Landtagswahlen beginnen Durch Brandenburg geht ein tiefer Riss

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Nicht mehr ganz so optimistisch

Bei Holger Pleske lässt sich dieser Aufschwung an der Pinnwand seines nüchternen Büros besichtigen. Dort hängt ein ausgerissener Artikel aus der Lokalzeitung, mit dem großen Foto eines gewaltigen Containerschiffes. MAP fertigt unter anderem Motorengehäuse für Siemens, die in genau diesen Giganten benötigt werden. Ein bisschen Rathenow schippert also mit auf den Routen der Globalisierung zwischen Rotterdam, Singapur und Hongkong. Draußen vor den Werkshallen stehen zwei Flugzeugattrappen mit Flügel und Turbine aus Stahl, die auf Knopfdruck in Flammen gesetzt werden können. Flughafen-Feuerwehren proben an ihnen den Ernstfall, diese beiden warten auf den Transport nach Italien.

Schwere Suche

„Gut schweißen“, sagt Pleske, „können sehr viele Unternehmen. Auch die mechanische Bearbeitung großer Bauteile machen einige. Aber beides zusammen, das beherrschen dann doch nur wenige.“ 2004 wurde MAP aus der Insolvenzmasse dreier Vorgängerbetriebe gegründet, 2007 folgte die Übernahme durch eine westdeutsche Maschinenbaugruppe. Damals hatte MAP rund 200 Mitarbeiter, mittlerweile sind rund 70 mehr im Unternehmen, auch dank Investitionen von rund 15 Millionen Euro. „Heute haben wir alle Bedingungen, um produktiv arbeiten zu können“, sagt Pleske. „Die Entwicklung war hervorragend.“

Neben der Brillenkette Fielmann, die in Rathenow ein Produktions- und Logistikzentrum aufgebaut hat, ist MAP einer der größten Arbeitgeber im 22.000-Einwohner-Städtchen. 20 Azubis bildet die Firma gerade aus, nicht wenig. Aber die Suche nach geeigneten Kandidaten fällt immer schwerer. Zum einen, weil es einfach immer weniger Bewerber werden, zum anderen sinkt das Niveau. „Wir müssen über Ausbildung einen Großteil unseres Bedarfs an guten Mitarbeitern decken“, sagt Pleske. „Eine 2 oder 3 im Zeugnis ist mir da nicht so wichtig, technikverliebt müssen sie sein.“ Es klingt schon nicht mehr ganz so optimistisch.

Viele Mitarbeiter kommen morgens auf dem Fahrrad in den Betrieb, für die Suche nach Azubis reicht ein solcher Radius längst nicht mehr aus. Aus mehr als 50 Kilometer Entfernung kommen mittlerweile Bewerber. MAP ist offensichtlich attraktiv genug, aber es ist doch ein Symptom der Schwäche, dass selbst im boomenden Havelland schon sehr bald Grenzen erreicht sein könnten.

Locken und Hoffen

Geschäftsführer Pleske merkt das ja, bei sich ganz persönlich. Er selbst ist in Rathenow mehr als heimisch, aber wenn er darüber spricht, wie Kneipennächte wegen Lärms verhindert werden, dann merkt man, wie er zweifelt. Weil es an Kinos fehlt und an Discos. Weil die Bundesgartenschau, die 2015 in Rathenow stattfinden wird, die Kids nun wirklich nicht vom Hocker reißt. Ende September wird Pleske alle Mitarbeiter zum zehnjährigen Firmenjubiläum auf das Gelände einladen, es soll ein Familienfest werden, mit Musik und einer Hüpfburg für die Kinder. Für die etwas Älteren soll es Entdeckungstouren durch die Werkshallen geben – neugierig machen, locken. Vielleicht, hofft er, kann man jemand begeistern.

Pleske hat selbst zwei Kinder. Ein Sohn von ihm studiert in Dresden. Ob der jemals dorthin zurückkehren wird, wo er aufgewachsen ist? „Soll ich ihm raten, hier zu bleiben?“, fragt der Vater.

Sein Schweigen ist die Antwort.

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