Liberia bitte um Hilfe Ebola-Alarmbrief an Merkel

Ein Ende der Ebola-Epidemie in Westafrika ist nicht in Sicht. Die Vereinten Nationen warnen schon vor einem Kollaps der betroffenen Länder. Ein dramatischer Appell an Deutschland alarmiert nun auch die Bundesregierung.

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Angela Merkel: Ebola-Brief aus Liberia setzt Bundesregierung unter Handlungsdruck. Quelle: ap

Berlin Liberia hat die Bundesregierung um direkte Hilfe beim Kampf gegen die Ausbreitung der Ebola-Epidemie gebeten. „Ohne mehr direkte Hilfe von Ihrer Regierung werden wir diese Schlacht gegen Ebola verlieren“, warnte Liberias Staatspräsidentin Ellen Johnson-Sirleaf in einem Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel, aus der die „Tageszeitung“ zitierte. Ähnliche Bitt-Briefe seien an Australien, Brasilien, China, Indien, Japan, Kuba, Russland, Südafrika und die USA gegangen, sagte das liberianische Präsidialamt der Zeitung.

Liberia ist von der Ebola-Epidemie in Westafrika bislang am schwersten getroffen. Dort starben fast die Hälfte der mehr als 2400 bekannten Todesopfer.

Konkret fordert die Präsidentin den Aufbau und Betrieb von mindestens einer Ebola-Behandlungsstation in der Hauptstadt Monrovia, die Wiederherstellung der Grundversorgung in mindestens zehn Nicht-Ebola-Krankenhäusern außerhalb der Hauptstadt sowie eine Luftbrücke, um medizinisches Personal und Ausrüstung aus dem Ausland nach Liberia zu transportieren. Nur Länder wie Deutschland könnten die nötige Hilfe leisten, um die Ebola-Ausbreitung in dem nötigen Tempo zu verhindern, schreibt die Präsidentin der Zeitung zufolge.

Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben bisher rund 2,7 Millionen Euro für den Kampf gegen Ebola in Westafrika zur Verfügung gestellt. Das Entwicklungsministerium hatte am Freitag weitere neun Millionen Euro zugesagt. Weitere Hilfen würden geprüft, sagte ein Regierungssprecher in Berlin.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) lässt zudem mögliche Hilfen der Bundeswehr prüfen. „Spiegel Online“ berichtet unter Berufung auf das Ministerium, nach dem Eingang des Briefs aus Liberia sei umgehend ein sogenannter Prüfvorgang angeordnet worden.


Eine Milliarde Euro zur Eindämmung nötig

Es seien alle Truppenteile aufgefordert worden, mögliche Unterstützungsleistungen anzuzeigen. Wie genau eine mögliche Hilfe aussehen könnte, wollte die Bundeswehr noch nicht sagen. „Wir sind uns der Dramatik der Situation sehr bewusst und sehen, wie wir rasch helfen könnten“, hieß es demnach im Ministerium.

Die Bundeswehr verfügt grundsätzlich über mehrere Fähigkeiten, die in der Ebola-Region dringend gebraucht werden. So könnte die Truppe zum Beispiel mobile Feldkliniken liefern. Diese sind in den Beständen vorhanden und könnten von örtlichem Personal aufgebaut und betrieben werden. Zudem wären Transportflüge mit Medikamenten und Nahrungsmitteln möglich. Dass die Bundeswehr Ärzte oder Sanitäter in die Ebola-Region schickt, erscheint hingegen eher unwahrscheinlich.

Nach Einschätzung der Vereinten Nationen erfordert die Eindämmung der Ebola-Epidemie rund eine Milliarde Dollar. Wegen der beispiellosen Ausbreitung der Tropenkrankheit sei diese Summe nötig, um die Zahl der Infizierten auf einige zehntausend Menschen zu begrenzen, sagte der Uno-Ebola-Beauftragte David Nabarro am Dienstag in New York. Die USA wollen massiv in die Bekämpfung der Seuche einsteigen und dazu auch 3000 Soldaten in die Region entsenden.

Nach Angaben des stellvertretenden Direktors der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Bruce Aylward, sind bislang 2461 Menschen an der Krankheit gestorben. Das sei etwa die Hälfte der knapp 5000 registrierten Infektionen. Am stärksten betroffen sind Liberia, Guinea und Sierra Leone. Aber auch in anderen Ländern Westafrikas sind Fälle bekanntgeworden. Laut Aylward ist die ursprüngliche Schätzung, wonach die Zahl der Infizierten 20.000 nicht überschreiten wird, nicht mehr zu halten. Die gegenwärtige Gesundheitskrise sei in der modernen Zeit ohne Beispiel, warnte Aylward.


Schwerste Ebola-Epidemie seit 40 Jahren

Nach Angaben aus Regierungskreisen wollen die USA das besonders stark betroffene Liberia mit einer militärisch organisierten Kampagne helfen. Die Soldaten sollen beim Kampf gegen die Seuche helfen, ein Militärstab in der Hauptstadt Monrovia soll die Hilfsaktionen der USA und anderer Länder koordinieren. Geplant seien der Aufbau von 17 Behandlungszentren mit jeweils 100 Betten sowie die Ausbildung tausender Helfer.

Ziel sei es, mit amerikanischer Expertise, Militär, Logistik und Kontrollmechanismen das Virus an der Quelle in Westafrika zu bekämpfen, sagte Präsidentenberaterin Lisa Monaco. Präsident Barack Obama wollte im Tagesverlauf weitere Einzelheiten bekanntgeben.

Obama sieht in der Epidemie eine Bedrohung für die nationale Sicherheit und fordert daher vom Kongress zusätzliche 88 Millionen Dollar zur Bekämpfung der Seuche und zur Herstellung von Medikamenten und Impfstoffen. Das Verteidigungsministerium will 500 Millionen Dollar in seinem Budget für die Kampagne umschichten. Die Hilfsorganisation USAID schickt Schutzkleidung und Desinfektionsmittel nach Liberia.

Am Donnerstag will sich Diplomaten zufolge in New York zudem der Uno-Sicherheitsrat auf einer Krisensitzung mit der Ebola-Epidemie befassen. Liberias Verteidigungsminister Brownie Samukai hatte vergangene Woche vor dem Uno-Sicherheitsrat die Epidemie als existenzbedrohend für sein Land bezeichnet. Die Krankheit breite sich wie ein Waldbrand aus, der alles in seinem Weg vernichte.

In Westafrika tobt die schwerste Ebola-Epidemie seit Entdeckung des Virus vor fast 40 Jahren. Der hochansteckende Erreger wird durch Körperflüssigkeiten übertragen. Eine gezielte Therapie oder Impfung gibt es bislang nicht.

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