Koalition uneins Merkel drückt bei Einwanderungsgesetz auf die Bremse

Die SPD ist mit einem Einwanderungs-Plan nach kanadischem Vorbild vorgeprescht – die Union hält davon wenig. Nun meldet sich die Kanzlerin zu Wort und bremst die SPD – für Merkel ist ein anderes Thema drängender.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel hält die Debatte über Einwanderungsgesetz aktuell für überflüssig. Quelle: AFP

Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Debatte um ein Zuwanderungsgesetz gebremst. „Das was drängender im Augenblick ist, ist die Frage der sehr vielen Flüchtlinge, die wir haben. Nach allem was wir absehen können, wird die Zahl in diesem Jahr noch größer sein“, sagte Merkel am Dienstag in Berlin. Bei der Bewältigung dieser Aufgabe arbeiteten Union und SPD „sehr, sehr gut“ zusammen. „Deshalb ist mir hier nach Gemeinsamkeit zumute, wenn es um die Frage der Flüchtlinge geht.“

Zu dem Vorschlag des SPD-Fraktionschefs Thomas Oppermann für ein Einwanderungsgesetz sagte sie lediglich, das müsse geprüft werden. Da dies aber kein Teil des Koalitionsvertrages sei, gebe es auch keinen Streit in der großen Koalition. „Jetzt schauen wir uns an, was man im Zusammenhang mit Einwanderung machen kann oder nicht. Ich muss mir dazu erst ein Urteil bilden“, sagte Merkel. Zuvor hatte die Unions-Fraktionsführung die Oppermann-Vorschläge eines Einwanderungsgesetzes mit einem Punktesystem nach kanadischem Vorbild abgelehnt.

Der SPD-Fraktionschef will sich von der Unions-Kritik an seinen Plänen für ein Einwanderungsgesetz nicht abschrecken lassen. „Ich würde am liebsten alles umsetzen“, sagte Oppermann am Dienstag bei der Vorlage eines Positionspapiers. Das würde er gerne noch in dieser Legislaturperiode beschließen. „Die Debatte hat Fahrt aufgenommen und ich möchte den Fahrtwind nutzen“, sagte Oppermann. „Dieses Projekt ist eigentlich ein Projekt, das eine große Koalition stemmen müsste.“ Sonst werde das Thema bei der Bundestagswahl zur Abstimmung gestellt.

Künftig gebe es in Deutschland jährlich einen Bedarf von etwa 300.000 bis 400.000 qualifizierten Einwanderern. Gemäß Ausbildung, Beruf und Sprachkenntnissen sollen über ein Punktesystem Einwanderer aus Drittstaaten angeworben werden. „Arbeitsverträge bringen zusätzliche Punkte“, so Oppermann. Ohne Neuregelung drohe eine riesige Lücke bei den Fachkräften. „Das gefährdet unsere sozialen Sicherungssysteme, insbesondere bei der Rente.“

Die bisherigen Regeln seien „unübersichtlich, zersplittert und intransparent.“ Und mit der Blue Card, bei der ein Mindestgehalt und ein Hochschulabschluss vorliegen muss, seien seit 2012 nur 24.000 Spezialisten eingewandert. Zudem schließe dies zum Beispiel IT-Spezialisten ohne Uni-Abschluss aus, kritisiert die SPD. Den Arbeitsmarkt müsse man auch verstärkt für Flüchtlinge öffnen. Diese sollen schneller in Sprach- und Ausbildungskurse gebracht werden. Ohne Beherrschung der Sprache ließen sich die Potentiale von Flüchtlingen und Einwanderern nicht heben, so Oppermann.

Die Führung der Unionsfraktion im Bundestag sprach sich gegen die SPD-Vorschläge zu einem neuen Einwanderungsgesetz aus. „Ich sehe keine Notwendigkeit, an den jetzigen gesetzlichen Regelungen etwas zu ändern“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt auf die Frage, ob sich in dieser Legislaturperiode noch etwas ändern werde. Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Michael Grosse-Brömer sagte: „Ich habe immer gesagt, wir brauchen kein neues Gesetz.“

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