Kriminalität und Innere Sicherheit Der Staat muss wieder lernen, Zähne zu zeigen

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Beruhigungspille, die nicht wirkt

Diese Beruhigungspille ist also nur auf den ersten Blick wirksam. Bei den meisten Menschen, die sich verunsichert fühlen, vermutlich gar nicht. Die Tatsache, dass der deutsche Staat sich selbst für unfähig und/oder unwillig – der Unterschied ist im Kanzleramt nie so recht gemacht worden – erklärt, den illegalen Zuzug und andere Verstöße gegen das Ausländerrecht zu verhindern, ist schließlich gerade eine der Hauptquellen der großen Verunsicherung.

Will man dem Bürger tatsächlich zumuten, keinen Zusammenhang herzustellen zwischen den unkontrollierten Grenzen – Deutschlands oder der EU – und der Feststellung, dass der sprunghafte Anstieg der Einbruchskriminalität vor allem auf speziell zum Zweck des Einbrechens eingereiste Nicht-Deutsche zurückzuführen ist? Glaubt man auch nach den Ereignissen der Silvesternacht immer noch, durch selektive Kommunikationsstrategien eine Instrumentalisierung durch die „Rechte“ vermeiden zu müssen – und zu können?

Fakten zum Drogenhandel in Deutschland

Als ob „rechte Kreise“ – man hätte auch gleich „AfD“ sagen können – eine Statistik benötigten! Ängste und Sorgen, auf denen ihre Wahlerfolge beruhen, pflegen nicht aus abstrakten Zahlen hervorzugehen, sondern aus dem, was Menschen erfahren. Niemand benötigt in Deutschland einen Polizeibericht, um mitzubekommen, dass die Einbruchsgefahr in jüngster Zeit extrem zugenommen hat. Die Opfer sind schließlich mitten unter uns. Fast jeder kennt eines. 

Die Kontrolle der Außengrenzen ist die Aufgabe, bei der der Schutz der inneren und der äußeren Sicherheit sich berühren. Wenn Banden völlig ungehindert in die EU, also auch nach Deutschland einreisen können, um zu stehlen, wird klar, dass innere Sicherheit auch mit dem Schutz der Grenzen zu tun hat. Und es wird deutlich, dass die Realisierung der Parole „no borders“ nicht gleichbedeutend mit „alle Menschen werden Brüder“ und „internationaler Solidarität“ ist, sondern die Gefahr der totalen Überforderung der Polizei im Kampf gegen die Kriminalität mit sich bringt. 

Gewaltiger Friedensstifter für liberale Gesellschaft gesucht

Die historische und aktuelle Erfahrung mit schwachen und gescheiterten Staaten bestätigt Hobbes. Der gewaltige Friedensstifter Leviathan ist kein Gegner der liberalen Gesellschaft, sondern im Gegenteil die Voraussetzung für alles, was das lebenswerte Leben des Menschen ermöglicht: für Wohlstand durch eine funktionierende Wirtschaft, die auf dem Schutz des Eigentums beruht, ebenso wie für linke Ziele wie Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität.

Die Union ist auf Grund ihrer Geschichte, ihrer langen und intensiven Regierungserfahrung, eigentlich dafür prädestiniert, den Job als ideologiefreie und nüchterne Partei für Sicherheit zu übernehmen. Aber den Leviathan zu stärken, ist anstrengend, riskant, ja auch gefährlich. Kein Job für Politiker wie Angela Merkel, die ein „freundliches Gesicht“ zu zeigen bevorzugen, um die Sympathien dort zu suchen, wo man nicht in Hobbes‘ Denktradition steht, sondern wie Rousseau den Menschen als von Natur aus gut und friedliebend ansieht.

Die neue Alternative zur Union und den anderen etablierten Parteien wird erst dann wieder überflüssig werden, wenn diese den Leviathan nicht weiter zur Milchkuh degradieren, sondern ihm Hörner wachsen lassen.

 

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