Koenzens Netzauge

Föderalismus als Digital-Bremse

Deutschland hinkt bei den Digitalkompetenzen zurück. Schuld ist auch der Föderalismus. Er bremst die Digitalisierung von Schulen und verhindert den Aufbau schlagkräftiger Cybercrime-Einheiten. Ein Appell an die Vernunft.

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Schülerinnen und Schüler der vierten Klasse arbeiten an Laptops. Quelle: dpa

Eigentlich hätte ein Freudenschrei durch die deutsche Schullandschaft gehen müssen. Mit nicht weniger als fünf Milliarden Euro Bundesmitteln möchte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka Schulen beim Aufbau digitaler Infrastrukturen unterstützen. Das Einzige, was die Bildungseinrichtungen für einen Abruf liefern müssen: ein medienpädagogisches Konzept.

Doch weit gefehlt. Statt Freude und vielleicht auch ein wenig Dankbarkeit kommt vom deutschen Lehrerverband in Gestalt ihres Präsidenten: Gegenwehr. Neben sachlichen Argumenten, über die man sicherlich diskutieren kann, wird vor allem ein Ablehnungsgrund angeführt: der Föderalismus.

Bildung sei nun mal Ländersache, der Bund habe sich nicht einzumischen und damit sei man sicher, dass viele – wenn nicht gar alle – Länder die Fördergelder nicht in Anspruch nehmen würden.

Wie bitte? Unsere Länder, die permanent über eine zu geringe Finanzausstattung der Schulen klagen und oft nicht einmal ausreichend Budget für nötigste Sanierungsarbeiten haben, lehnen geschenktes Geld ab? Geld, das zudem ohne jede inhaltliche Einmischung daherkommt? Ganz ehrlich: das ist nicht nur nicht nachvollziehbar, es ist unfassbar!

Digitale Kompetenzen sind unverzichtbar

Denn wo, wenn nicht in den Schulen, soll unser Nachwuchs den souveränen, sinnvollen und bewussten Umgang mit digitalen Medien lernen? Wo sollen sie lernen, seriöse von unseriösen Quellen zu unterscheiden und die richtigen Rückschlüsse zu ziehen? Vom Umgang mit Standardprogrammen und einem Grundverständnis – oder gar Begeisterung – fürs Programmieren ganz zu schweigen. Beim Daddeln am heimischen PC?

Die Schulen sind und bleiben die wichtigsten Orte der vorberuflichen Bildung. Das gilt für die klassische, analoge Bildung genauso wie für Bildung unter Zuhilfenahme digitaler Medien und des Internets. Spätestens beim Eintritt in die Uni oder die Berufsausbildung werden digitale Kompetenzen als selbstverständlich vorausgesetzt. Es ist zu spät, wenn die digitale Kompetenzvermittlung auf Unternehmen und Universitäten abgewälzt wird.

Auf diese Weise werden wir die zweite Halbzeit der Digitalisierung nicht gewinnen. Es mag sein, dass diese Botschaft noch nicht in allen Kultusministerien angelangt ist. Im Bund zumindest hat man sie offenbar verstanden. Nicht ohne Grund steht auch der kommende Nationale IT-Gipfel in Saarbrücken ganz im Zeichen der digitalen Bildung.

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