Kreditaufnahme sinkt auf deutlich unter 30 Mrd. Euro Bund macht wesentlich weniger neue Schulden

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) wird für das vergangene Jahr wesentlich weniger als 30 Mrd. Euro neue Schulden aufnehmen müssen. Er könnte schon bald gezwungen sein, seinen Finanzplan zu überarbeiten.

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HB BERLIN. „Die Nettokreditaufnahme liegt deutlich unter 30 Milliarden Euro“, sagte ein ranghoher Beamter des Finanzministeriums dem Handelsblatt. Der genaue Wert stehe zwar erst Mitte Januar fest, aber es gehe nur noch um die Frage, „um wie viele Milliarden die Neuverschuldung unter der 30-Milliarden-Grenze liege“. Bisher hatte Bundesfinanzminister Steinbrück eine Kreditaufnahme von annähernd 30 Mrd. Euro oder weniger für 2006 in Aussicht gestellt. Im Haushaltsplan stand noch eine Neuverschuldung von etwas mehr als 38 Mrd. Euro. Verantwortlich für den günstigeren Kassenabschluss ist vor allem die ungebrochen gute Entwicklung bei den Steuereinnahmen. Laut aktuellem Monatsbericht sind die Steuereinnahmen des Bundes zwischen Januar und November 2006 um 8,3 Prozent auf 171,5 Mrd. Euro gestiegen. Diese gute Entwicklung wird nach Ansicht von Finanzminister Steinbrück auch im kommenden Jahr anhalten. „Ich sehe wirtschaftlich mit Zuversicht in das neue Jahr. Die Mehrwertsteuererhöhung wird nur eine Delle hinterlassen“, sagte Steinbrück am Wochenende. Seit 2002 hat der Bund jährlich mehr als 30 Mrd. Euro an neuen Krediten am Kapitalmarkt nachgefragt. Mit knapp 23 Mrd. Euro lag die Nettoneuverschuldung 2001 am niedrigsten. Diesen Wert will die schwarz-rote Koalition in diesem Jahr noch unterbieten. Mit 19,6 Mrd. Euro strebt die Bundesregierung die niedrigste Neuverschuldung seit der Wiedervereinigung an. Und auch in den Folgejahren soll die Haushaltskonsolidierung konsequent fortgesetzt werden. Einen fast ausgeglichen Staatshaushalt hatte der Finanzminister im aktualisierten Stabilitätsprogramm für das Jahr 2010 in Aussicht gestellt. Voraussetzung dafür ist nach Ansicht Steinbrücks, dass die Regierung an ihrer Finanzpolitik festhält. „Wir müssen Kurs halten; bei der Konsolidierung und beim intelligenten Setzen von Wachstumsimpulsen“, sagte Steinbrück. Der Erfolg im abgelaufenen Jahr habe der Koalition Recht gegeben. „Unsere Maßnahmen haben mitgeholfen, ein robustes Wachstum zu befördern. Diesen Weg gehen wir weiter.“ Denn eines gelte sicher: „Ohne Konsolidierung kein Wachstum, aber ohne Wachstum auch keine Konsolidierung. Die doppelte Tonlage beizubehalten, wird unsere Politik auch in den nächsten Jahren bestimmen.“ Allerdings könnte Steinbrück schon bald gezwungen sein, seinen Finanzplan zu überarbeiten. Wie die Wirtschaftsforschungsinstitute will auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) die Wachstumsprognose der Regierung für dieses Jahr deutlich anheben. Im Jahreswirtschaftsbericht, der Ende Januar vorgestellt wird, soll die Konjunkturprognose von derzeit 1,4 Prozent auf rund zwei Prozent nach oben korrigiert werden. Das zusätzliche Wirtschaftswachstum wird sich entsprechend in höheren Steuereinnahmen und einer niedrigeren Neuverschuldung niederschlagen. Auch die Industrie rechnet mit einem kräftigen Konjunkturverlauf im nächsten Jahr. „Die gute Stimmung und auch die gute Auftragslage lassen mich immer zuversichtlicher ins neue Jahr blicken", sagte Jürgen Thumann, Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI). „Nachdem wir jahrelang ein Wachstum von weniger als ein Prozent hatten, kommen wir dieses Jahr mit Sicherheit über zwei Prozent, vielleicht sogar auf 2,5 Prozent“, sagte Thumann. Der konjunkturelle Anstieg verfestige sich. Angesichts der guten Wachstumsaussichten hatte die Bundesbank den von geplanten Defizitabbau nach 2008 als „nicht ausreichend ambitioniert“ kritisiert. Auch die Union forderte den Finanzminister in den vergangenen Wochen auf, die Neuverschuldung stärker zu senken. Steinbrück hatte die Kritik zurückgewiesen. Der Finanzminister will erst vor der Sommerpause entscheiden, wie der Rückgang der Neuverschuldung nach 2008 verlaufen werde.

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