Kritik der Grünen „Neuer Internet-Ausschuss ohne echte Relevanz“

Union und SPD haben sich die Digitalisierung Deutschlands groß auf die Fahnen geschrieben. Doch der eigens für das Thema eingerichtete Parlamentsausschuss gerät zum Rohrkrepierer, kritisieren die Grünen.

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Der Bundestag hat in dieser Legislaturperiode den Ausschuss „Digitale Agenda“ eingerichtet, doch seine Arbeit lässt zu wünschen übrig. Quelle: Reuters

Berlin Die Grünen haben eine vernichtende Bilanz der Arbeit des in dieser Legislaturperiode neu eingerichteten Bundestagsausschusses „Digitale Agenda“ gezogen. „Leider scheint sich zu bewahrheiten, was wir seit dem Start des Ausschusses befürchtet haben. Ohne federführende Zuständigkeit bleibt es ein Gremium ohne echte parlamentarische Relevanz“, sagte der Vize-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, Handelsblatt Online.

Dass die Große Koalition verhindert habe, dass grundsätzlich öffentlich getagt wird, sei „ein weiterer schwerer Fehler, denn das öffentliche Interesse an den Themen des Ausschusses ist hoch, und die Menschen sind enttäuscht von dem Mangel an Transparenz“, sagte von Notz weiter.

Die Netzpolitik werde von Union und SPD auch in dieser Wahlperiode „klein gehalten“, kritisierte der Grünen-Politiker. Man habe die Zuständigkeiten der Ministerien „zerstückelt, statt sie zu bündeln“ und dem 23. Ausschuss des Bundestages auch „keine echte Zuständigkeit“ gegeben. „Das ist angesichts der Bedeutung dieses Themas für die Menschen und die Wirtschaft unverantwortlich“, sagte von Notz.

Scharfe Kritik äußerte von Notz am Umgang von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere mit dem Thema Datenschutz. „Der Bundesinnenminister und sein Haus handeln in Datenschutzfragen nicht problembezogen, und man hat in Fragen des Datenschutzes das Vertrauen weitestgehend verspielt“, sagte von Notz. Letztlich werde dort jegliche gesetzliche Regelung ausgebremst. „Offensichtlich will man im Innenministerium nicht begreifen, dass der gesetzliche Datenschutz kein Störfaktor ist, sondern längst der zentrale Vertrauensgarant der IT-Wirtschaft sein könnte und letztlich die Akzeptanz der Geschäftsmodelle sichern würde.“

Für unglaubwürdig hält von Notz zudem den Einsatz des Ministers für eine europäische Datenschutzreform. „Das Bundesinnenministerium hat nach außen immer gut Wetter gemacht, aber hinten rum wieder und wieder die EU-Datenschutzreform gebremst und verzögert.“

Für wenig hilfreich hält von Notz die Forderung de Maizieres nach mehr nationalem Spielraum. Im EU-Parlament seien die Debatten längst gelaufen. „Jetzt mit neuen Forderungen um die Ecke zu kommen ist ein erneutes Ausbremsen der Verbesserung des Schutzniveaus der Verbraucher.“

Damit breche der Minister auch das Wort von Kanzlerin Angela Merkel, die im Herbst vergangenen Jahres eine zügige Umsetzung der Reform versprochen hatte.  „Die Wirtschaft hat völlig zu Recht auf Rechtssicherheit durch klare gesetzliche Regelungen gehofft und hat stattdessen beispielsweise eine sinnlose Datenschutz-Stiftung bekommen, die jetzt rückabgewickelt werden soll“, kritisierte von Notz. 

Genauso aus der Zeit gefallen wirke die schon seit Jahren angekündigte Meldepflicht für Unternehmen, die Daten von EU-Bürgern ans Ausland weitergeben, „die man wie eine Monstranz vor sich herträgt“, fügte der Grünen-Politiker hinzu. „Gleichzeitig will man aber wegen der andauernden, die Grundrechte aushebelnden Massenüberwachung von Bundesbürgern keinen Finger krumm machen.“ 

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