Länder machen Pforten dicht Leere Plätze in Flüchtlingsunterkünften

Als im vergangenen Jahr über eine Million Flüchtlinge nach Deutschland kamen, war jeder Platz Gold wert - jetzt stehen viele Einrichtungen leer. Doch ein Blick in die Länder zeigt: Es gibt weiterhin genug zu tun.

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Wo Flüchtlinge in Deutschland wohnen
Autobahnmeisterei Quelle: dpa
Deutschlands höchstgelegene Flüchtlingsunterkunft befindet sich im Alpenvorland Quelle: dpa
Container Quelle: dpa
Bischofswohnung und Priesterseminar Quelle: dpa
Eissporthalle Quelle: Screenshot
Ehemaliger Nachtclub als Flüchtlingsunterkunft Quelle: dpa
Jugendherberge Quelle: dpa

Immer weniger Flüchtlinge kommen nach Deutschland, immer mehr Erstaufnahmeeinrichtungen stehen leer. Quer durch die Bundesrepublik planen viele Länder, Unterkünfte zu schließen oder haben dies bereits getan, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Kommunen in kleineren Ländern wird dadurch eine Verschnaufpause gewährt, doch für alle gilt das nicht. Vielerorts heißt es jetzt: aufgeschobene Probleme anpacken, sich neu organisieren und für den Notfall Reserve-Plätze bereithalten.

Nach der Schließung der sogenannten Balkanroute ist die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge in Deutschland drastisch gesunken. Im März wurden Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zufolge nur noch gut 20 000 Asylsuchende registriert. Im Februar waren es rund 60 000, im Januar 90 000. Besonders die deutschen Stadtstaaten nutzen dies, um in ihren Ländern aufzuräumen.

Hamburg betreibt derzeit 39 Erstaufnahmeeinrichtungen mit rund 18 000 Plätzen, von denen Ende März etwa 15 000 belegt waren. An eine Schließung von Standorten sei derzeit nicht gedacht, heißt es aus der Hansestadt. Für gut 4000 Menschen, die noch in ehemaligen Baumärkten und Zelten untergebracht seien, soll mehr Privatsphäre geschaffen werden. Dazu kommt eine weitere Idee: Erstaufnahmeeinrichtungen in Folgeunterkünfte umzubauen.

Auch Berlin strukturiert um. Derzeit leben in den Notunterkünften rund 43 000 Menschen, 2400 Plätze sind frei. Die großen Erst- und Notaufnahmestellen beispielsweise im ehemaligen Flughafen Tempelhof bleiben geöffnet, stattdessen will der rot-schwarze Senat erst einmal die Turnhallen frei bekommen. Aus 7 von 63 belegten Hallen sollen die Flüchtlinge im Mai ausziehen.

Deutlich zu spüren ist der massive Rückgang in den Ländern, die mit die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben, wie etwa Bayern. Weil von rund 25 000 regulären Erstaufnahme-Plätzen inzwischen weniger als die Hälfte belegt sind, entschied das Kabinett, die Kommunen zu entlasten und bestehende Notunterkünfte zu schließen. Asylsuchende sollen auf die leeren Plätze umverteilt werden und dort länger als bisher bleiben - bis zu sechs Monate. Dafür sollen bis zu 15 000 zusätzliche Erstaufnahme-Plätze in ehemaligen Kasernen geschaffen werden.

In Baden-Württemberg wurden zur Hoch-Zeit 29 Liegenschaften für die Erstaufnahme betrieben. Knapp ein Drittel davon seien dicht, von derzeit 19 000 Erstaufnahmeplätzen nur etwa die Hälfte belegt, teilte das Staatsministerium in Stuttgart mit. Ähnlich in Nordrhein-Westfalen: Von über 70 Sporthallen werden noch etwa die Hälfte zur Erstaufnahme genutzt. Seit Mitte Dezember wurden bereits 18 700 Plätze abgebaut, und es sollen noch 7000 weniger werden.

Auch in Sachsen sollen mehrere Erstaufnahmeeinrichtungen im Laufe der kommenden Monate geschlossen werden - darunter der frühere Baumarkt in Heidenau bei Dresden, der 2015 wegen Ausschreitungen Rechtsextremer international in die Schlagzeilen geraten war. Aktuell hat der Freistaat an 36 Standorten Einrichtungen zur Erstaufnahme. Von 18 000 Betten sind nur 3000 belegt.

Gerade in Ländern, die größenbedingt nur für Hunderte statt Tausende Flüchtlinge Platz haben, wirken sich die sinkenden Zahlen außerdem auf die Mitarbeiter aus: Allein in Rheinland-Pfalz sollen vier Einrichtungen bis Ende 2017 schließen, von 14 000 Plätzen soll auf 12 000 reduziert werden. Das Land sucht für Beschäftigte nach alternativen Tätigkeiten. In Kreisen Thüringens seien Arbeitsverträge noch in der Probezeit beendet worden. Beim Brandenburger Behördenpersonal nutzen Mitarbeiter die Zeit, den aufgeschobenen Urlaub zu nehmen.

Doch weil auch Innenminister de Maizière nicht weiß, wie sich die Flüchtlingszahlen entwickeln, sollen die Länder Reserven vorhalten. In Berlin sollen das 2000 Plätze sein, in Hessen 15 000. In Bremen sind rund 850 Plätze als Notaufnahme-Plätze frei - in Rheinland-Pfalz sollen als Puffer zwei Erstaufnahmestellen dienen. Mecklenburg-Vorpommern verfügt nach Angaben des Innenministeriums über gut 3900 Unterbringungsplätze zur Erstaufnahme. Bei Bedarf können sie um weitere 1500 in Notunterkünften aufgestockt werden. Belegt sind auch dort bislang sind nur weniger als die Hälfte.

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