Koalition streitet über Flüchtlinge „Integrationsfeindlich und unüberlegt“

Wenn die Koalitionsspitzen am Mittwochabend zusammenkommen, wollen sie den Wählern endlich wieder Handlungsfähigkeit demonstrieren. Dazu haben sie sich komplexe Themen ausgesucht – wie die Integration von Flüchtlingen.

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Verhandlungsführer mit großen Aufgaben: Thomas de Maizière (rechts) für die Union und Heiko Maas für die SPD. Quelle: Reuters

Berlin Eine ganze Reihe von Streitpunkten wollen die Koalitionspartner der Bundesregierung am Mittwochabend ausräumen – und auch ihren Konflikt über das heikle Thema der Integration von Flüchtlingen beilegen. Ob ihnen das gelingt, ist aber keineswegs ausgemacht.

Die Verhandlungsführer beider Seiten, Bundesinnenminister Thomas de Maizière für die Union und Justizminister Heiko Maas sowie Arbeitsministerin Andrea Nahles für die SPD, dürften bis unmittelbar vor Beginn der Sitzung am Abend über die Einzelheiten verhandeln, heißt es in Koalitionskreisen. Ziel sei es, im Koalitionsausschuss ein gemeinsames Grundsatzpapier zu den Themen Asyl, Integration und Terrorbekämpfung zu beschließen.

Strittig zwischen den Koalitionspartnern ist das Verhältnis von Fordern und Fördern bei der Eingliederung Asylberechtigter: Bundesinnenminister de Maizière dringt darauf, anerkannte Flüchtlinge schärfer als bisher zu sanktionieren, wenn sie die Teilnahme an Integrationskursen verweigern. Zudem sollen sie sich nur noch dann nach drei Jahren dauerhaft niederlassen dürfen, wenn sie gut Deutsch sprechen und sich selbst versorgen können.

Den Sozialdemokraten geht das zu weit: Die hohe Nachfrage nach Integrationskursen zeige, wie motiviert die meisten Flüchtlinge seien, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, dem Handelsblatt. De Maizière gehe es aber darum, anerkannte Flüchtlinge als integrationsunwillig darzustellen – „das ist reine Stimmungsmache“, so die SPD-Politikerin. Der vom Bundesinnenminister geforderte Nachweis der vollen Lebensunterhaltssicherung oder von Deutschkenntnissen auf dem Einbürgerungsniveau sei „integrationsfeindlich und unüberlegt“.

Arbeitsministerin Nahles fordert wiederum einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt für Flüchtlinge. Dazu soll etwa die in einigen Fällen anstehende Prüfung wegfallen, ob nicht auch ein Deutscher oder ein EU-Bürger für eine freie Stelle infrage komme. De Maizière lehnt dies bislang ab. In Unionskreisen heißt es aber, man sei bei der sogenannten Vorrangprüfung gesprächsbereit, wenn sich die SPD bei den anderen Themen bewege. Bei einer weiteren Änderung der Wohnsitzauflage für Asylberechtigte ohne Arbeit lägen die Positionen bereits nahe beieinander.
Zusätzlichen Zündstoff bergen aber die Wünsche der Union nach neuen Maßnahmen zur Terrorbekämpfung. So sollen die Sicherheitsbehörden künftig etwa nach Anschlägen wie in Brüssel leichter nach Verdächtigen fahnden können, indem sie an den Grenzen die KFZ-Kennzeichen automatisiert scannen dürfen. Zudem soll die Behörden auch Drohnen einsetzen dürfen, um Gefährder besser überwachen zu können. Beides aber lehnt die SPD ab.

Der Konfliktstoff dürfte den Koalitionären also auch nach ihrem Gipfel nicht ausgehen.

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