Landtagswahlen Sonderrolle für Manuela Schwesig im Wahlkampf

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Der CDU-Spitzenkandidat, Quelle: dapd

Wenig später saß sie an Sellerings Kabinettstisch. Mit 34 war sie damals die jüngste amtierende Ministerin Deutschlands. Auch heute noch pflegen Schwesig und Sellering ein enges, loyales Verhältnis. Tatsächlich aber hat die SPD-Politikerin vieles, was ihrem Spitzenkandidaten fehlt: Sie wurde im Osten geboren. Sie ist telegen. Und sie kann die Menschen, die sie trifft, schnell einnehmen. Für ihre Partei taugt sie daher als Geheimwaffe.

Neulich erst fragten ihre Mitarbeiter bei allen SPD-Landtagskandidaten an, wer sich im Wahlkampf Unterstützung durch einen Besuch der Sozialministerin wünsche. Am Ende mussten sie eine Reise durch sämtliche Wahlkreise organisieren. „Manuela Schwesig steht eben in der ersten Reihe“, sagt Heinz Müller, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion. Und fügt schnell noch hinzu: „Neben Erwin Sellering natürlich.“ Der CDU ist die Sache langsam etwas unheimlich. Ihr Spitzenkandidat Lorenz Caffier beschimpfte Schwesig neulich erst als „Küsten-Barbie“.

Teure Erkenntnis

Der Politikerin nicht zu begegnen ist derzeit in Mecklenburg-Vorpommern nahezu unmöglich. Patienten, Krankenpfleger, Senioren, Krabbelgruppen, Hip-Hop-Tänzer oder Hartz-IV-Kinder dürfen mit ihrer Aufwartung rechnen. Allerdings bringt Manuela Schwesig nach jedem Treffen nicht nur ein paar Wählerstimmen, sondern auch eine Lehre für ihre eigene Politik mit: Aus dem Krankenzimmer von Irmgard Krampitz die Erleuchtung, dass Dreier-Belegungen abgeschafft gehören, weil sie den Schwestern das Rangieren mit den Betten erschweren. Aus dem Jugendklub in Stralsund die Erkenntnis, dass die neuen Gelder für Sozialarbeiter aus dem Hartz-IV-Bildungspaket bei den Kommunen noch immer nicht ankommen. Und aus dem Seniorenheim in Grimmen die Bestätigung, dass Pflegekräfte unbedingt höhere Löhne bräuchten, wenn man den Notstand in den Heimen beseitigen will. Allerdings könnte die Umsetzung solcher Erkenntnisse ziemlich teuer werden. Was den Wähler wiederum wenig interessiert.

Für Manuela Schwesig ist ihr Besuchsprogramm eine Form politischer Willensbildung von unten nach oben. „Als Politiker sollte man möglichst oft vor Ort sein und viele Menschen treffen. Sonst weiß man nicht, was diese Menschen bewegt“, sagt sie. Mindestens alle vier Wochen plant sie in ihrem Kalender einen Praxistag ein. Auch dann, wenn kein Wahlkampf ist.

In diesem Jahr beispielsweise hat sie mit Schulsozialarbeitern Jugendliche aus Hartz-IV-Familien betreut, in einer Kinderklinik in Neubrandenburg beim Füttern assistiert oder einem Hausarzt in Bützow über die Schulter geschaut. Der hat seinen Patienten in der Sprechstunde erklärt: „Wir haben hier heute eine Praktikantin aus dem Sozialministerium.“

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