Kritik an von der Leyen Empörung über Kasernen-Gewaltexzesse

Angebliche „sexuell-sadistische Praktiken“ und Gewaltrituale in einer Elite-Ausbildungskaserne:. Nach der ersten Empörung wird nun auch die Informationspolitik der zuständigen Ministerin hinterfragt.

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Wovor die Deutschen Angst haben
Zusammenbruch des StromnetzesSechs Prozent der Deutschen machen sich große Sorgen um Stromausfälle. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die das Institut für Demoskopie Allensbach und das Centrum für Strategie und Höhere Führung für die Deutsche Telekom durchgeführt hat. Generell ist die Bevölkerung demnach derzeit so besorgt um ihre Sicherheit wie in keinem der vorangegangen fünf Jahre. Quelle: DPA
Verkehrsunfälle Der Umfrage zufolge machen sich 14 Prozent der Befragten Gedanken, in einen Verkehrsunfall verwickelt zu werden. Befragt wurden rund 1.500 Personen aus einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung ab 16 Jahre im August dieses Jahres. Quelle: DPA
Spionage15 Prozent der Befragten gaben an, sich Sorgen darüber zu machen, dass andere Staaten wie die USA oder China die deutschen Bürger zu sehr überwachen, indem sie etwa ihr Telefon oder die Internetverbindung ausspionieren. Quelle: DPA
DigitalisierungNoch mehr beunruhigt die Deutschen, dass man durch die Digitalisierung von Computern abhängig ist. 16 Prozent gaben an, sich darüber große Sorgen zu machen. Quelle: DPA
ÜberwachungMehr als vor Spionage im Ausland fürchten sich die Befragten davor, dass der deutsche Staat seine Bürger zu sehr überwacht. 16 Prozent legten bei den persönlichen Interviews diese Karte auf den Stapel: große Sorgen. Quelle: DPA
Radioaktive VerstrahlungOffenbar nimmt die Energiewende den Deutschen die Angst: Auch wenn immer noch 17 Prozent Sorgen vor einem Unfall in einem Kernkraftwerk haben, gehen doch immerhin 45 Prozent davon aus, dass dieses Risiko in Zukunft weniger wird. Nur 23 Prozent glauben, es steigt. Quelle: DAPD
ArbeitslosigkeitDass nur 19 Prozent der Bevölkerung sich Gedanken darum macht, in Zukunft den Arbeitsplatz zu verlieren, führen die Autoren der Studie auf die robuste Konjunkturlage in Deutschland zurück. Vor drei Jahren waren es noch 25 Prozent. Quelle: DPA

Im Skandal um Gewaltexzesse von Soldaten an einem Elite-Standort der Bundeswehr geraten zunehmend auch das Verteidigungsministerium und die militärische Führung in die Kritik. Bundestagsabgeordnete von SPD und Grünen prangerten eine schleppende Informationspolitik an und wollen die Vorfälle in der Staufer-Kaserne von Pfullendorf (Baden-Württemberg) im Verteidigungsausschuss prüfen.

Die Informationen zu sexueller Nötigung, Mobbing und Demütigungen in dem Ausbildungszentrum für Spezialkräfte lösten Rufe nach massiven Konsequenzen aus. „Es betrifft etliche Soldaten und Vorgesetzte“, sagte der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), der „Bild“-Zeitung. Nun werde „hart durchgegriffen“. Auch in der „Bild am Sonntag“ äußerte sich Bartels empört: Die Dienstaufsicht habe versagt. „Um einen Neuanfang wird man nicht herumkommen.“

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte die Vorfälle an dem Bundeswehrstandort in Baden-Württemberg am Freitagabend als „abstoßend und (...) widerwärtig“ bezeichnet. Sie würden „mit aller Härte aufgeklärt“. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Rainer Arnold, kritisierte die Kommunikationsstrategie der Ministerin. „Wieder einmal wurde das Parlament nicht rechtzeitig informiert, obwohl die Fakten schon seit einiger Zeit bekannt waren“, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“.

Große Terroranschläge in Europa

Arnold und die anderen Obleute des Verteidigungsausschusses wurden demnach am Freitagnachmittag erst kurz nach Veröffentlichung des Berichts von „Spiegel Online“ durch Generalinspekteur Volker Wieker schriftlich informiert. Der SPD-Experte spracht sich für eine Sondersitzung des Bundestags-Ausschusses aus. „Da sollte sich die Koalition nicht von der Opposition jagen lassen.“ Die Verteidigungsministerin müsse „sauber aufklären, strafrechtlich Relevantes weiterhin zur Anzeige bringen und in dem Laden aufräumen“.

Die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger sagte: „Wir werden im Verteidigungsausschuss die lückenlose Klärung der vielen offenen Fragen einfordern. Wieder einmal ist das Parlament viel zu spät und unzureichend informiert worden.“ Der „Schwäbischen Zeitung“ sagte Brugger, das Ministerium habe schon Monate davon gewusst. Man werde daher „eine Reihe von Fragen an das Ministerium stellen, statt uns allein auf die dünnen Informationen zu verlassen“.

Laut „Spiegel Online“ gab es unter anderem „sexuell-sadistische Praktiken“ sowie Gewaltrituale in der Elite-Ausbildungskaserne in Pfullendorf. Sieben Soldaten wurden vom Dienst suspendiert und sollen fristlos entlassen werden, zudem wurden mehrere Disziplinarverfahren und Versetzungen angeordnet. Die Bundeswehr schaltete die Staatsanwaltschaft ein und stellte Strafanzeige gegen mehrere Soldaten, Generalinspekteur Wieker will „in den nächsten Tagen“ nach Pfullendorf fahren, um sich die Vorgänge darstellen zu lassen, sagte ein Ministeriumssprecher der Deutschen Presse-Agentur.

Bartels sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, in Pfullendorf habe es womöglich „Restbestände von einem Machoverhalten“ gegeben. Der Wehrbeauftragte betonte: „Trainingsmethoden müssen immer mit der Menschenwürde vereinbar sein.“ Arnold kritisierte im Südwestrundfunk: „Da wurde offensichtlich die notwendige Härte in der Ausbildung mit menschenverachtender Dummheit verwechselt.“

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