Kurzbach gegen Precht Ein Solinger schlägt zurück

Die Handelsblatt-Kolumne von Richard David Precht scheucht den Oberbürgermeister von Solingen auf: Mit Wortgewalt verteidigt er seine Stadt, die Precht zuvor noch wortgewaltiger verdammt hatte.

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Solingen kennt man für seine Messer und für die Müngstener Brücke, über die die Stadt mit Remscheid verbunden ist. Richard David Precht verbindet damit aber auch Langeweile und Tristess. Quelle: dpa

Der Philosoph Richard David Precht offenbarte in einer Kolumne für das Handelsblatt-Magazin schlechte Kindheitserinnerungen an seine Heimatstadt Solingen und auch einige Bewohner: Von seinen Mitschüler berichtete er, dass sie „mit Kunstlederkoffern in die CDU eintraten und die Haare glatt zurückkämmten“. Er habe sich vor ihnen gefürchtet. „Wenn sie je träumten, dann von Luxusvillen, Poolpartys und Sportwagen samt weiblichem Zubehör.“

Precht vermutet, dass Langweiler wie diese für viele technische Fortschritte verantwortlich sind. Er schreibt: „Mit ihrer Hilfe hat sich die junge Garde des Second-Machine-Age ihren Traum erfüllt: mit Apps und Algorithmen den Zufall, das Schicksal und das Abenteuer des Lebens zu umgehen und daraus ein gigantisches Geschäft zu machen!“

Davon fühlt sich Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) offensichtlich provoziert. Bei „Focus online“ veröffentlichte er nun eine Replik auf Precht. Er fasst zusammen: „Jetzt ärgern Sie sich darüber, dass Physiker, Informatiker und Manager die Digitalisierung vorantreiben, die die Welt wieder einmal in erheblich größerem Maße verändert, als das Geisteswerk der Philosophen (die bis auf eine markante Ausnahme) die Welt immer nur verschieden interpretiert, aber selten verändert haben.“

Den Vorwurf, Solingen sei so langweilig, dass sich die Menschen dort ins Digitale flüchten, will er nicht stehenlassen: „Dass erfolgreiche Informatiker und Manager in diesen Städten geboren sind, hat vielleicht weniger mit der Langeweile zu tun, die möglicherweise in kleineren Städten grassiert, als damit, dass diese Menschen dort offenbar ausgezeichnete Schulen, Lehrerinnen und Lehrer fanden, die sie förderten und ihr Talent erkannten.“

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