingegen in Schleswig-Holstein, Sachsen und Baden-Württemberg.

Wichtig allerdings ist, dass es in der Studie nicht um einen ganzheitlichen Bildungsbegriff geht: „Schwerpunkt des Bildungsmonitors ist es, bildungsökonomische Ziele des Bildungssystems zu betrachten und den Beitrag des Bildungssystems zur Fachkräftesicherung zu beschreiben“, so die Forscher. Aus diesem Blickwinkel heraus habe ein Bildungssystem das Ziel, „Teilhabechancen zu erhöhen, zur Fachkräftesicherung beizutragen und damit die Voraussetzungen für wirtschaftliches Wachstum zu verbessern“. Die verwendeten Daten beziehen sich zum Großteil auf die Jahre 2014 und 2015.

Vor allem eines beunruhigt die Autoren: Der Anteil der Jugendlichen ohne deutschen Pass, die die Schule abbrechen, ist leicht gestiegen ¬ fast zwölf Prozent sind es nun. Das ist kein gutes Signal für die große Aufgabe, vor der das Bildungssystem angesichts der Flüchtlingszahlen steht – die Integration von 200.000 zusätzlichen Schülern, bis zu 17.000 Studenten, 100.000 Kita-Kindern und mehr als 150.000 jungen Menschen in der Ausbildung und Berufsvorbereitung allein im Jahr 2017. Für all das seien im nächsten Jahr 3,45 Milliarden Euro nötig, so die Forscher. Bisher aber gibt es wenig Signale aus Berlin und den Landeshauptstädten, die Ausgaben für Bildung und Betreuung so massiv zu erhöhen.

Um junge Flüchtlinge gut zu integrieren, empfehlen die Forscher unter anderem, die Durchlässigkeit im Bildungssystem zu erhöhen, die Schulpflicht für Flüchtlinge bis zum 21. Lebensjahr auszuweiten und Erzieher in den Kitas sowie Lehrer in den Schulen gezielt für den Umgang mit Kindern zu schulen, die nicht Deutsch sprechen. Flüchtlingskinder sollten möglichst eine Kita besuchen, weil sie später in der Schule so meist besser mithalten könnten. Auch der Weg an die Hochschulen müsse erleichtert und die Berufsvorbereitung ausgebaut werden.

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