Klage gegen Länderfinanzausgleich Bayern will nicht Zahlmeister der Norddeutschen sein

Bayern will noch in diesem Jahr gegen den Länderfinanzausgleich klagen. Norddeutschland wirft Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer unsolidarisches Verhalten vor - und will die Klage nicht auf sich beruhen lassen.

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Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer. Quelle: dapd

Berlin/München Bayern wird vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Länderfinanzausgleich klagen. Darauf hat sich das schwarz-gelbe Kabinett am Dienstag in München laut Regierungskreisen verständigt. Bis zum Herbst soll die Klageschrift erstellt werden. Ziel ist es nach Angaben aus der Koalition, die Klage noch in diesem Jahr einzureichen.

Die geplante Klage Bayerns gegen den Länderfinanzausgleich erzürnt die norddeutschen Bundesländer. Sie warfen dem Freistaat am Dienstag unsolidarisches Verhalten vor. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hingegen verteidigte den Schritt, der am Dienstagvormittag im Landeskabinett beraten wurde.

In einer Vorlage für die Sitzung wird eine Klage als unumgänglich bezeichnet, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Die Gespräche mit den Empfängerländern erkläre die Staatskanzlei darin für gescheitert. Seehofer sagte der Zeitung: "Bei aller Solidarität haben wir immer klargemacht: Ein Transfersystem, bei dem Bayern allein die Hälfte der gesamten Ausgleichssumme in ganz Deutschland zahlt, ist aus dem Ruder gelaufen und muss korrigiert werden".

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hat "überhaupt kein Verständnis für eine solche Klage". Der SPD-Politiker warf Seehofer im "Hamburger Abendblatt" vor, im Vorfeld der Landtagswahl in Bayern "wieder einmal auf Spaltung statt auf Gemeinsamkeit in Deutschland" zu setzen". Sellering wies darauf hin, dass Bayern fast 40 Jahre vom Länderfinanzausgleich profitiert habe. "Ich finde es unmöglich, wenn nun ausgerechnet dieses Land die Solidarität in Deutschland infrage stellt und die bis 2019 fest vereinbarten Regelungen aufkündigen will", beklagte der Schweriner Regierungschef. Das belaste auch die Gespräche darüber, wie es nach dem Auslaufen des jetzigen Länderfinanzausgleichs weitergehen soll."


Der Norden reagiert mit Unverständnis

Die schleswig-holsteinische Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) äußerte sich ähnlich. "Für die Aufgabe, die strukturelle Neuverschuldung bis zum Jahr 2020 auf null zu reduzieren, ist ein verlässlicher Rahmen durch den geltenden Länderfinanzausgleich unverzichtbare Voraussetzung", sagte Heinold in Kiel. Die Regelungen des geltenden Länderfinanzausgleichs haben bis zum Jahr 2019 ihre Gültigkeit.

Es sei jedoch an der Zeit, um zwischen den Ländern und dem Bund über die Gesamtheit der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zu verhandeln, sagte Heinold. Sie fügte hinzu: "Ich habe dafür zwei Leitlinien. Zum einen natürlich die Solidarität aller Bundesländer. Zum anderen brauchen wir aber auch ein Anreizsystem, das es für Geber- und Nehmerländer attraktiver macht, ihre Einnahmen zu steigern." Klageverfahren seien hingegen nicht förderlich.

Bremens Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) sieht der Klage Bayern gelassen entgegen. "Wir fürchten die Klage nicht", sagte Linnert im Deutschlandradio Kultur. Bei dem Länderfinanzausgleich handele es sich um "einen Rechtsanspruch und nicht um ein Almosen". Bremen sei unverschuldet in die Haushaltsnotlage geraten. Bayern sei früher selbst auf Hilfe angewiesen gewesen und habe das Bewusstsein dafür verloren, wie "reich und privilegiert" es sei, sagte Linnert.

Bremen erwäge, sich einer möglichen Gegenklage des Saarlandes anzuschließen, fügte sie hinzu. Dabei gehe es um Ungleichheiten in der bundesweiten Mittelverteilung etwa im Bereich der Kohleförderung oder der Landwirtschaft. Das bayerische Kabinett will am Dienstag über das weitere Vorgehen entscheiden.

Angesichts der Zurückhaltung de weiteren Geberländer Baden-Württemberg und Hessen erwägt Bayern auch eine alleinige Klage. Der Fraktionschef der CSU im bayerischen Landtag, Georg Schmid, hat seine Partei aufgefordert, auch ohne die Unterstützung anderer Geberländer für eine Neuordnung des Länderfinanzausgleichs vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. "Notfalls müssen wir auch allein klagen", sagte Schmid "Welt".

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