Landtagswahlen Kollektive Angst vor der Niedersachsen-Wahl

Für Peer Steinbrück ist es der erste Test nach seinem desaströsen Start als SPD-Kanzlerkandidat. Für Philipp Rösler geht es hingegen um eine letzte Chance. Und Angela Merkel muss sondieren, mit wem sie nach der Bundestagswahl im September in Berlin regieren will – oder kann.

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Wahlplakate von Niedersachsens Ministerpräsidenten David McAllister (l, CDU), SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil und der Freien Wähler. Am 20.01.2013 finden in Niedersachsen Landtagswahlen statt. Quelle: dpa

Verkehrte Welt: Nicht die oppositionelle Konkurrenz macht den Unions-Parteien Angst, sondern der Wunschpartner FDP. Während der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zielstrebig auf seinem Linkskurs von Fettnapf zu Fettnapf tapst, zelebrieren die taumelnden Liberalen ihren Führungsstreit – und gefährden damit die Regierungsmacht der CDU in Hannover und Berlin. Die Abstimmung über den Landtag in Hannover am Sonntag stellt die Weichen für das Jahr 2013 und die Bundestagswahl am 22. September.

Scheitert die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde, „könnte es schon ganz bald Neuwahlen geben“, fürchtet Präsidiumsmitglied Jörg-Uwe Hahn aus Hessen den Rausschmiss der unsicheren Kantonisten aus der Bundesregierung. Bei so viel Panik spendet selbst die sonst so FDP-skeptische CSU Trost. „Auf solche Gerüchte gebe ich nichts“, sagt Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner. „Dafür gibt es keinen Anlass, und das würden gerade bürgerliche Wähler auch zu Recht nicht akzeptieren.“ Die Koalition arbeite unbeirrt weiter.

Politische Farbenlehrer in Hannover und Berlin. Zur vergrößerten Ansicht bitte auf die Darstellung klicken.

Dafür verlangen die Bayern aber noch mehr Einsatz. „Für die großen Themen tariflicher Mindestlohn, Mütterrente und Wohnungsnot sollte die Koalition bis zum Sommer zumindest Grundlinien festlegen“, verlangt der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer. „Das sind wichtige Themen, die nicht in den Wahlkampf gezogen werden dürfen. Da müssen wir vorher Antworten geben.“ Auch bei der Energiepolitik will die CSU noch liefern. „Die Koalition sollte im März bei der Reform des EEG vorankommen, um den Anstieg der Strompreise zu begrenzen“, verlangt der Bayer eine Kürzung bei den erneuerbaren Energien. „Klar ist, dass die Förderung für die bisher schon montierten oder bestellten Anlagen Bestandsschutz behält. Aber maßvolle Veränderungen für künftige Anlagen werden auf Akzeptanz stoßen.“

Auf der anderen Seite des Parteienspektrums sorgen sich auch die Grünen um ihren Wunschpartner. Mit dem Absacken der SPD in den Umfragen schwindet auch die Machtoption der Ökopartei. Richtig gemocht haben die Grünen Steinbrück nie. Ökologisch und sozial habe er kaum Gespür, Themen wie Frauenpolitik seien ihm fremd. Aber er sei ein scharfer und schneller Analytiker, fasst ein Grüner zusammen, der den SPD-Vormann länger kennt.

Die Schwächen des SPD-Kandidaten bringen den Ökos wohl kurzfristig in Niedersachsen ein paar neue Sympathisanten. Bei der Bundestagswahl würden die SPD-Wähler aber eher zu Hause bleiben, ist die einhellige Meinung der Grünen-Bundestagsabgeordneten bei ihrer Klausur in Weimar. Dann reiche es nicht für einen Regierungswechsel in Berlin.

Die Spitzenkandidaten der Wahl

„Wenn Schwarz-Gelb rückstandslos abgelöst werden soll durch eine Kombination aus Grün und Rot, dann kommt es auf die Grünen an, damit die Roten nicht auf falsche Gedanken kommen“, sagt Fraktionschefin Renate Künast. Etwas deutlicher wird Kerstin Andreae, die den SPD-Rabauken eigentlich schätzt: „Ich fand ihn den richtigen Kandidaten“, sagt die Wirtschaftsexpertin. Aber die Kommentare über preiswerte Weine oder Kanzlergehälter machten es schwer, glaubwürdig zu bleiben. „Das macht uns nicht glücklich.“

Anders als die meisten auf den prominenten Plätzen der Grünen will Fraktionsvize Andreae nun weg von der Festlegung nur auf Rot-Grün. „Wir werden jetzt einen eigenständigen Wahlkampf machen. Das heißt, wir kämpfen um Inhalte und stellen nicht vorrangig die Schnittmenge mit den Roten in den Vordergrund.“ Doch das ist ein heikler Kurs, der schon manchem grünen Wahlkämpfer geschadet hat. Vielen Alternativ-Wählern ist ein Schielen hin zur CDU immer noch ein Graus.

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