Ladestationen in Bundesministerien Anschluss für E-Autos verzweifelt gesucht

Die Bundesregierung will Elektroautos nach vorn bringen, geht dabei aber selbst nicht mit gutem Beispiel voran. In den Ministerien sind frei zugängliche Stromtankstellen Mangelware. Ein Armutszeugnis, finden die Grünen.

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Der Bund lässt sich Stromtankstellen einiges kosten, um Elektro-Autos für Käufer attraktiver zu machen. Aber er selbst geht nicht mit gutem Beispiel voran. Quelle: dpa

Berlin Es kommt nicht so oft vor, dass Entscheidungen der EU-Kommission in Berlin ohne jeden kritischen Ton aufgenommen werden. Das Ja Brüssels zum deutschen Förderprogramm für den Aufbau von Stromtankstellen für Elektroautos ist so ein Fall. Entsprechend positiv reagierte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). „Damit geben wir den Autofahrern das Vertrauen, dass sie ihre Fahrzeuge überall und jederzeit aufladen können“, sagte der Minister kürzlich.

Überall und jederzeit stimmt aber nicht ganz. Schon bei den Ministerien der Bundesregierung geht Dobrindts Versprechen ins Leere. Denn nur sein Verkehrsministerium unterhält öffentlich zugänglichen Stromtankstellen für Elektroautos, alle anderen Ressorts nicht, wie aus einer dem Handelsblatt vorliegenden Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Frage des Vizechefs der Grünen-Bundestagsfraktion, Oliver Krischer, hervorgeht.

Demnach befinden sich zum Stichtag 1. März 2017 lediglich in Dobrindts Geschäftsbereich öffentliche Ladesäulen. Am Standort Bonn können vier solcher Stromtankstellen genutzt werden, am Standort Berlin befinden sich vier „teilöffentliche Ladesäulen für Gäste“. Darüber hinaus, heißt es in der Antwort weiter, befänden sich „in nahezu allen Bundesministerien betriebsinterne und Mitarbeiter-Ladeeinrichtungen“. Diese könnte jedoch aus Sicherheitsgründen nicht der Öffentlichkeit zum Laden ihrer Elektrofahrzeuge angeboten werden.

Der Grünen-Politiker Krischer reagierte darauf mit Unverständnis. Bis 2020 wolle die Bundesregierung eine Million Elektroautos auf den Straßen haben, doch bis heute seien gerade einmal knapp 25.000 E-Autos unterwegs. Das liege nicht zuletzt auch an der fehlenden E-Ladesäuleninfrastruktur. „Umso unverständlicher ist, dass die Bundesregierung selbst nicht mit gutem Beispiel vorangeht“, sagte Krischer dem Handelsblatt. Lediglich ein Bundesministerium habe Ladesäulen für Gäste. „Das ist ein Armutszeugnis für die Vorbildfunktion beim Thema Elektromobilität für CDU/CSU und SPD.“

Dabei lässt sich der Bund Stromtankstellen einiges kosten, um Elektro-Autos für Käufer attraktiver zu machen. Nach grünem Licht der EU-Kommission startete der Bund kürzlich ein 300 Millionen Euro umfassendes Förderprogramm für den Aufbau von 15.000 Ladesäulen in ganz Deutschland. Seit 1. März können Kommunen und private Investoren Anträge stellen.


„Durch das Förderprogramm werden Elektrofahrzeuge attraktiver“

Die Ladesäulen müssen öffentlich zugänglich sein und mit Strom aus erneuerbaren Energien gespeist werden. Ob das Laden für die Autofahrer gratis ist oder etwas kostet, entscheiden die Betreiber. Die bisher unzureichende Lade-Infrastruktur gilt als ein Grund für die immer noch schwache Nachfrage nach Elektroautos in Deutschland .

„Durch das deutsche Förderprogramm werden Elektrofahrzeuge für Verbraucher und Unternehmen attraktiver“, erklärte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. „Es sorgt für die kosteneffiziente Bereitstellung der erforderlichen Ladeinfrastruktur und steht mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang.“ Mit der Förderung trage Deutschland dazu bei, den Schadstoff-Ausstoß zu senken und die Luftqualität zu verbessern, lobte die EU-Kommission. Finanzielle Unterstützung dürfte nach ihrer Einschätzung auch nur in der Startphase nötig sein.

Dobrindt hatte im vergangenen Jahr auch angekündigt, 2017 noch 400 Schnelllade-Stationen an Autobahn-Raststätten aufstellen zu lassen. Aus gutem Grund. „Damit E-Autos künftig auch für längere Strecken attraktiv sind, muss es vor allem an Autobahnen ausreichend Schnellladesäulen geben“, sagte seinerzeit der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann. Wegen der mangelnden Reichweite galt als bevorzugter Einsatzort für Elektroautos bisher vor allem der Stadtverkehr. Die höchste Dichte an Ladepunkten findet sich in großen Städten wie Berlin und Hamburg.

Mit dem Plan für Schnelllade-Säulen entlang der Hauptverkehrsadern könnten die Autohersteller das Reichweiten-Problem relativieren. Denn wenn das Aufladen eines E-Autos so einfach und schnell geht wie das Befüllen eines Tanks, verliert die Reichweite an Bedeutung.

Neu ist die Idee allerdings nicht. Mit ihrem Konzept kopieren die Autobauer den Elektroauto-Pionier Tesla. Um die Verkäufe ihrer E-Sportwagen anzukurbeln, stellte die US-Firma kurzerhand weltweit Ladestationen auf. Inzwischen ist das Netz auf mehr als 700 Ladestationen mit 5000 Ladepunkten angewachsen. In Europa hat Tesla gut 260 seiner „Supercharger“ installiert.

Die deutschen Autobauer wollen noch einen draufsetzen. Statt der 120 Kilowatt von Tesla sollen ihre Ladesäulen 350 Kilowatt Leistung bieten. Damit sollen E-Auto-Batterien in wenigen Minuten zu 80 Prozent aufgeladen werden können. An einer normalen Steckdose dauert das sieben bis acht Stunden.

Außerdem setzen die Autokonzerne auf den in Europa als Standard angedachten CCS-Stecker („Combined Charging System“). Dieser erlaubt das Laden mit Gleich- und Wechselstrom und ist mit verschiedenen bestehenden Systemen kompatibel.

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